Sind Schutzengel für Steglitzer Kinder und Jugendliche: Bianca Sommerfeld, Petra Saenger, Anett Draeger und Murat Aydiner (von rechts). Foto: Gogol

Es ist kurz nach 12 Uhr. Im Schutzengel-Haus in Steglitz herrscht noch entspannte Ruhe. Außer in der Küche. Dort ist Köchin Anett Draeger dabei, das Mittag vorzubereiten, das um 13 Uhr auf den Tisch kommt. Tofu-Geschnetzltes mit Gemüse steht auf dem Speiseplan. Jeden Tag kocht sie frisch für die durchschnittlich 45 Kinder, die täglich in der Schutzengel-Haus an der Bismarckstraße kommen. Das Essen ist für die Kinder kostenlos, ebenso wie die Tanz-, Sport- und Musikarbeitsgruppen, an denen die Besucher teilnehmen können, erzählt Bianca Sommerfeld von der Berliner Kinderhilfe Schutzengel. Finanziert wird das Haus vom Träger, der Johannes Kinder- und Jugendförderung, und Fördermitgliedern des Vereins. Sie seien die „Schutzengel“ für die Kinder, erklärt Sommerfeld. Während der Arbeit habe sich auch eine neue Bedeutung ergeben. „Wir wollen den Kindern beibringen, dass auch sie Schutzengel für andere Menschen sein können.“ Aber auch die Mitarbeiter des Projekts sind Schutzengel. „Wir gewähren Schutz und den Kindern die Sicherheit, dass dies ein Ort ist, wo sie sich aufgehoben fühlen können, dass es hier Menschen gibt, die ihnen zuhören und Aufmerksamkeit schenken“, erklärt Sommerfeld.

Dass das Schutzengel-Haus in Steglitz eröffnet wurde, war eher ein Zufall, erzählt Sommerfeld, denn eigentlich sollte es im Wedding entstehen. Doch nachdem dem Verein die Räume vor der Nase weggeschnappt wurden, fand man in der ehemaligen Schlecker-Filiale an der Bismarck- Ecke Friedrichsruher Straße ideale Räume. Alles ist weit, keine Wände behindern den Blick. In der Mitte steht ein großer Tisch, an dem Hausaufgaben gemacht, aber auch gemalt, gebastelt und gespielt werden kann. Es gibt eine Yoga-Ecke, die sich aber die Tänzer erobert haben, eine Ecke mit verschiedenen Musikinstrumenten und eine Chillzone. Eine Treppe tiefer gibt es einen Jugendbereich, dort kann geboxt werden, Flipper, Hängematte, Turntables – alles ist da. Bis auf Computer, die fehlen. Verboten sei technische Geräte wie Handys aber nicht, betont Petra Saenger, die pädagogische Leiterin des Schutzengelhauses.

Die Freizeitangebote seien nur das Gerüst, sagt Sommerfeld, denn eigentlich gehe es in ihrer Arbeit darum, materielle, soziale und emotionale Defizite bei den Kindern zu entdecken, aufzufangen und die Bedürfnisse zu stillen. „Wir habe einen Bedarf aufgedeckt, den ich persönlich sehr unterschätzt habe“, gesteht Sommerfeld.

Auch wenn der Schwerpunkt der Arbeit bei Kindern aus benachteiligten Familien liege, willkommen sei jeder. Man verlange keine Hartz-IV- oder andere Einkommensbescheide, so Saenger. Das sei für viele Eltern ungewohnt. Doch man wolle niemanden stigmatisieren, sondern Hemmschwellen abbauen. Das gelinge gut, so Saenger. Mittlerweile suchten viele Eltern das Gespräch mit den Mitarbeitern. Zukünftig soll das Beratungsangebot noch ausgeweitet werden.

Ein weiterer wichtiger Baustein in der Arbeit des Hauses ist die Ernährung. Ausgewogen, kindgerecht und gesund soll sie sein. Gemüse steht täglich auf dem Speiseplan, Fleisch nur ein- bis zweimal in der Woche. Das ist – auf Rücksicht auf einige der Besucher – halal. Statt Kuchen und Keksen werden am Nachmittag Rohkost und Obst angeboten. Saenger betont die enge Verbindung zwischen gesunder Ernährung und der Konzentrationsfähigkeit von Kindern. „Wir wollen das Kind in seiner Ganzheit begreifen“, so Saenger.

Mittlerweile ist es kurz vor 13 Uhr, die ersten Kinder stehen bereits vor der Tür, um den Ferientag im Schutzengel-Haus zu verbringen.

Geöffnet ist das Schutzengel-Haus an der Bismarckstraße 63 von Montag bis Freitag von 13 bis 18 Uhr.

(go)