Christa Markl-Vieto (links) stellte sich der Kritik der Anwohner und hörte sich deren Vorschläge an. Foto: Gogol

„Wir wollen unser Grün zurück“ – darin waren sich die Anwohner des Nieritzweges und Umgebung, die am Dienstagabend in die Emil-Molt-Schule gekommen waren, um mit Bezirksstadträtin Christa Markl-Vieto und der Leiterin des Grünflächenamtes Monika Osteresch über die gerodeten Hecken zu reden, einig. Der Kompromiss-Vorschlag der Bezirksstadträtin allerdings sah eine Wiederaufpflanzung nicht vor. Nur einen anhaltenden Stopp der Rodungen sagte sie zu. Als Ausgleich sollte der Spielplatz an der Straße hergerichtet und, um die Straße verkehrlich zu beruhigen, Straßenmarkierungen vorgenommen und drei Displays aufgestellt werden. Maßnahmen mit denen zumindest die, die zur Diskussion gekommen waren, nicht viel anfangen konnten.

Jede Menge Gegenwind wehte der grünen Bezirksstadträtin, die gekommen war, „um den Nieritzweg zu befrieden“, im gut gefüllten Schulzimmer entgegen, Befürworter der Rodungsaktion waren nicht gekommen.

Schon zu Beginn der Runde stellte Markl-Vieto klar, dass sie es für verständlich und nachvollziehbar halte, dass sich Anwohner für ihre Interessen und ihre Straße einsetzen. Sie gab aber auch zu bedenken, dass, anders als eine Bürgerinitiative, die nur diese eine Sache im Blick habe, sie und ihre Mitarbeiter den gesamten Bezirk im Blick haben müssten. Und so versuchte Osteresch die Gründe für die Heckenrodungen darzulegen: ein massiver Stellenabbau vor allem bei den Gartenarbeitern, eine ältere Mitarbeitschaft mit einem einhergehenden hohen Krankenstand, eine Zunahme der zu pflegenden Grünflächen im Bezirk bei einer rückläufigen finanziellen Ausstattung. Zum Vergleich zog Osteresch Zahlen von 1983 heran, um zu verdeutlichen, mit welchen Problemen das Amt zu kämpfen hätte. So sei die Größe der Grünflächen von 815 Hektar auf 847 Hektar angewachsen, wobei die Zahl der Mitarbeiter von mehr als 600 auf knapp über 200 gesunken sei und statt 280.000 Euro nur noch jährlich 242.000 Euro zur Verfügung stehen – die Inflation nicht mitgerechnet. Lange Zeit habe man versucht, die Pflege des Straßenbegleitgrüns „mehr schlecht als recht“ aufrechtzuerhalten, weil man wisse, dass die Menschen damit groß geworden sind, einen Bezug dazu haben. „Wir sind an unsere Grenzen gestoßen“, betonte Osteresch. Deshalb habe man sich zu dem Schritt entschlossen, an ausgewählten Straßen Hecken zu roden und stattdessen Rasen zu säen, um die Pflegekosten zu senken.

Doch diese Argumente ließen viele der Zuhörer nicht gelten. Auch andere Unternehmen, wie VW oder die BSR, hätten weniger Personal als vor 30 Jahren mit einer ähnlichen Altersstruktur. Sie hätten es aber, anders als das Grünflächenamt, geschafft, effektiver zu werden. Auch können man doch Drittleistungen wie den Heckenschnitt günstiger einkaufen als vor dem Fall der Mauer, meinte ein Anwohner. Dieter Walter, CDU-Bezirksverordneter von Steglitz-Zehlendorf, hatte sich die Haushaltspläne des Bezirks herausgesucht und stellte fest, dass doch für dieses und das kommende Jahr mehr Geld für den Bereich Grünflächen eingestellt wurde. Knapp 500.000 Euro mehr. Das müsse doch ausreichen, um die Hecken zu schneiden. Allerdings wiesen Markl-Vieto und Osteresch darauf hin, dass das Geld zweckgebunden sei. Es wurde zum einen eingestellt, um die Unfallgefahren durch Totholz schneller beseitigen zu können. Zum anderen sollen laut BVV-Beschluss mehr Bäume im Bezirk gepflanzt werden. Allein dies koste zwischen 200.000 und 300.000 Euro.

Andere Anwohner, darunter auch ein kleiner Junge, wiesen auf den ökologischen Wert der Hecken hin, den aber Markl-Vieto nur als gering einschätzte. Auch den Vorwurf von Alf Jarosch, Mitglied des Klimaschutzbeirates, gegen das eigene bezirkliche Klimaschutzkonzept zu verstoßen, wies die Bezirksstadträtin zurück. Die Hecken seien auch ein Schutz für die Kinder gewesen, weil die Straße enger wirkte seien die Autos zudem langsamer gefahren, argumentierten Anwohner. Andere wiesen darauf hin, dass man die Hecken damals selbst mitfinanziert hatte und nun vor vollendete Tatsachen gestellt wurden, ohne mit ihnen darüber zu reden.

Doch es wurden nicht nur Vorwürfe gegen die Umweltpolitik des Bezirksamtes laut. Wie es am Nieritzweg weitergehen könnte, darüber hatte sich die Landschaftsplanerin Silke Klasen Gedanken gemacht. Sie schlägt drei verschiedene Arten von Hecken mit unterschiedlichen Wuchshöhen vor, die gestaffelt gepflanzt werden können. Zudem könnten auch Pflanzen gesetzt werden, die nur einmal im Jahr beschnitten werden müssen, was die Kosten für den Unterhalt reduzieren würde. So gebe es wieder eine optische Trennung zwischen Siedlung und Straße. Alf Jarosch wies darauf hin, dass die Radwege im Bezirk entwidmet seien. Deshalb könne der am Nieritzweg doch entfernt werden. Dann bliebe mehr Platz für die Hecken und das Problem der Verkehrssicherungspflicht für den Radweg entfalle. Eine Idee, die nicht bei jedem Zuhörer Zuspruch fand. Ein anderer Anwohner brachte die Idee des social sponsorings ins Spiel, also dass die Anwohner selbst in die Bresche springen, wo dem Bezirk das Geld fehlt.

Markl-Vieto und Osteresch versprachen am Ende der Sitzung, sich mit den Ideen und Vorschlägen auseinanderzusetzen und den Dialog aufrechtzuerhalten. Auch mit Anwohnern anderer Straßen in Zehlendorf und Wannsee, an denen Heckenrodungen geplant sind, soll es solche Gesprächsrunden geben.

(go)