Symbolbild: ilona brigitta martin / pixelio.de

Die Blindenwerkstatt in der Rothenburgstraße 15 in Steglitz beschäftigt 13 blinde und sehbehinderte Handwerker als Bürsteneinzieher sowie Korb- und Stuhlflechter. Fünf sehende, nicht behinderte Mitarbeiter unterstützen die Handwerker bei ihrem traditionellen Blindenhandwerk. Doch jetzt soll die Blindenwerkstatt geschlossen werden. Die Erlöse aus dem Verkauf der hergestellten Produkte decken seit vielen Jahren nicht mehr die durch die Herstellung der Produkte entstehenden Kosten.

Die Blindenwerkstatt wurde am 1. April 1887 geöffnet. Anders als in einer Behindertenwerkstatt arbeiten die Menschen hier auf dem ersten Arbeitsmarkt, also unabhängig von staatlicher Unterstützung. Das sei einer der Gründe für die hohen Verluste, die laut dem Blindenhilfswerk, das die Werkstatt betreibt, nicht mehr aufgefangen werden können. Denn als Einrichtung des ersten Arbeitsmarktes muss die Werkstadt Mindestlöhne bezahlen.

Ein weiterer Grund für die hohen Verluste ist der Senatsbeschluss aus dem Jahr 2007. Nach diesem soll die öffentliche Hand beim günstigsten Anbieter einkaufen. Dadurch sind der Blindenwerkstatt viele große Aufträge weggebrochen. Früher haben Kommunen und Bezirke direkt bei der Werkstatt bestellt.

Mit etwa 400.000 Euro müsse das Blindenhilfswerk als Träger nun jedes Jahr die Verluste der Werkstatt ausgleichen. „Doch das ist nicht mehr möglich, ohne die Existenz und die Arbeit des Blindenhilfswerkes zu gefährden“, sagt Geschäftsführerin Andrea Pahl.

Daher habe sich der Verein am 7. Juli mit fast 90-prozentiger Mehrheit für eine Schließung der Werkstatt entschieden. „Diesem Entschluss gingen vielfältige Versuche voraus, die Blindenwerkstatt in ihrem Bestand zu erhalten. Es wurden die Kooperation mit Behindertenwerkstätten gesucht, Produktionsabläufe verändert und neue Wege im Marketing beschritten. Es stellte sich jedoch nach intensiven Beratungen […] heraus, dass die Werkstatt als Betrieb des ersten Arbeitsmarktes in der gegebenen räumlichen Größe und der Anzahl der Beschäftigten nicht existenzfähig ist“, heißt es in der Presseerklärung des Blindenhilfswerks.

Bis zur Schließung im Jahr 2018 geht es dem Blindenhilfswerk nun darum „für die Mitarbeiter, insbesondere die Blinden und Sehbehinderten, sozial angemessene Lösungen für ihre weitere berufliche Tätigkeit zu finden“. Man stehe derzeit in Verhandlungen, um sie in andere Arbeitsverhältnisse zu vermitteln oder Umschulungen anzubieten.

Das Blindenhilfswerk Berlin wurde 1886 als „Verein zur Beförderung der wirtschaftlichen Selbständigkeit der Blinden“ gegründeter. Neben der Werkstatt unterhält der Verein heute etwa 60 Wohnungen für blinde und sehbehinderte Menschen, setzt sich allgemein für die Belange dieses Personenkreises ein und fördert deren wirtschaftliche Selbständigkeit. Es finanziert seine Arbeit aus Zinserträgen, Spenden und sonstigen Zuwendungen.

(sn)