Oliver Mommsen spielt den stotternden Prinzen Albert , Jürgen Tarrach seinen Sprachtherapeuten. Foto: DERDEHMEl/Urbschat

Keine leichte Aufgabe hat sich das Schlosspark Theater mit der Inszenierung von David Seidlers „The King’s Speech“ gestellt. Wer denkt bei dem Titel nicht sofort an den oscargekrönten Film mit dem grandiosen Colin Firth als Herzog von York und Geoffrey Rush als Sprachtherapeut Lionel Logue? Doch spätestens beim überwältigenden Schlussapplaus nach der Premiere am Sonnabend war klar: Aufgabe gemeistert!

Das Stück beginnt mit einer Demütigung für Herzog Albert, den zweiten Sohn König Georg V. Im Wembleystadion muss der Stotterer eine öffentliche Rede halten, die im Radio übertragen wird. Es wird ein Desaster. Kein Arzt kann den verklemmten, von Komplexen und Minderwertigkeitsgefühlen geplagten Herzog kurieren. Schließlich sucht seine Frau, Herzogin Elizabeth, den Sprachtherapeuten Logue auf, der mit ungewöhnlichen Methoden dem Stottern des Königssohns zu Leibe rückt. Er lässt ihn über seine Gefühle, über die er nicht reden kann, singen, durch das Zimmer hopsen und tanzen. Sogar die Herzogin wird einbezogen, muss auf dem Brustkorb ihres Mannes sitzen, während der tief atmet. Schließlich gewinnt die Sprachtherapie sogar nationale Bedeutung. Denn nach dem Tod seines Vaters und dem Rücktritt seines Bruders David, der zugunsten der zweifach geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson auf den Thron verzichtet, wird „Bertie“ zum neuen König. Als dieser zieht er in den Krieg – gegen Nazi-Deutschland und den sprachgewaltigen Adolf Hitler. Und es bedarf einer mitreißenden Rede, mit der Bertie die Völker des Königreichs hinter sich versammelt.

In einer minimalistischen Kulisse – ein paar Drehwände, ein paar Stühle, ein Sessel und ein Grammophon – entwickelt sich ein Spiel um Ängste und Schwächen aber auch um Vertrauen und Freundschaft zwischen einem König, der keiner sein möchte, und einem Sprachtherapeuten, der lieber Schauspieler wäre,

Jürgen Tarrach ist ein echter Glücksgriff in der Rolle das Lionel Logue. Er ist witzig, verschmitzt, lebhaft. Jedes Wort, jede Geste wirkt wahrhaftig. Vom ersten Augenblick an, in dem er die Bühne betritt, ist er Lionel Logue, der für seine schwierige Aufgabe brennt.

Das ist bei Oliver Mommsen nicht ganz so. Er braucht eine Weile, bis er wirklich „Bertie“ ist. Doch dann überzeugt er als verklemmter Prinz – mit seiner Steifheit, seinen Blockaden, seinem Stottern, das erst im zweiten Teil wirklich authentisch wirkt. Ebenso mit seinem trockenen Humor. Ja Humor, denn „The King’s Speech“ bietet trotz des schwierigen historischen Stoffes so manchen Lacher.

Wunderbar ist auch Julia Stemberger, die als Elizabeth den schwierigen schmalen Grad zwischen aristokratischer Würde und Herzlichkeit in ihrem Spiel meistert. Überhaupt ist das Stück bis in die kleinsten Rollen gut besetzt: Harald Heinz, Oliver Nitzsche, Harald Effenberg, sogar Dieter Hallervorden ist, abwechselnd mit Philipp Sonntag, als König George V. zu sehen.

Vor allem im zweiten Teil gewinnt das Stück an Eigenleben. Deutlicher als im Film werden die Bedrohungen durch Hitler-Deutschland thematisiert und die Gefahren, die der Monarchie durch den abgedankten aber mit den Nazis sympathisierenden Prince of Wales drohen.

Das Publikum war begeistert, belohnte das Ensemble mit ausdauerndem Applaus. Sogar zu der Aussage, dass sich die Inszenierung nicht hinter dem Film verstecken müsse, ließ sich so mancher Zuschauer hinreißen.

Wer einen unterhaltsamen aber auch bewegenden Theaterabend erleben will – und seine Kenntnisse der britischen Geschichte aufpolieren möchte –, dem sei „The King’s Speech“ im Steglitzer Schlosspark Theater wärmstens empfohlen.

(go)