Bruno Ahrends Wohnhaus Am Großen Wannsee 6, Foto: Denkmalschutzbehörde

Bruno Ahrends zählt zu Berlins wichtigsten Architekten der Weimarer Republik und prägte neben Bruno Taut, Otto Rudolf Salvisberg, Hugo Häring und Wilhelm Büning den Wohnungsbau dieser Epoche maßgeblich. Seine Torhäuser in der Weißen Stadt von Reinickendorf, die 1929-1931 unter der Gesamtleitung von Martin Wagner entstanden sind, sind dafür sinnbildhaft und Teil der sechs Berliner Großsiedlungen der Moderne, die 2008 in die UNESCO-Welterbe-Liste aufgenommen wurden.

Ahrends verteidigt mit stoischer Haltung die formale Reduktion der Architektur in der bezirklichen Gutachterkommission Zehlendorf und dem Bonmot: „Ich mache für ein schlechtes Haus nicht die Dachform, sondern den Planverfasser verantwortlich und trete dafür ein, dass man nicht von guten und schlechten Dachformen, sondern nur von guten und schlechten Architekten sprechen kann.“ Das Dahlemer Haus für Hans Krüger im Wachtelweg 4, seinen Freund im Preußischen Ministerium für Landwirtschaft, lässt erahnen, unter welchem Gegendruck er 1928 diesen puristischen Entwurf durchsetzte.

Ahrends ist nach dem 1. Weltkrieg für viele Wohnbauprojekte verantwortlich – z.B. die Kleinhaussiedlung Breiter Weg in Johannesthal, die Kriegerheimstättensiedlung im Lübars, die Rupprechtsblöcke in Rummelsburg, die Wohnanlage Forststraße in der Nähe des Breitenbachplatzes oder den Wohnblock Scharfestraße in Zehlendorf. Trotz schwieriger Wirtschaftslage ist er erfolgreich tätig.

Als ältester Sohn des Bankiers Barthold Arons genießt er die Reputation eines stadtbekannten Elternhauses am Wannsee und ist gut vernetzt in Politik, Gesellschaft und Kultur. Die Dahlemer Villa, die er 1912 für seine Familie in der Miquelstraße errichtet hat, verkauft er nach dem Krieg und baut ab 1921 sein neues Familiendomizil unterhalb des Elternhauses aus einfachsten, vor Ort gefertigten Schlackesteinen. In der Nachbarschaft entstehen in den folgenden Jahren das Pfarrhaus Schuchardweg der evangelischen Gemeinde, das Säuglingsheim Alsenstraße für den Verein Kinderhort und 1927 das Arzthaus Kyllmannstraße. Die eher kleinen Gebäude bezeugen eine expressionistische Entwurfshaltung und feine Baumassen-Modulation am spezifischen Standort.

Sein Privathaus am Wannsee aber ist außergewöhnlich. Man kann es als frühes Beispiel eines Bungalows sehen, kombiniert mit flacher Satteldachlandschaft. Der uferabgewandte Patio in steiler Hanglage atmet 1926 mediterrane Atmosphäre. Das Gebäude wurde in drei Bauabschnitten errichtet. In Nordsüdausrichtung erstreckt sich der Kernbau an der westlichen Grundstücksgrenze und wird von dem Kaminzimmer zum See dominiert. Der völlig unprätentiöse Bau ist das einzige Privathaus, das in der Weimarer Zeit am Wannsee gebaut wird. Es fügt sich wie selbstverständlich in die Landschaft ein. Zum Ufer hin ist es zweigeschossig und wird 1925 nach Osten erweitert. Daran schließt kurze Zeit später nach Süden der schmale Küchen- und Wirtschaftstrakt an und flankiert so den Hof. Ahrends ist mit der Verleger-Enkelin Johanna Springer verheiratet und hat mit ihr eine Tochter und drei Söhne.

Er entscheidet sich mit 26 Jahren, vom Judentum zum Christentum zu konvertieren. Als die Nazis Berufsverbote für jüdisch stämmige Mitbürger verhängen, ist er 59. 1938 flieht er über Italien nach England und gerät dort in ein Internierungslager. Als Ahrends 1948 endlich Kapstadt erreicht, um in der Nähe seiner Söhne zu leben, stirbt er siebzigjährig.

Unter welchen genauen Umständen 1936 der Eigentumswechsel des Hauses von Bruno Ahrends an den Ingenieur Viktor Theodor Bausch erfolgte, ist unklar. Das Haus wechselte noch mehrfach den Eigentümer und befand sich ab den 1950er Jahren im Besitz eines Charlottenburger Autohändlers. Nachdem die letzte Eigentümerin und Bewohnerin ohne Erben verstarb, übertrug das Amtsgericht das Haus 2011 einem Nachlassverwalter. Dieser musste einen Abnehmer für ein Baudenkmal suchen, das sich in einem bedauernswerten Zustand befand und durch einen Rohrbruch stark beschädigt war.

Bruno Ahrends Wohnhaus Am Großen Wannsee 6 – Wasserschäden nach einem Rohrbruch. Fotos: Denkmalschutzbehörde

Nur mit großer Hingabe und Geduld gelang es der neuen Eigentümerin mit ihrem Architekten Axel Weilandt, das Wohnhaus Bruno Ahrends zu retten und es wieder zu einem kleinen Schmuckstück für den Wannsee zu machen.

Text / Redaktion: Dr. Jörg Rüter