Thomas Mampel und Carola Gündel bei der feierlichen Schlüsselübergabe. Foto: Baumann

Ein ganz besonderes Projekt wurde am Donnerstag, 6. April, in Lichterfelde feierlich vorgestellt: Eröffnet wurde ein Haus, in dem demnächst geflüchtete Frauen mit ihren Kindern leben werden. Das Besondere daran ist, dass eine Privatperson, Steglitzerin Carola Gündel, dieses Projekt aus eigenen Mitteln ins Leben gerufen hat.

Eigentlich wollte Carola Gündel in ihrem Ruhestand ihren Hobbies nachgehen und viel Zeit mit ihren Enkel verbringen. Doch sie änderte ihre Pläne. Sie kaufte ein Haus, ließ es sanieren, richtete es ein und stellt es nun geflüchteten Frauen und ihren Kindern zur Verfügung. Professionelle Unterstützung bekommt sie dabei vom Stadtteilzentrum Steglitz e.V. Der gemeinnützige Verein mietet das Haus zum „Selbstkostenpreis“ und übernimmt die Trägerschaft. Die Arbeitsbereichsleiterin für Nachbarschafts- und generationsübergreifende Arbeit und Koordinatorin der Flüchtlingsarbeit im Stadtteilzentrum, Veronika Mampel, freut sich sehr über die neue Aufgabe. „Es ist eine so verrückte Idee, aus der jedoch etwas ganz Tolles werden kann“, so Mampel. Natürlich müssten zuerst die organisatorischen Dinge geklärt werden. „Momentan sind wir dabei zu schauen, wer hier einziehen wird. Wir arbeiten die Mietverträge aus und führen Gespräche mit dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF). Doch wenn das erst erledigt ist, kommt der schöne Teil unserer Arbeit.“

Auch dem Geschäftsführer des Stadtteilzentrums, Thomas Mampel, war die Freude über das neue Projekt bei der offiziellen Schlüsselübergabe deutlich anzumerken: „Ich finde es einfach grandios, dass es solche Menschen in Steglitz-Zehlendorf gibt, die so tolle Projekte ins Leben rufen.“ Er sei außerdem noch immer darüber erstaunt, wie schnell es mit dem Projekt vorangegangen ist. „Erst im November 2016 hat sich Frau Gündel das erste Mal bei uns gemeldet. Sie erzählte von ihrem Vorhaben, das Haus zu kaufen und von ihrer Idee, was man daraus machen könnte. Und es war mir sofort klar – da müssen wir mitmachen“, so Mampel.

„Integration findet nicht in Räumen, sondern in der Nachbarschaft statt“

Gemeinsam wollen die Organisatoren sich nun darum kümmern, dass die Frauen und die Kinder gut in ihrem neuen Zuhause ankommen. Doch auch die Nachbarn sollen sich wohlfühlen. Als Anfang für ein offenes Miteinander werden die Anwohner rund um das Haus in Lichterfelde Ost in wenigen Tagen eine Einladung zu einer Hausbesichtigung in ihren Briefkästen finden. Damit soll die Nachbarschaft die Möglichkeit bekommen, sich selbst ein Bild zu machen und ihre Fragen direkt an die Verantwortlichen zu stellen. „Wir möchten nicht, dass sich die Menschen hier überrumpelt fühlen“, betonten sowohl Carola Gündel als auch Thomas Mampel bei der Feier. Denn schließlich findet die Integration „nicht im Haus, sondern außerhalb dessen, eben in der Nachbarschaft“, statt.

„Es fügte sich einfach alles zusammen“

Doch wie kam es überhaupt zu dieser außergewöhnlichen Idee? „Man könnte sagen, das Haus hat mich gefunden“, erzählt Carola Gündel. „Die Vorbesitzer, alte Bekannte, mussten das Haus verkaufen und sie wollten unbedingt, dass ich es erwerbe. Sie meinten, dass sie dann Gewissheit hätten, dass das Haus sinnvoll genutzt würde.“ Nachdem sie dafür sogar mit dem Preis deutlich nach unten gegangen waren, sei ihr klar geworden, dass sie das Haus einfach kaufen musste. „Es ist wirklich erstaunlich, aber es ist so, als hätte es nach mir gerufen. Meine Tante wohnt nämlich direkt gegenüber. Und wenn ich nach ganz oben gehe, kann ich praktisch auf das Grab meiner Mutter schauen, die hier ganz in der Nähe begraben liegt“, erzählt die 64-Jährige. „Es fügte sich einfach alles zusammen.“

Für das Haus nahm die Steglitzerin nicht nur ihr Privatvermögen in die Hand, sondern auch einen Kredit auf. „Ich glaube einfach an das Projekt“, sagt sie schlicht.

Das frisch renovierte Haus bietet Platz für zwölf Frauen und Kinder. Es gibt Ein- bis Dreibettzimmer, mehrere Bäder, einen großen Aufenthaltsraum, eine Gemeinschaftsküche, eine Waschküche und einen großen Garten. Im Dachgeschoss wurde ein gemütliches Spielzimmer eingerichtet.

Das ausgebaute Dachgeschoss bietet zahlreiche Spielmöglichkeiten für die Kinder, die zusammen mit ihren Müttern in dem Haus wohnen werden. Foto: Baumann

Auffällig ist, dass alle Zimmer gleich ausgestattet sind. „Es war mir wichtig, dass die Frauen sich gleichbehandelt fühlen. Keine sollte das Gefühl haben, dass die Andere ein schöneres Zimmer hat. Also kaufte ich Hotelausverkäufe praktisch komplett auf. Und so konnten alle Zimmer gleich gestaltet werden“, erzählt die Hauseigentümerin. Doch natürlich können die Frauen ihren Zimmern nach dem Einzug ganz persönliche Noten geben, betont Gündel.

Alle Zimmer in dem Haus sind gleich möbliert. Foto: Baumann

Noch werden im Haus die letzten Reparaturen durchgeführt. Voraussichtlich Ende April sollen dann die neuen Bewohnerinnen einziehen.

Wer das Projekt durch Spenden oder ehrenamtliches Engagement unterstützen möchte, kann sich an die Koordinatorin Veronika Mampel wenden unter v.mampel@sz-s.de oder telefonisch unter 0173 2 34 46 44.

(eb)