Tunnelsperrung: Chance für den Breitenbachplatz

Tunnelsperrung: Chance für den Breitenbachplatz

Tunnel Schlangenbader Straße, Foto: Daniela von Treuenfels

 

Der Autotunnel unter dem Wohngebäude an der Schlangenbader Straße ist am Donnerstag aus Sicherheitsgründen gesperrt worden. Das befürchtete Verkehrschaos bleibt aus.

Freitagvormittag in der Schildhornstraße. Die Bahn streikt, irgendwo in Berlin sitzen Klimakleber und stören den Rhythmus der autofahrenden Stadt. Und nun auch noch dies: Die Autobahn zwischen Charlottenburg und Steglitz, eine der Lebensadern für den motorisierten Verkehr im Südwesten, ist an einer empfindlichen Stelle gestört. Weil der Tunnel unter dem Wohnhaus in der Schlangenbader Straße gesperrt ist, müssen alle, die zwischen Steglitz bzw. Lankwitz und Wilmersdorf unterwegs sind, alternative Routen wählen.

Eine technische Überprüfung ergab Mängel bei Entlüftung und Notrufanlage, die nicht kurzfristig zu reparieren seien, teilte die Senatsmobilitätsverwaltung mit. Daher sei eine Notsperrung „unvermeidlich“ geworden. Das Wohngebäude über dem Tunnel sei nicht betroffen, da die Bauwerke „baulich komplett getrennt“ seien.

Die Verwaltung hatte im Oktober eine Sicherheitsüberprüfung in Auftrag gegeben, nachdem bei einer Übung der Berliner Feuerwehr im Tunnel bereits entsprechende Mängelmeldungen dokumentiert und ausgewertet worden waren.

 

Foto: Daniela von Treuenfels

 

Nun wird der Verkehr provisorisch umgeleitet. Die Verwaltung verspricht „Hinweisschilder, eine Anpassung der Lichtsignalanlagen und veränderte Abbiegemöglichkeiten“. Die Maßnahmen würden in den kommenden Tagen weiter angepasst, heißt es in einer Mitteilung, die im Grundton sehr um Verständnis bittet. Offenbar fürchtet man den Groll der Autofahrer.

Die Sorge ist unbegründet. In weiser Voraussicht haben sich die Menschen, die PKW und LKW nutzen (müssen), alternative Routen gesucht. Der Verkehr ist deutlich weniger geworden. Radfahren auf der Schildhornstraße, sonst ein unangenehmes bis lebensgefährliches Unterfangen, ist heute so sicher wie in Mamas Schoß. Wer am Rande der Autobahn zu Fuß unterwegs ist, hört statt Verkehrslärm die Vögel in den Bäumen zwitschern. Das ist sehr ungewohnt und fühlt sich fremd und angenehm zugleich an.

 

Foto: Daniela von Treuenfels

 

Der vor mehr als 40 Jahren eröffnete Tunnel ist derzeit verwaist und unwirklich still. Er verlängert die ehemalige A 104, inzwischen eine Stadtstraße, mit ihren massiven Betonbrücken am Breitenbachplatz in Richtung Stadtautobahn, Anschlussstelle Schmargendorf. Die dort in den späten 70er-Jahren errichteten Spannbeton-Brücken teilen den Breitenbachplatz in zwei unwirtliche Hälften. Bürgerinitiativen setzen sich bereits seit mehreren Jahren für den Abriss der mehr als 500 Meter langen vierspurigen Doppelbrücken ein.

 

Foto: Daniela von Treuenfels

 

Ende 2022 hatte eine Verkehrs- und Machbarkeitsstudie der Senatsverwaltung ergeben, dass der Rückbau der einstigen Autobahnbrücken technisch machbar und verkehrlich zu bewältigen sei. Unklar blieb lediglich, ob der Tunnel an der Schlangenbader Straße zumindest teilweise erhalten bleiben oder außer Funktion genommen werden solle. Ohne Tunnelfunktion, so die Studie, ergibt sich mehr Potenzial für eine umweltverträgliche und klimaschonende Stadt- und Verkehrsentwicklung am Breitenbachplatz.

Die unfreiwillige Sperrung zeigt nun eindrücklich, dass die Verkehrsverbindung so nicht gebraucht wird. Für den Breitenbachplatz kann das eine Chance sein.

