Für Helene und Hermann Mayer sowie deren beider in Auschwitz ermordeten Töchter Bertha Helene und Margarete Helene Mayer wurden in Zehlendorf Stolpersteine verlegt. Foto: Bavandi

Für Helene und Hermann Mayer sowie deren beider in Auschwitz ermordeten Töchter Bertha Helene und Margarete Helene Mayer wurden in Zehlendorf Stolpersteine verlegt. Foto: Bavandi

Groß war die Anteilnahme bei der Verlegung der Stolpersteine. Foto: Bavandi

Groß war die Anteilnahme bei der Verlegung der Stolpersteine. Foto: Bavandi

Yadid Er’el (links) hilft bei der Verlegung der Steine für seine Vorfahren mit. Foto: Bavandi

Yadid Er’el (links) hilft bei der Verlegung der Steine für seine Vorfahren mit. Foto: Bavandi

Vor der Villa Freudenberg wurden die Steine verlegt. Foto: Bavandi

Vor der Villa Freudenberg wurden die Steine verlegt. Foto: Bavandi

Donnerstagabend wurden an Potsdamer Chaussee 48 in Zehlendorf vier Stolpersteine für die Eheleute Helene und Hermann Mayer sowie deren beider in Auschwitz ermordeten Töchter Bertha Helene und Margarete Helene Mayer vor der Haus-Einfahrt zum ehemaligen Anwesen der Familien Freudenberg und Mayer eingesetzt.

Helene, geborene Freudenberg, und ihr Mann, der aus dem Rheinland stammende Textilkaufmann Hermann Mayer waren seit 1920 führend für das Modehaus Gerson tätig und die letzten Mitinhaber des berühmten Mode- und Möbelhauses „Herrmann Gerson“ vor der „Arisierung“.

Das Paar konnte im Jahre 1934 in die Niederlande fliehen. Hermann Mayer war dort im bekannten „Maison de Bonneterie“ tätig. 1942 erlangten die Eheleute formell die Staatsbürgerschaft El Salvadors und gehörten somit zu sogenannten „Austauschjuden“. Ein Jahr später wurde die beiden nach Westerbork deportiert, im Folgejahr nach Bergen-Belsen. Hermann Mayer starb dort 1945 an den Folgen der unmenschlichen Behandlung. Helene Freudenberg befand sich im April 1945 im letzten Deportationszug durch das noch nicht besetzte Deutschland nach Theresienstadt im sogenannten „Verlorenen Transport“. Helene Freudenberg wurde am 23. April 1945 von sowjetischen Soldaten befreit, starb jedoch ein wenig später an Paratyphus, einer Folge von Lagerhaft und Deportation.

Bertha, genannt Beppi, und Margarete, genannt Margit, waren im Juli 1942 in den Niederlanden untergetaucht und nach Frankreich geflohen. Vermutlich wollten sie in die Schweiz oder das unbesetzte Frankreich. Die Töchter von Hermann und Helene wurden jedoch in Bordeaux festgenommen und am 31. August1942 nach Auschwitz deportiert und laut amtlichen Angaben dort am 3. September 1942 ermordet.

Der Bauherr der Villa an der Chaussee in Berlin-Nikolassee war der Berliner Herrmann Freudenberg (1868-1924), einer der Söhne von Philipp Freudenberg, der das Mode- und Einrichtungshaus Gerson gegründet hatte. Herrmann Freudenberg zeichnete als Mitinhaber des weltbekannten Modehauses „Herrmann Gerson“ verantwortlich. Das Firmenimperium Gerson galt über viele Jahrzehnte als eines der bedeutendsten deutschen Häuser für Mode und Interieurs. Zudem hielt Herrmann Freudenberg in den Jahren 1915 bis 1924 den Vorsitz im „Verband der Deutschen Modeindustrie“ inne. Nach seinem Tode lebten seine Frau und die gemeinsamen vier Kinder noch bis zum Jahr 1934 in dem Anwesen der Potsdamer Chaussee auf Nummer 48. Sowohl die Firma als auch die Familie wurden nach 1933 Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. 1935 wurde das Landhaus zu Gunsten der Stadt Berlin zwangsversteigert. Die Firma wurde „arisiert“, und im Geschäftshaus am Werderschen Markt wurde das Reichskriminalpolizeiamt eingerichtet.

Bei der feierlichen Verlegung der Stolpersteine befand sich auch der 26-jährige Yadid Er’el aus Israel unter den anwesenden Gästen. „Es ist ein sehr emotionaler Moment für uns“, würdigte Yadid Er’el die Einrichtung der vier Gedenksteine vor dem Hause der Freudenberg’schen Villa, dem ehemaligen Stammhaus seiner Familie. Er’el ist extra aus Israel angereist, um dem Einsetzen der Steine beizuwohnen. „Wir sind eine große und glückliche Familie, die nicht zurückschaut“, betonte Er’el.

Helene Freudenberg war die Tante seines Großvaters, der heute noch in Israel lebt, die weite Reise nach Berlin aus emotionalen Gründen allerdings nicht antreten wollte. Yadids Großvater ist in der Villa in der Postdamer Chaussee 48 im Kreise der kunstsinnigen Familie aufgewachsen, die Erinnerungen an sein dortiges Leben und seine Familie, die dem nationalsozialistischen Regime zum Opfer gefallen ist, habe er bis heute nicht vergessen.

Die Verlegung der Steine vor dem Landhaus in der Potsdamer Chaussee 48 ist eine Gemeinschaftsstiftung. Zwei Steine wurden auf Initiative von Dr. Marianne Gaethgens vom Zonta-Club Berlin gespendet. Einen Stein stiftete das Netzwerk „mode textil“. Die Institution möchte damit einen kleinen Beitrag zur Erinnerung an die Zerstörung der Berliner Konfektion und die Vertreibung und Ermordung führender Mitglieder der Berliner Textilwirtschaft beisteuern.

Den Stein für Helene Freudenberg stifteten gemeinschaftlich Christine Waidenschlager und Dr. Gesa Kessemeier, Autorin des Buches „Ein Feentempel der Mode“ oder „Eine vergessene Familie, ein ausgelöschter Ort. Die Familie Freudenberg und das Modehaus ,Herrmann Gerson’“. Diese Publikation ist im Jahre 2013 bei Hentrich & Hentrich Berlin erschienen. Kessemeier arbeitete erstmals die bislang unbekannten Schicksale der jeweiligen Besitzer und Geschäftsführer der Firma „Herrmann Gerson“ in ihrem Werk auf und gibt Einblicke in die Firmen- als auch Familiengeschichte der Freudenbergs.

(MiBa)