Dass in Berlin Wohnungsknappheit herrscht, ist kein Geheimnis. Auch nicht, dass manche Wohnungen trotzdem zu anderen Zwecken als zum Wohnen genutzt werden. Vor allem in den Innenstadtbezirken werden sie an Touristen als Ferienwohnungen vermietet. Mit einem Zweckentfremdungsverbot reagiert der Senat auf diese Misere. Doch die Bezirke sind alles andere als begeistert. „Der Senat lässt die Bezirk im Stich“ – unter dieser Überschrift wandten sich Ende vergangener Woche acht Bezirke an den Senat, um Unterstützung bei der Umsetzung zu fordern, auch Steglitz-Zehlendorf. „Inhaltlich stehe ich dahinter“, sagt Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) über das Zweckentfremdungsverbot, das sie im Bezirk umsetzen muss. Doch der Senat könne nicht inhaltlich etwas Gutes auf den Weg bringen und dann die Bezirke bei der Umsetzung im Regen stehen lassen.

Zwar weiß sie, dass Steglitz-Zehlendorf nicht gerade „exorbitant betroffen“ ist, auch wenn über anders genutzten Wohnraum keine detaillierten Zahlen für den Bezirk vorliegen.

Bis 2002 gab es schon einmal ein Zweckentfremdungsverbot, das vom Verwaltungsgericht kassiert wurde. Damals kümmerten sich 17 Mitarbeiter in Steglitz-Zehlendorf um dieses „sehr komplizierte Rechtsgebiet“, wie die Bezirksstadträtin erklärt. Auf Basis der damaligen Daten habe ihr Amt errechnet, dass man heute elf Mitarbeiter bräuchte. Der Senat hat eine Stelle zugebilligt. „Das ist eine Diskrepanz, das kann nicht funktionieren“, findet Richter-Kotowski.

Und selbst wenn eine Person reichen würde, diese müsste in umfangreichen Bewerbungsverfahren erst einmal gefunden werden, zudem bedürfe es umfangreicher Schulungen und einer gewissen Einarbeitungszeit, denn das Fachwissen sei in den Verwaltungen nur noch rudimentär falls überhaupt noch vorhanden, so Richter-Kotowski.

Das Verbot gilt allerdings schon ab 1. Mai. Selbst wenn die Bezirke jetzt loslegten mit der Personalsuche, es wäre nicht zu schaffen. Sei der Mitarbeiter dann eingearbeitet, müsse er oder sie auch schon wieder gehen. Denn die Stelle ist nur bis 31. Dezember 2015 befristet. „Widersinnig“ findet das Richter-Kotowski. „Wir brauchen dauerhaft ausreichend Personal, dann sind die Bezirke auch in der Lage, dieses wichtige Thema ernsthaft anzugehen.“ Auch Sachmittel, Ausführungsvorschriften oder Verfahrenshinweise fehlen, klagen die Bezirke.

Reagiert hat der Senat auf die gemeinsame Presseerklärung der acht Bezirke mit einer eigenen Presseerklärung und alle Vorwürfe zurückgewiesen. Man habe „zusätzlichen Personalbedarf von 17 Beschäftigungspositionen bei den Bezirken bewilligt. Weitere Stellen für die Wohnungspolitik – alles zusammen insgesamt 72 Beschäftigungspositionen – stehen zur Verfügung“. Zusätzliches Personal könne aus dem Überhang rekrutiert werden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt gesteht den Bezirken zu, dass sich durch das Verbot zusätzliche Aufgaben ergeben. Doch dank der Möglichkeit, im Internet zu recherchieren, sei eine Zweckentfremdung leichter aufzudecken als noch in den 1980er und 90er Jahren. Deshalb sei „nicht präzise absehbar, wie hoch der personelle Bedarf und wie hoch der Mindestbedarf überhaupt sein wird.“ Die Bezirke hingegen weisen diese Aussagen als Unwahrheiten zurück. So seien etwa die zusätzlich genannten 55 Stellen für die Belange der Stadtplanung und Baugenehmigungsverfahren vorgesehen. Befremdlich sei der Hinweis auf die Internetrecherche. „Bescheide auf der Basis von Internetrecherchen oder GoogleStreetView dürften – zur Freude und Antragstellern und Rechtsanwälten – wohl kaum gerichtsfest sein“.

(go)