Constantin Bartning freute sich sehr, dass Bilder seines Vaters die Kafka-Ausstellung zieren. Fotos: Gogol

Franz Kafka mag zwar seit 90 Jahren tot sein, aber er bewegt noch immer die Massen. Das musste auch Gabriele Schubert, Vorsitzende des Steglitzer Heimatvereins, feststellen. 90 Anmeldungen gab es für die Eröffnung der Kafka-Ausstellung am Sonnabend im Steglitz-Museum. Andere Interessierte waren spontan vorbeigekommen, so dass das kleine Museum an der Drakestraße fast aus allen Nähten platzte.

Sechs Monate hat Kafka in Steglitz und Zehlendorf gewohnt, gemeinsam mit seiner Verlobten Dora Diamant, mit der er mehrfach die Wohnung wechselte.

„Übrigens ist hier in Steglitz das Leben friedlich, die Kinder wohl aussehend, die Bettelei nicht beängstigend, der Fundus aus frühem reichen Zeiten immer noch grossartig und in gegenteiligem Sinne beschämend. Vor der innern Stadt freilich halte ich mich zurück, war nur 3 mal dort, mein Potsdamer Platz ist der Platz vor dem Steglitzer Rathaus, noch er mir zu lärmend, glücklich tauche ich dann in die wunderbar stillen Alleen“, beschrieb Kafka im Oktober 1923 in einem Brief an seinen Freund Robert Klopstock das Leben in Steglitz. Das Zitat hatte Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) ausgewählt, um die Ausstellung zu eröffnen. „Sie wird weit über die Bezirksgrenzen für Furore sorgen“, davon war er überzeugt. Nicht zuletzt wegen der zahlreichen Grafiken von Carl-Otto Bartning, die die Schau zu einem visuellen Erlebnis machen. Zur Verfügung gestellt hat die Bilder der Sohn des Künstlers, Constantin Bartning. Der bedankte sich herzlich bei dem Museum, dass es noch einmal sein gesamtes Ausstellungskonzept geändert hat, um die Bilder seines Vaters integrieren zu können. „Es ist die erste Ausstellung seit 40 Jahren“, freute er sich.

Eine von Carl Otto Bartings Grafiken zur Erzählung "Die Verwandlung".

Sein Vater sei ein leidenschaftlicher Leser gewesen, berichtete Constantin Bartning. 1954 habe er begonnen, erste Grafiken zu Kafka-Erzählungen zu erstellen. Bis in die Mitte der 1970er Jahre habe sein Vater sich immer wieder vom Werk Kafkas inspirieren lassen. Zusammen mit den Texten Kafkas aber sind sie nie erschienen. Erst jetzt zur Ausstellung wurde ein Heft erstellt, dass den Text der Erzählung „Die Verwandlung“ und die Bilder Bartnings zusammenbringt. Die Grafiken sind aber auch an den Museumswänden zu besichtigen.

Kein anderer Schriftsteller werde so häufig interpretiert wie Kafka, sagte Schuster in ihrer Eröffnungsrede. Kafka endgültig erklären, das wolle die Ausstellung nicht, sondern die Besucher „hineinziehen in die Lebenssituation“ des Schriftstellers. Die Ausstellung beleuchte den Zusammenhang zwischen Lebensumfeld, beruflicher Tätigkeit und schriftstellerischer Arbeit.

Zwei Themen seien es, die sie zu der Ausstellung bewogen haben, so Schuster. Das seien zum einen Kafkas Beziehungen, die zeitneutral seien. Besonders die Beziehung Kafkas zu seinem Vater war schwierig, der Schriftsteller litt unter dessen Dominanz. Ausdruck dieses Verhältnisses ist der „Brief an den Vater“, der in der Ausstellung zu hören ist.

Die Zuschauer kamen zahlreich und schauten sich die Schau genau an.

Der Schauspieler Uwe Neumann hat den Brief eingelesen. Besucher können sich dies an einer Medienstation anhören. „Es spielt sich heute noch in Familien so ab. Vielleicht ist Kafka deshalb ein so gewünschter Literat“, spekulierte Schuster.

Das zweite Thema ist die „Zeit der menschenunwürdigen Kriege“. Kafka erlebte den Ersten Weltkrieg. Auch dies wird in der Schau näher beleuchtet.

Bis zum 11. Juli wird die Ausstellung im Steglitz-Museum zu sehen sein. Dazu gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm, es gibt verschiedene Lesungen zum Leben und Werk Kafkas, am 5. April wird eine Kafka-Oper aufgeführt.

(go)