Koordinatorin, Katrin Reiner, wellcome-Engel- Karolina Kehl-Kausche, Thomas Mampel und Welcome-Leitung Anke Eichner (von links) feierten gemeinsam mit vielen Gästen den Projekt-Start. Foto: Gogol

Koordinatorin Katrin Reiner, „Wellcome-Engel“ Karolina Kehl-Kausche, Thomas Mampel vom Stadtteilzentrum Steglitz und Wellcome-Leitung Anke Eichner (von links) feierten gemeinsam mit vielen Gästen den Projekt-Start. Foto: Gogol

„Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“, sagt ein afrikanisches Sprichwort. Doch was, wenn es kein Dorf gibt? Wenn selbst Großeltern, Tanten, Onkel fehlen? Ab sofort springt dann im Berliner Südwesten das Projekt „wellcome Steglitz“ ein.

„Mutter zu sein, ist ein 24-Stunden-sieben Tage-die-Woche-Job“, stellte die Gründerin von wellcome, Rose Volz-Schmidt, nach der Geburt ihrer Zwillinge fest. „Ich war mutterseelenallein“, erinnerte sie sich bei der offiziellen Eröffnung des Projektes in Steglitz. Sie und ihr Mann lebten fern ihrer Eltern, die Nachbarschaft war anonym und im Freundeskreis waren sie die ersten mit Kind. „Es braucht keine besondere soziale Notlage und besondere Bildungsferne. Es reicht, allein zu sein, isoliert zu sein.“ Ihr fehlte damals ein Netzwerk, eine Gemeinschaft, die ihr half, mit der neuen Lebenssituation fertig zu werden, jemand, der ihr einen Rat gab, bei dem sie sich ausheulen konnte oder der einem das Kind für kurze Zeit abnahm. Mit wellcome wollte sie so etwas für andere junge Eltern schaffen

Junge Mütter können sich an wellcome wenden, dann bekommen sie für eine gewisse Zeit Unterstützung von einem Ehrenamtlichen, um sie zu entlasten. Das kann sein, dass der Ehrenamtler sich um das Baby kümmert, so dass die Mutter einfach mal Zeit für sich hat, um sich zum Beispiel h mit einer Freundin zu treffen oder einen Kurs zu besuchen, oder Zeit hat für das Geschwisterkind, das mit der neuen Situation noch nicht klar kommt. „Es geht darum, für die Mutter so viel Entlastung zu schaffen, dass sie sich ein eigenes Netzwerk schaffen kann und aus dem ‚Baby-Tunnel‘ herauskommt“, erklärte Katja Brendel, wellcome-Koordinatorin in Berlin. Das kann unterschiedlich lang dauern. Im Durschnitt ist ein Ehrenamtlicher vier bis fünf Monate in einer Familie und besucht diese ein bis zweimal in der Woche. Das sei abhängig von den Bedürfnissen der Familie aber auch von dem, was der Freiwillige bereit ist, an Zeit zu spenden. Die Ehrenamtlichen müssen keine Senioren sein, versichert Brendel. In der Stadt liege der Durchschnitt der Paten bei 40 Jahren.

Eine der ersten Paten in Steglitz ist Karolina Kehl-Kausche. Sie war bis zu ihrem Ruhestand Erzieherin. „Ich habe gemerkt, wie verunsichert viele Eltern sind“, sagte sie. „Sie wollen alles richtig machen“ und scheiterten dann oft an ihren falschen Vorstellungen. Ein Stück Normalität und Selbstvertrauen will Kehl-Kausche den jungen Familien geben.

Es seien viele Defizite entstanden, dadurch Familien oft weit auseinanderleben, erklärte Bezirksstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne). Wellcome hebe dieses Manko auf. Und es bringe nicht nur Entlastung für die jungen Familien, die „geliehenen Omas und Opas“ erführen dadurch Wertschätzung und das Gefühl, doch gebraucht zu sein. Markl-Vieto sprach da aus eigner Erfahrung. Sie ist selbst seit neun Monaten Großmutter und berichtete, wie sie sich durch ihre Tochter wertgeschätzt fühlt, wenn sie auf das Enkelkind aufpassen darf.

Was die jungen Familien brauchen, wird bei einem ersten Gespräch geklärt, erklärte Anke Eichner, die den Standort an der Malteserstraße 120 betreut. Dann wird der passende „wellcome-Engel“ gesucht und ein Erstbesuch vereinbart.

Doch manchmal ist das nicht genug. Werden anderweitige Hilfen gebraucht, dann stellt die wellcome-Koordinatorin Karin Reiner die entsprechenden Kontakte her. Als langjährige Elternlotsin ist sie im Bezirk gut vernetzt. Auch die Angebote des Stadtteilzentrums Steglitz, das die Trägerschaft für das Projekt übernommen hat, stehen zur Verfügung. „Wir arbeiten viel im Bereich Frühe Hilfen und Kita, aber es fehlte noch ein Glied“, sagt dessen Geschäftsführer Thomas Mampel, der sich freut, dass das Stadtteilzentrum dieses Projekt übernehmen darf.

Es ist „Hilfe von Herz zu Herz“, sagt Volz-Schmidt über ihr Projekt. Eines, das deutschlandweit und darüber hinaus überzeug. Steglitz ist bereits der 250. wellcome-Standort und der 15. in Berlin.

Kontakt:
Wellcome
Im Familienstützpunkt Stadtteilzentrum Steglitz
Malteserstraße 120
Katrin Reiner
Telefon: 0160 96 20 94 72
E-Mail: berlin.steglitz@wellcome-online.de
www.wellcome-online.de

(go)