Tina Peschel zeigt, wie ein Engelstock geschmückt wurde. Fotos: Gogol

Noch sind es fast drei Monate bis zum Weihnachtsfest. Doch im Museum Europäische Kulturen, vor allem in dessen Restaurierungswerkstätten, wird schon seit einigen Wochen an der Weihnachtsausstellung „Weihnachtspyramiden – Tradition und Moderne“ gearbeitet. Die erste Pyramide steht sogar schon. Neugierige Kinderaugen werfen bereits ersten Blicke auf die Cunersdorfer Ortspyramide, die am Montag vor dem Museumseingang an der Arnimallee aufgestellt wurde. Dafür sind Herbert Volker Krämer und Günter Schubert extra aus dem Erzgebirge angereist.

Schubert kennt die Pyramide in- und auswendig, schließlich war er 1964 am Bau beteiligt. Cunersdorf bei Annaberg-Buchholz ist eine Stadt des Silberbergbaus, erzählen beide Männer. Deshalb wurden so genannte „Mundlöcher“, die Eingänge zum Bergwerk, als Rahmen für die 3,50 Meter große Pyramide geschnitzt. In der unteren Etage sollte damals eigentlich die Krippe mit dem Jesus-Kinde, Maria und Joseph und allem was dazu gehört ihren Platz finden. Es wurde ein Plan gezeichnet und eingereicht. „Der ABV (Abschnittsbevollmächtigter, ähnlich dem Revierpolizisten; Anm. d. Red.) kam vorbei und teilte uns mit, dass das nicht erwünscht war“, erinnert sich Schubert. Religion und DDR passten nicht zusammen. Stattdessen wurden Waldleute in die unterste Etage gesetzt. In die zweite kamen dann die Bergleute, aber ganz oben, in die vierte Etage, die man von unten kaum sieht, steht ein Schäfer mit seinen Schafen – so wurde dann symbolisch doch noch ein wenig Christentum in die Pyramide geschmuggelt, erzählt Krämer. Gefertigt wurden die Figuren damals aus Lindenholz, die Mundlöcher bestehen aus mit Lindenholzrinde verkleideten Brettern, die man sich irgendwie besorgte. Material sei damals knapp gewesen, so Krämer.

Nach der Wende, 1997, begann der Schnitzverein von Cunersdorf, eine neue Dorfpyramide zu schnitzen – dieses Mal mit einer Krippe. Sie ging 2001 in Betrieb. Die alte Pyramide, die fast 40 Jahre jeweils vom 1. Advent bis 2. Februar auf dem Dorfplatz die Weihnachtszeit verschönert hatte, wurde eingelagert und im vergangenen Jahr wiederhergerichtet. Durch einen zufälligen Kontakt mit Tina Peschel, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Museum Europäische Kulturen, die noch ein besonderes Objekt für die Pyramidenausstellung suchte, kam nun das Cunersdorfer Unikat nach Berlin. Und das als Dauerleihgabe. Ein wenig Wehmut ist bei den beiden Schnitzern dabei, wenn sie sich von ihrer Pyramide trennen. Doch sie wissen sie in guten Händen. „Das Museum wird sich gut darum kümmern“, denken Schubert und Krämer.

Im Vergleich zu manch anderen Objekten der Weihnachtsausstellung ist die Cunersorfer Pyramide mit ihren 50 Jahren aber noch jung.

Kustodin Dr. Dagmar Neuland-Kitzerow mag besonders die Sebnitzer Schattenspiele. Von innen beleuchtet zaubern sie Scherenschnitte als Schattenspiele an die Wand. Neuland-Kitzerow gefallen besonders die Schattenspiele von Adolf Tannert, weil die „nicht bierernst“ seien, sondern das Leben im Ort zeigten. Dazu gehören auch Wirtshausszenen und spielende Kinder. Das älteste Sebnitzer Schattenspiel in der Ausstellung ist von 1890 . Eines von ihnen soll dann auch während der Ausstellung zu bewundern sein. Allerdings mit Strom betrieben und nicht mehr mit Rüböl oder Kerzen wie damals üblich.

Etwas Besonders ist auch der Holdenstedter Engelstock, ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert. Als es noch nicht üblich war, sich Weihnachtsbäume in die Wohnung zu stellen, wurden die Geschenke unter den Engelstock gelegt, an dem die Weihnachtskerzen brannten, erzählt Peschel. Verkleidet wurde der Engelstock mit Geflechten immergrüner Pflanzen wie zum Beispiel Buchsbaum.

Restauratorin Barbara Michalski richtet den Holdenstedter Engelstock für die Ausstellung her, reinigt und versiegelt ihn und flechtet schließlich wieder das Buchsbaumgrün. Derweil übernimmt Papier- und Grafikrestauratorin Martina Luttmer das Flügelrad des Engelstocks. Denn der besteht nicht, wie man zunächst glaubt, aus dünnem Holz, sondern aus fester Pappe. Die Trägerstäbe müssen fixiert werden, das sei eine „Sisyphusarbeit-Arbeit“, so Luttmer.

Moderner hingegen sind die Spinnenleuchter in der Ausstellung, die stammen nämlich von einem bekannten schwedischen Einrichtungshaus. Ursprünglich aber aus dem Erzgebirge, so Peschel.

Insgesamt sind es 110 Objekte, die in der Weihnachtsausstellung zu sehen sein werden und zwar vom 30. November bis 3. Februar 2013.

(go)