Viele Besucher kamen zur Eröffnung der Ausstellung und schauten sich die Fotos an. Foto: Gogol

Diese Ausstellung wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Warum fotografierte die Stasi diese Straße oder jenes Haus? Dies Frage stellte sich auch eine ältere Dame bei der Eröffnung der Ausstellung „Geheim! Die Stasi fotografiert Steglitz und Zehlendorf“ am Dienstagabend. Sie entdeckte Aufnahmen von ihrem Eltern- und ihrem eigenen Haus. Eine Erklärung gibt es dazu nicht.

Hunderte Bilder, die beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) archiviert sind, haben die die Macher der Ausstellung vom Kulturamt gesichtet – 120 davon sind bis 11. November in der Schwartzschen Villa zu sehen.

Es sei keine wissenschaftliche Ausstellung über die West-Arbeit der Stasi, so die Leiterin des Kulturamtes Steglitz-Zehlendorf, Doris Fürstenberg, bei der Ausstellungseröffnung. Auf die Bilder sei sie eher durch Zufall gestoßen, als das Kulturamt vor ein paar Jahren für eine Ausstellung über den Kalten Krieg recherchierte, erzählte sie. Anfang dieses Jahres habe sie dann mit zwei Kolleginnen die Bilder gesichtet, gut sechs Stunden lang waren die Frauen damit beschäftigt. Die 120 ausgewählten sollen nun eine möglichst große Band bereite abdecken, so gibt es eine Schautafel für Steglitz und eine für Zehlendorf.

Die Bilder seien eher banal. „Es ist kein James Bond bei der Arbeit zu erleben“, so Fürstenberg in ihrer Eröffnungsrede. Zwar sind auch die Einrichtungen der Amerikaner festgehalten, wie das US-Headquarter an der Clayallee, aber auch zahlreiche Gaststätten und Restaurants. So gibt es Fotos von der „Konditorei Gielnik Pilsator“ an der Argentinischen Allee und dem „Café Leopold“ an der Fischerhüttenstraße. Dort vermuteten die Stasi-Mitarbeiter eine Agentenzentrale des „Untersuchungsausschusses Freiheitlicher Juristen“, im „Café Schallehn“ an der Albrechtstraße die Zentrale der „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“. „Erst durch die Beschreibung wird das vermeintlich Banale zum Interessanten“, so Fürstenberg. Doch an vielen Fotos fehlt diese Beschreibung und werfen Fragen auf, die nicht mehr geklärt werden können.

Bilder von den 1950er Jahren bis in die späten 1980er Jahre sind in der Ausstellung zu sehen. Noch 1989 nahmen Stasi-Mitarbeiter die komplette Schloßstraße auf.

Erstaunt habe sie bei ihrer Recherche, dass es neben dem geheimen Übergang für inoffizielle Mitarbeiter (IM) an der Sachtlebenstraße auch noch eine Schleuse gab, so Fürstenberg. Leider stieß sie darauf erst kurz vor Eröffnung der Ausstellung, so dass dies nur Eingang in die Lesemappen fand.

Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU), die die Ausstellungseröffnung begleitete, fand, dass es fast lächerlich anmute, wenn – wie in der Lesemappe gezeigt – ein IM mit dem Bus 1 durch die Gegend fährt, um alles, was er sieht zu notieren. Doch es sei eher beunruhigend. Vor allem wenn man bedenke, dass den normalen Menschen, der Grenzübergang verwehrt wurde, sie sogar ihr Leben riskierten, um die DDR zu verlassen. Richter-Kotowski erinnerte an das letzte Maueropfer in Berlin, an Winfried Freudenberg, der am 8. März 1989 in der Limastraße abstürzte.

Die Fotoausstellung „Geheim! Die Stasi fotografiert Steglitz und Zehlendorf“ zeigt die Schwartzsche Villa im Rahmen des 5. Europäischen Monats der Fotografie, der unter dem Motto „Der Blick der anderen“ steht. Sie ist bis 11. November, dienstags bis freitags sowie sonntags von 10 bis 18 Uhr, sonnabends von 14 bis 18 Uhr im Atelier der Schwartzschen Villa zu sehen. Der Eintritt ist frei.

 (go)