 

Daniela von Treuenfels

 

 

 

5 Kommentare

  1. „Die Sorge ist unbegründet. In weiser Voraussicht haben sich die Menschen, die PKW und LKW nutzen (müssen), alternative Routen gesucht.“
    Ja klar die fahren jetzt hurtig durch die Schlangenbader Straße.
    Sankt Florian lässt grüßen

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  2. Für mich als direkt betroffener Anwohner ist die Sperrung ein Segen. Der Großteil des Verkehrs fließt jetzt schon über die A103 und das Kreuz Schöneberg ab. Dementsprechend war der Kiez hier um die Schildhornstraße schon am Freitag so ruhig wie an einem Sonntag und das, obwohl die Umleitung noch nicht mal ausgeschildert ist. Für mich beweist das, dass die Verkehrsverbindung über die ehemalige A104 keinen signifiakten Nutzen mehr hat und der Verkehr schön dem Gesetz der induzierten Nachfrage folgt.
    Ich kann nur inständig hoffen, dass der Tunnel nie wieder geöffnet wird. Obwohl mein täglicher Arbeitsweg dort lang führen würde ist die Umfahrung über die A103 ohne Zeitverlust machbar.

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  3. Jaraschs späte Rache

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  4. Mich beeinträchtigt die Schließung sehr. Der Weg zur Arbeit dauert nun, einfache Strecke, 10 Minuten länger. Klimaneutral ist das nicht. Und ja, es ist ruhiger geworden am Platz. Dafür ist der Verkehr jetzt in den Wohngebieten. Tolle Alternative!
    Ich stehe jetzt eine Stunde eher auf um dort nicht im Stau zu stehen und arbeite eine Stunde länger, aus dem gleichen Grund. Work-Life-Balance stelle ich mir anders vor.
    Und auch wenn alle jubeln wie toll das in der Zukunft wird, leisten muss man sich das dann halt noch können. Denn es werden sicher nicht günstige Mietwohnungen werden, die dann dort überall gebaut werden. Und schwups, reisst einem der Mietspiegel das nächste Loch in die Tasche.
    Und wenn wir dann irgendwann alle noch ein E-Auto haben kommt sicher einer auf die Idee wie toll das wäre wenn man den Tunnel wieder aufmacht.
    Kennen wir alles!!! Aber bloss nicht weiter als bis zur eigenen Haustür denken….

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  5. „Die unfreiwillige Sperrung zeigt nun eindrücklich, dass die Verkehrsverbindung so nicht gebraucht wird.“
    Das ich nicht lache… So etwas kann nur jemand geschrieben haben, der weder genau recherchierte, noch nicht selbst direkt als Straßennutzer betroffen ist, durch den Wegfall dieser wichtigen Verkehrsader.
    Die Menschen die dort wohnen können sich zwar über die neue Ruhe freuen. Aber als sie die Wohnungen dort angemietet haben, wussten sie ja von der Straße und sich trotzdem dafür entschieden haben. Die Miete war ja auch deswegen entsprechend günstig. Mal sehen ob das so bleibt, falls die Straße tatsächlich vernichtet wird. Und ob sie sich dann auch weiterhin so erfreuen können.
    Ich brauche diese Verbindung und muss täglich zur Kita/Arbeit/Wohnung zwischen Wilmersdorf und Steglitz pendeln. Ich habe mich für eine neue Wohnung in Wilmersdorf entschieden, weil es diese Straße als schnelle und günstige Verbindung gab. Nun ist mein Leben durch die Schließung erheblich erschwert. Und teuer geworden dazu.
    Wenn die Autorin so wie ich, mit zwei kleinen Kindern, vier mal am Tag – zwei mal hin und zurück – neue Wege durch Wohngebiet suchen müsste, ständig an den unzähligen Ampeln oder im Stau auf der Autobahn stehen musste, dadurch viel mehr Benzin verbrauchte und bezahlen musste, immer wieder zu spät in der Arbeit ankommen würde (viel früher losfahren kann ich nicht, da die Kita nicht früher aufmacht), dann könnte sie vielleicht ein besseres, wahres Bericht über die Situation schreiben. Und nicht solche Fake-News…

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