Am Hohentwielsteig sollen 340 Flüchtlinge in zwei Containergebäuden untergebracht werden. Foto: Gogol

Auch in Steglitz-Zehlendorf werden neue Flüchtlingsunterkünfte entstehen. Archiv-Foto: Gogol

Das kleine Wörtchen „derzeit“ sorgte am Mittwochabend für großen Streit in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf. Der ging sogar so weit, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU, Torsten Hippe, dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Norbert Buchta „Vertragsbruch“ vorwarf.

Anlass war ein gemeinsamen Antrag von CDU und SPD mit dem Titel „Menschenwürdige Unterkünfte für geflüchtete Menschen“. Wie der Senat vom Bezirk Steglitz-Zehlendorf fordert, werden darin Standorte für Flüchtlingsunterkünfte benannt. Modulare Unterkünfte sollen nach dem gemeinsamen Vorschlag an der Leonorenstraße 17, 33 und 33a, an der Bäkestraße hinter der Nummer 3 und an der Potsdamer Chaussee, ehemals Stauraum Dreilinden, entstehen. Für temporäre Unterkünfte schlagen die Fraktionen die Finckensteinallee 63 sowie am Beelitzhof 24 vor, als Reservestandort ist für eine weitere temporäre Unterkunft Am Beelitzhof II vorgesehen. „Damit“, so heißt es im Dringlichkeitsantrag weiter, „ist die Standortsuche für das Senatsprogramm zum Bau modularer und temporärer Unterbringung im Bezirk abgeschlossen“.

Vor das Wort „abgeschlossen“ sollte nun das Wörtchen „derzeit“ angeschoben werden, schlug die Piratenfraktion vor. Ansonsten würde der Antrag den Eindruck erwecken, dass nun „alles vorbei“ sei. Doch man wisse nicht, ob sich die Flüchtlingssituation wieder ändere. Würden die Flüchtlingszahlen wieder steigen, müsste auch Steglitz-Zehlendorf seinen Beitrag leisten, erklärte Erik Lüders, Fraktionsvorsitzender der Piraten. Darauf reagiere das Wörtchen „derzeit“. Auch Uwe Köhn, Fraktionsvorsitzender der Grünen, betonte, dass ohne das Wörtchen „derzeit“, seine Fraktion sich bei der Abstimmung enthalten werde. Mit „derzeit“ werde man zustimmen, beitreten würden die Grünen aber nicht.

Buchta, der aus dem Zwei-Fraktionen- gern einen Vier-Fraktionen-Antrag machen wollte, war bereit, das Wörtchen aufzunehmen. Es ginge darum, dass die Geflüchteten vernünftig untergebracht und die Turnhallen wieder freigezogen werden, betonte er. Da komme es für ihn nicht auf das Wörtchen „derzeit“ an.

Schon während seiner Ausführungen fiel aus den Reihen der CDU das Wort „Wortbruch“. Persönlich vertragsbrüchig zu werden, warf Hippe dann in seinem Redebeitrag dem SPD-Mann Buchta vor, und bemühte dann wie keiner zuvor das Wort „derzeit“, um seine Position zu vertreten. Mit dem ausgehandelten Antrag werde der Bezirk seiner Verantwortung und Verlässlichkeit gegenüber den Flüchtlingen und „unseren Bürgern“ gerecht, erklärte Hippe. Durch die ausgewählten Standorte würden die Bürger „weitestgehend nicht in ihrem Alltag gestört“. Der Antrag beziehe sich auf das derzeitige Senatsprogramm, auf die derzeitigen Verhältnisse und Bedingungen, unter denen die Standortsuche mit den genannten Grundstücken abgeschlossen sei. Das Wort „derzeitig“ einzubauen bedeute eine unnötige Relativierung und eine Sinnentstellung des eigentlichen Antrages, so Hippe. Beide Seiten warfen sich nun gegenseitig Tricksereien vor und die Bürger zu verwirren. Damit würde der jeweils andere „die Partei fördern, die man hier nicht sehen will“.

Bei der Abstimmung, ob in den Antrag das Wörtchen „derzeit“ eingefügt werden soll, gab es Gleichstand. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Maren Schellenberg hatte den Saal vor der Abstimmung verlassen und so die Patt-Situation erst möglich gemacht. Bei Stimmengleichheit galt der Änderungsantrag der Piraten abgelehnt. Dem Ursprungsantrag von CDU und SPD stimmten nur diese beiden Fraktionen zu, Grüne und Piraten enthielten sich.

(go)