Die Schüler der Carl-von-Linné-Schule (rot) habn zwar noch nie Fußball gespielt, kämpften aber um Platz drei. Fotos: Gogol

„Nicht nur fummeln, Du musst auch schießen“, „Los, weiter nach vorne“, „Gib ab“ – lautstark unterstützten die Schlachtenbummler ihr Fußball-Team beim Biesalski-Cup am Dienstag. Sieben Förderschule mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung aus Berlin traten mit 22 Mannschaften in drei Wettbewerben an: Kleinfeldturnier für die Grundstufe, Kleinfeldturnier für die Oberstufe und ein Rollstuhlfahrerturnier.

Seit fünf Jahren lädt die Biesalski-Schule zu diesem Turnier ein, das eigentlich ein großes, buntes Schulfest ist.

„Wir haben gesehen, dass bei einem ’normalen‘ Turnier unsere Kinder immer den Kürzeren gezogen haben, weil sie körperlich und intellektuell nicht in der Lage waren, mit Gleichaltrigen mitzuhalten“, erklärt die ehemalige Bundesliga-Spielerin und Lehrerin Tanja Walther wie die Idee zu dem Turnier entstand. Auch andere Schulen mit gleichem Förderschwerpunkt seien sofort begeistert gewesen – und die Quentin-Blake-Schule, die zwar keine Förderschule ist, aber mit der Biesalski-Schule kooperiert.

Sport verbindet, sagt Walther deshalb gibt es auch einen Wettbewerb für Rollstuhlfahrer, die mit Spaß und Leidenschaft bei der Sache sind. So wie Gabriel von der Schilling-Schule aus Neukölln. Er ist gern beim Turnier dabei, denn „immer passiert etwas Tolles“. In diesem Jahr hat er ein Tor geschossen – und ist im Übereifer dabei aus dem Rollstuhl gefallen, der dann quasi ohne ihn den Ball ins Tor drückte, erzählt er lachend.

Seine Lehrerin Konstanze Berbig ist ebenfalls begeistert von dem Cup, weil „alle mitspielen können“, so wie Marvin, der in einem elektrischen Rollstuhl sitzt und per Fußbrett spielen kann. „Er ist richtig gut im Blocken“, findet Berbig. Die Stimmung beim Rollstuhl-Team der Schilling ist gut, weil sie auch erfolgreich spielen, sie kämpfen um den dritten Platz, das Kleinfeld-Team spielt sogar um den Sieg mit. Noch besser wäre die Stimmung aber, wenn auch das zweite Rollstuhlteam dabei wäre. Einen Tag vor dem Turnier sagte der Fahrdienst aus Zeitnot den Transport ab. So musste die Schule die Fahrt selbst organisieren, die jüngere Mannschaft hatte dabei das Nachsehen, erzählt Berbig.

„Wir sind Biesalski“

Sobald die Plakate für den Cup hängen, würden die Schüler hibbelig, berichtet Walther. Der Biesalski-Cup schaffe an der Schule ein Wir-Gefühl, eine Identität: „Wir sind Biesalski“, ein Gefühl das noch wochenlang nachhalle. Und Tanja Walther dazu bringt, selbst in ihrem Sabbatical-Jahr quasi als Ehrenamtliche am Turnier teilzunehmen.

Dieser Enthusiasmus springt auch auf die anderen Schulen über. „Die Schüler haben sau Spaß“, sagt Nora Gandre von der Carl-von-Linné-Schule. Die Referendarin sprang kurzfristig für eine Kollegin ein ein und ist zum ersten Mal bei Biesalski-Cup dabei. Dass die Schüler mal rauskommen, mit anderen, ebenfalls motorisch eingeschränkten Kindern zusammentreffen und vor allem ihre Sportbegeisterung ausleben könne, das findet sie toll. Ihre Schützlinge schlagen sich gut, müssen gegen die Schilling-Schule ran, um aufs Treppchen zu kommen. Und das, obwohl die Schüler das erste Mal Fußball spielen und vorher auch nicht trainiert haben. Normalerweise spielen sie Rollstuhl-Basketball, erzählt Gandre. Nach dem Turnier soll entschieden werden, ob an der Schule auch Rollstuhl-Fußball angeboten werden soll. Die Aussichten dafür stehen nach den Spielen sehr gut.

Von Anfang an als Schirmherr dabei ist der ehemaliger Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) Dr. Theo Zwanziger. „Wir haben bei ihm angefragt und er hat sehr schnell Ja gesagt“, so Walther, die dafür ihre alten Kontakte nutzte.

Medaillen für alle

Eine Medaille gibt es für alle, die mitspielen, Pokale für jeweils die ersten fünf Mannschaften – so geht niemand mit leeren Händen nach Hause. Das sei auch ein Zeichen von Wertschätzung, findet die Sportlehrerin.

Das Interesse an dem Cup sei groß, die Schule könnte ihn auch größer aufziehen, sagt Walther. Doch dann könnte er nicht mehr auf dem Schulhof stattfinden – also dort, wo auch der Schulalltag gelebt wird. Ein Umzug aber würde den Charakter des Festes verändern. „Es wäre nicht mehr dasselbe, es wäre nicht mehr Schule“

Seit zwei Jahren gibt es nach dem Turnier auch eine Kinderpressekonferenz, mit der die Themen Inklusion und Nachhaltigkeit vertieft werden sollen. In diesem Jahr stand die PK unter dem Titel „Verantwortung tragen“. Schüler der Biesalski und weiterer Schulen hatten sich vorher darauf vorbereitet, Fragen gesammelt, die sie am Nachmittag an Zwanziger aber auch an den Hockeyolympiasieger Martin Häner und die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, loswerden konnten.

„Verantwortung tragen ist ein wichtiges Thema – im Sport auf dem Platz und daneben“, findet Walther.

(go)