Noch immer aktuell: Faust. Foto: alpha-nova

Für gutes Theater braucht man keinen großen Raum, das bewies das alpha-nova-WerkstattTheater am Freitagabend eindrucksvoll. Der Theatersaal ist kaum größer als ein Wohnzimmer, drei Stuhlreihen stehen für Zuschauer bereit, die ebenerdige Bühne ist nur zwei Meter entfernt.

Die Theatergruppe ist zurück aus der Sommerpause mit „Faust“. Kein einfaches Stück, vor allem wenn man beide Teile zeigt – und das in nur gut anderthalb Stunden. Deshalb bedient sich RegisseurinGudrun Kriencke eines kleines Kunstgriffes. Sie beginnt ihr Spiel mit Fausts Rückkehr von der Walpurgisnacht. In kurzen Erinnerungssequenzen wird die Geschichte des nach Wissen strebenden Fausts erzählt, der sich mit dem Teufel einlässt und das unschuldige Gretchen verführt. In der Todeszelle besucht er dann die Kindsmörderin, versucht sie vergebens zur Flucht zu überreden. Gretchen wird gerichtet – und in der Version des Werkstatttheaters nicht „gerettet“.

Sofort beginnt Teil II, der, wie die Aufführung zeigt, noch immer aktuell ist. Verschuldetet Staaten, die ihren Reichtum auf Spekulation gründen – und wieder verlieren, die unbändige Gier nach mehr Land, danach, die Natur zu besiegen, nach Macht und Unsterblichkeit.

Die Schauspieler – Profis und Laien verschiedenen Alters – bewegen sich zwischen hängenden Gazen, auf die Bilder projiziert werden. Dazu erklingt immer wieder Musik, mal Volksmusik, mal Gassenhauer, mal klassische Musik, die das Geschehen auf ihre eigenen Art interpretieren. Auch andere kleine Tricks hat sich Kriencke einfallen lassen, damit die zehn Schauspieler das Stück in Griff kriegen, etwa wenn Helena und Paris per Diaprojektor an die Wand geworfen werden.

Herrlich ist das Spiel von Evelyn Piep als Mephisto, der zwar einerseits böse, aber andererseits an den Wünschen seines Faust auch manchmal ganz schön zu knabbern hat. Rolf Weise als Faust spricht eindrucksvoll und braucht wahrlich keinen Verjüngunstrank. Catherin Wehner läuft in der Kerkerszene zur Hochform auf, wenn sie als geistig verwirrtes Gretchen dem Blutgericht entgegensieht.

Ganz nah kommt man auch als Publikum den Schauspielern, etwa wenn Mephisto mit seinen Geldbündeln einem vor der Nase herumwedelt.

Ein gelungener Abend, auch wenn die Akustik nicht immer stimmte. Das Publikum spendete lauten Applaus.

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Weitere Vorstellungen gibt es im September (2, 7. bis 9.) und Oktober (19. und 20., 26. bis 28.) jeweils um 19 Uhr. Karten gib es unter der Telefonnummer (030) 74696773 ( Anrufbeantworterr) oder per E-mail an werkstatt-theater@o2online.de.

(go)