Wie eine Rettung aus dem Fahrzeug aussieht, haben die Lichterfelder schön häufiger vorgeführt. Am Tag der offenen Tür zeigen sie das auch auf der Wache an der Goethestraße. Foto: Julia Steinberg

Es gibt zwei Arten von Freiwilligen Feuerwehren in Berlin, erklärt der Jörg Bertelsmann, Hauptbrandmeister bei der Freiwilligen Feuerwehr Lichterfelde: die für die Gefahrenabwehr (Typ A) und die für den Katastrophenschutz (Typ B). Letztere wurden in den 1970er Jahren gegründet, als ein möglicher „Verteidigungsfall“ in Zeiten des Kalten Krieges möglich schien. Zu diesem Typ B gehört auch die Freiwillige Feuerwehr Lichterfelde, die am 8. April 1975 gegründet wurde. Anlässlich ihre 40-jährigen Bestehens lädt sie für Sonnabend, 20. Juni, zu einem Tag der offenen Tür ein.

Von 12 bis 18 Uhr können sich Besucher auf Vorführungen freuen, wie eine technische Rettung aus einem Auto und eine Sprungrettervorführung; außerdem wird es eine Ausstellung mit  Fahrzeugen und Feuerwehrtechnik geben, an Ständen kann man sich über die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr informieren und in einer „Rettungsdienst-Ecke“testen, ob man noch weiß, wie Wiederbelebung funktioniert. Auch einen Rundgang durch die Wache an der Goethestraße wird es geben.

Viel hat sich in den vergangenen 40 Jahren bei der Lichterfelder Wehr verändert. Zum Beispiel das Feindbild, sagt Bertelsmann, der seit 1994 bei der Truppe ist. Bereitete man sich damals noch auf den Verteidigungsfall vor, trainieren die Kameraden heute  für Einsätze bei Wetterkatastrophen und terroristischen Anschlägen. Auch bei Großveranstaltungen wie dem Berlin Marathon, dem Karneval der Kulturen und dem Christopher Street Day sind die Lichterfelder dabei. Der schlimmste Einsatz für Bertelsamnn war das Unwetter auf der Insel Schwanenwerder 2002. Bei einem Zeltlager der Feuerwehr kamen zwei Jugendliche ums Leben.  Die Erinnerungen ließen ihn bis heute nicht los, sagt der Hauptbrandmeister.

Geändert hat sich auch die Ausbildung. Er habe seine Grundausbildung noch bei Tageskursen an der Feuerwehrschule erhalten, von Mitarbeitern der Berufsfeuerwehr. Doch aufgrund chronischen Personalmangels könne die Schule die Ausbildung der Freiwilligen nicht mehr stemmen. Die erfolgt nun in Eigenregie der Wachen in Abendlehrgängen die sich über drei Monate ziehen.

Personalmangel herrscht auch auf der Wache. 22 Mitglieder hat die Freiwillige Feuerwehr Lichterfelde – früher waren es mal 34. Eine 2,5-fache Besetzung aller Positionen, wie gefordert, kann die Truppe nicht leisten, hier sind die Posten nur doppelt besetzt, führt Bertelsmann aus. Auch die Gesellschaft mache es den Freiwilligen Feuerwehrmännern und -frauen nicht gerade einfach. Viele Arbeitgeber stellten ihre Beschäftigten für Einsätze nur ungern frei, weiß Bertelsmann aus eigener Erfahrung. Die Akzeptanz in einer Großstadt wie Berlin sei viel geringer als etwa auf dem Lande. Viele Berliner wüssten nicht einmal, dass es in der Hauptstadt überhaupt Freiwillige Feuerwehren gibt – 57 stadtweit, um genau zu sein. Dafür sei das Anspruchdenken hoch, sagt Bertelsmann und berichtet von einen Fall, wo ein Mann von ihm verlangt habe, ihn ins Krankenhaus zu fahren, weil er sich in den Daumen geschnitten habe. Kein Einzelfall, laut des Hauptbrandmeisters.

Dabei übernimmt die Freiwillige Feuerwehr die gleichen Aufgaben wie die Berufsfeuerwehr, erklärt Bertelsmann, und auch als Typ B-Feuerwehr rückt man zu Bränden aus, wie etwa dem in der Flüchtlingsunterkunft an der Wupperstraße vor wenigen Wochen. Ist die Berufsfeuerwehr, die übrigens in der gleichen Wache untergebracht ist wie die Freiwilligen in Lichterfelde, durch einen Einsatz gebunden, übernimmt die Freiwillige Feuerwehr deren Dienst.

Dafür muss natürlich regelmäßig geübt werden. Zweimal im Monat finden Übungsabende statt, dreimal im Monat gibt es den Einsatzdienst, zwei der Dienste finden in der Lichterfelder Wache statt, einer in Lichtenberg. Dort hat die Lichterfelder Wehr eine Partnerwache. Die stammt noch aus der Nachwendezeit, erinnert sich der Hauptbrandmeister. Damals schlossen nach dem Vorbild der Berufsfeuerwehren Freiwillige Feuerwehren aus West-Berlin Patenschaften mit Wehren im Osten der Stadt. Die Verbindung steht bis heute fort.

Wer Interesse hat, bei der Freiwilligen Feuerwehr Lichterfelde mitzumachen, hat verschiedene Möglichkeiten, sich vorzustellen. Kinder beispielsweise können jeden Montag zwischen 18 und 20 Uhr, außer in den Ferien, bei der Jugendfeuerwehr vorbeikommen, sich vorstellen und mitmachen. Erwachsene können das gleiche tun an den Übungsabende, die am ersten Freitag und letzten Mittwoch im Monat von 18 bi 21 Uhr stattfinden.  Auch die Pressestelle der Berufsfeuerwehr stellt gern Kontakt zu den Freiwilligen Wehren her. Oder man kommt einfach zum Tag der offenen Tür und kommt mit den Kameraden ins Gespräch.

(go)