Foto: Marc-Daniel Borgartz

Seit seiner Einweihung im August 1837 war dieses Kleinod an dem Steilhang gegenüber der Pfaueninsel wie ein Zufluchtsort in eine andere Welt. Während Krisenzeiten erst recht. Und heute, zu Zeiten des Corona-Virus, spazieren hier Menschen im gebotenen Abstand voneinander entlang eines Bauzauns mit dem Blick über die Havel und träumen sich beim Glockenspiel der Mittagsstunde aus der Pandemie.

An dieser so abgelegenen, mühsam über steile Waldwege zu erreichenden Lage konnte nur eine Prinzessin bauen lassen. 1819 hatte Charlotte ihren Vater, König Friedrich Wilhelm III. mit dem benachbarten Blockhaus 90 Meter östlich, einem kleinen „Mitbringsel“ ihres Mannes und späteren Zaren Nikolaus, auf das vortrefflichste überrascht.

Seither verfestigten sich sowohl beim Bruder, dem Kronprinzen wie beim Vater der Wille, dem Wunsche Charlottes folgend, zusätzlich noch eine den Aposteln Peter und Paul zu widmende Kirche in „irgendwie“ russischer Anmutung zu errichten. Mit entsprechenden Ideen wurden 1833 keine Geringeren als die Schlossarchitekten Potsdams und Berlins, Albrecht Dietrich Schadow und August Stüler, beauftragt.

Ihre Vorstellungen hingegen mussten auf Wunsch Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen mehrfach überarbeitet werden. Kein typisch russischer Mehrkuppelbau, auch kein Dreitürmebau. Nein, der Baukörper müsste sich doch bitte etwas gestreckter in die Waldansicht einfügen, das heißt er durfte in dieser natürlichen Traumkulisse nicht untergehen.

Heute ist die Kirche St. Peter und Paul Teil eines landschaftlich von der Havel wahrzunehmenden Bühnenwerkes. Wir nennen dieses Schauspiel die preußische Kunstlandschaft um Schloss Glienicke – mit den weiteren Szenen: Sacrower Heilandskirche, Pfaueninsel und Blockhaus Nikolskoe. Alle selbstverständlich unter der Generalintendanz des rheinischen Landschaftsarchitekten Peter Lenné aufgeführt (vgl. Denkmal des Monats April 2016).

1992 wurde das Innere von St. Peter und Paul zuletzt umfangreich restauriert. Ihre künstlerische Ausstattung ist vor allem deswegen von so hochwertiger Originalität, weil der Saalkirche 1881 die Gemeindemitglieder abhandengekommen sind. Mit der Errichtung einer Kapelle in Klein-Glieinicke von Reinhold Persius mussten die Gottedienstbesucher im Winter nicht mehr die weiten Mühen durch den Wald auf sich nehmen. Als Sommerkirche unterlag die Ausstattung von St. Peter und Paul – Altar, Kanzel, Taufe, Orgelprospekt, Emporenanlagen, Wandfassungen – keinen bauphysikalischen Stresstests eines Heizsystems. Das änderte sich erst mit dem Einbau der ölbetriebenen Warmluftheizung 1952. Um die Beseitigung der starken Verschmutzungen des Innenraums restauratorisch rechtfertigen zu können, wurde die Heizanlage 1992 so umgerüstet, dass der Saal kontinuierlich auf einer Mindesttemperatur gehalten wurde und sich die thermischen Schwankungen reduzierten.

2018 aber war die umgerüstete Anlage nicht mehr zu vertreten. Im Rahmen weitreichender Sanierungsarbeiten unter der Bauleitung und Planung des Architekten Marc-Daniel Borgartz wurde auch ein neues Heizkonzept mit verschiedenen Komponenten entwickelt. Es waren sehr aufwendige leitungsbedingte Kanalarbeiten unter dem Dielenbelag der Kirche notwendig und eine neue Brenntechnik kam zum Einsatz. Die hinterlüftete Stehfalz-Verblechung des Daches wurde komplett erneuert und geriet zu einem Meisterstück der Klempnerkunst, inklusive restauratorischer Neufassungen der bekrönenden Akroterien und die Wiedervergoldung des eisernen Firstkreuzes. Im Zuge der großen Mauerwerkssanierung der sogenannten Bastion, der hoch aufragenden Sockelwand des Terrassenhalbrundes zur Havel hin und des konzentrisch verlegten Bodenbelages des Vorplatzes aus ledergelben bis blassrot gescheckten Petzower Backsteinen, hat man vor allem die Fehlstellen in den ehemaligen Aussichtsloggien und heutigen Glockenspielarkaden beseitigt.

Der schönste Teil der jetzt zum Abschluss kommenden Arbeiten aber, und dieser wird insbesondere die bald hoffentlich wieder einkehrenden Hochzeitsgesellschaften erfreuen, gelang mit der Wiederherstellung der Vorhalle und seiner bauzeitlichen Farbfassung. Eintönig in dunklem Braun vereinheitlicht verwandelten die Expertinnen und Experten von Dipl. Rest. (FH) Jörg Messing und der RMS-Restaurierungsgesellschaft die grazile Holzkonstruktion wieder in ein luftig leichtes Entree, dessen himmelblaue Untersicht ganz in der Tradition Karl Friedrich Schinkels aufgeht.

(Text/ Redaktion: Dr. Jörg Rüter)