Dass die Luft in der höchsten Rängen der Berlin-Liga besonders dünn ist, musste Tabellenführer Hertha 03 Zehlendorf am Sonnabend beim Bezirksnachbarn Berliner SC zum ersten Mal erfahren. Doch mit 1:2-Sieg verteidigten die Zehlendorfer den Paltz an der Spitze – wenn auch nicht ganz souverän.

Die erste Hälfte hatte wenig Anschauliches, die Kontrahenten belauerten sich und warteten nur auf die Fehler des anderen. Die Hausherren versuchten ihr Glück, indem sie über viele, durchaus gefällige Ballkontakte das Mittelfeld überbrückten. Doch vor dem Strafraum entpuppte sich alles als brotlose Kunst. Der Spitzenreiter dagegen versuchte mit langen Bällen aus der Abwehr die schnellen Außen in Szene zu setzen. Die Flanken vor das Tor fanden jedoch viel zu selten den langen Torjäger René Robben, der sich fürsorglicher Bewachung „erfreute“.

Für das zweifelhafte Highlight der ersten Halbzeit sorgte schließlich in der 30. Spielminute der BSC-Verteidiger Harun Koca. Bereits verwarnt holte er mit einem überaus rüden Tackling Zehlendorfs  Robin Tolbert von den Beinen und wurde deshalb mit Gelb-Rot vorzeitig zum Duschen geschickt. Die numerische Unterlegenheit der Hausherren führte allerdings kurz nach dem Platzverweis völlig überraschend zur ersten hochkarätigen Chance des Spiels – für den Berliner SC. Tolgay Asma kam in der 33. Minute nach einem Ausrutscher von Erdal Özdal an den Ball, verfehlte aber mit seinem Schlenzer knapp das Ziel.

Mit Beginn der zweiten Halbzeit wurde das gesamte Spiel lebhafter. Einen großen Anteil daran hatten auch die Zehlendorfer Einwechsler Till Wedemann und Su Min Kim, die dem Zehlendorfer Gefüge nun mehr Struktur verliehen. Doch ausgerechnet in der beginnenden Zehlendorfer Drangperiode hatten die Hausherren ihre nächste Gelegenheit zur Führung. Durch nichts und niemanden aufzuhalten startete Louis Arnst in der 51. Minute einen unwiderstehlichen Sololauf aus der eigenen Hälfte. Am Ende scheiterte er aber, nach dem finalen Heber über Torwart  Luis Maria Zwick, am Quergebälk des Tores.

Dass man es auch weniger genau allerdings erfolgreicher machen kann, zeigte sich nur eine Minute später auf der anderen Seite. Nach einem kurzen Zuspiel durch Wedemann kam der durchgelaufene Darius Niroumand in Ballbesitz, und diesmal bekam der Ball durch den überlegten Lupfer die richtige Flughöhe und -kurve um sich ins Netz zu senken. Zehlendorf versäumte es jetzt allerdings, die spielerische Überlegenheit in weitere Tore umzumünzen. Gelegenheiten gab es in dieser Phase mehrere. Nach schöner Vorarbeit von Niclas Warwel scheiterte Robben in der 55. Minute mit einem verdeckten Schuss an Torwart Mirco Langen. Bei der anschließenden Ecke durch Niroumand kam der aufgerückte Patrik Scholz an der Fünf-Meter-Linie zu sehr in Rücklage, und der Schuss ging über die Latte.

Wie die Jungfrau zum Kinde kamen auch die Hausherren in der 75. Minute zum Ausgleich. Schiedsrichter David Deringer wollte weitab des eigentlichen Geschehens,ein Zupfen von Robben an seinem Gegenspieler gesehen haben. Da sich das Ganze im Strafraum abspielte sah sich der Schieri bemüßigt, auf den ominösen Punkt zu zeigen. Asma ließ sich nicht zweimal bitten und nahm das Geschenk dankend an. Die Gäste nahmen diesen Rückschlag zur Kenntnis, schüttelten sich kurz und zeigten nun beste charakterliche Eigenschaften. Der Siegeswille war nun erst recht geweckt. Burak Mentes war zwei Minuten vor Schluss der bedauernswerte Glückliche, der nach seinem Treffer von der jubelnden Zehlendorfer Meute fast erdrückt wurde. Bei seinem verdeckten Flachschuss aus 20 Metern, der knapp neben dem Pfosten einschlug, hatte Langen keine Chance.

   (hain/h03)