Die Entscheidung: Vassiliadis trifft aus spitzem Winkel zum 2:0 (72.). Foto: Kerstin Kellner

„An das ‚zu null‘ könnte ich mich gewöhnen“, verriet Zehlendorfs Torhüter Philip Sprint vor Wochenfrist, wenige Augenblicke nach dem 1:0-Erfolg gegen den starken Aufsteiger aus Torgelow. Am Samstagnachmittag kam Sprint erneut in den Genuss, seinen Kasten „saubergehalten“ zu haben. Da seine Vorderleute dazu noch zweimal erfolgreich waren, reiste eine gut gelaunte Gruppe aus Frankfurt mit einem 2:0-Sieg und drei Punkten im Gepäck Richtung Berlin.

Schon Tage vor der Partie erreichte die Berliner die Kunde, dass in Frankfurt aufgrund von Pilzbefall des Rasens das „Stadion der Freundschaft“ gesperrt bleiben würde, dafür auf den bei den Spielern ungeliebten Kunstrasen ausgewichen werden muss. „Wenn man mit der richtigen Einstellung zu dem Boden in das Spiel geht, ist es kein Nachteil für uns“, sagte Zehlendorfs Stürmer Sebastian Huke nach Spielende und gab damit gleichzeitig schon den Grund für den Sieg preis: Die Einstellung stimmt bei der „kleinen Hertha“. Trainer Alexander Arsovic war daher sichtlich erfreut: „Wenn meine Mannschaft nur 5 Prozent weniger gibt, reicht es schon nicht. Aber alle haben von Beginn an gut mitgezogen.“

Das Erfolgserlebnis vor sieben Tagen hatte (positive) Spuren hinterlassen. Die Berliner versuchten selbstbewusst über Ballbesitz die Gastgeber nicht ins Spiel kommen zu lassen. Eine erste klare Möglichkeit ergab sich in der 11. Minute: Von Niclas Warwel in Szene gesetzt, wich Huke auf den Flügel aus und flankte von dort maßgerecht auf den freistehenden Marc Zellner, dessen Direktabnahme Frankfurts Schlussmann Schobert aber parieren konnte. Torchancen blieben im ersten Abschnitt weitestgehend Mangelware, die beste Gelegenheit besaß noch Mike Ryberg, der einen Freistoß aus gut 20 Metern knapp am Kasten vorbeisetzte.

Als sich alles auf ein torloses Remis zur Pause eingerichtet hatte, spielten drei Zehlendorfer die Qualitäten aus, für die sie seit Jahren stehen: Rybergs Geschwindigkeit, Warwels technische Raffinesse, Hukes Abgeklärtheit vor dem Tor. Ryberg war am linken Flügel seinem Gegenspieler entwichen, seine Eingabe lenkte Warwel geschickt mit der Hacke auf den freistehenden Huke, der seine Mannschaft per Direktabnahme in Führung brachte: 1:0 (40.).

Zwei Phasen bestimmten das Geschehen nach dem Wechsel: Erst Berliner Überlegenheit, dann Frankfurter dagegenhalten. Als diese jedoch ihre Chancen nicht zu nutzen wussten, fiel auf der anderen Seite die Entscheidung, die an Lothar Emmerichs WM-Treffer anno 1966 erinnerte. Gerade als man sich über einen schlampig ausgeführten (kurzen) Eckstoß des ansonsten erneut sehr starken Timur Gayret („Ich fühle mich in dem Team absolut wohl.“) aufregen wollte, rauschte Zehlendorfs rechter Verteidiger Panagiotis Vassiliadis heran, hämmerte den hoppelnden Ball aus rund 20 Metern direkt in den hinteren Winkel des Frankfurter Gehäuses und krönte damit seine seit Wochen stabilen Leistungen. „Ich wollte den Ball auf jeden Fall scharf hereingeben. Möglichst so, dass er natürlich auch reingehen kann, wenn keiner ihn berührt“, musste er hinterher selbst ein wenig schmunzeln. Torhüter Philip Sprint meinte auf der Heimfahrt dazu scherzhaft: „Pano hat einfach nur Glück gehabt, dass der Ball so platt war, sonst hätte er niemals so getroffen.“

Was Freude machte, war der Auftritt der ehemaligen A-Junioren. Aron Rüb, Gayret und Vassiliadis haben sich inzwischen zu festen Größen entwickelt. Wie Rüb Mitte der zweiten Hälfte in einen Zweikampf ging, stand sinnbildlich für ihren Einsatz. Mit dem Kopf war er einen Schritt eher am Ball als sein Gegenspieler, wurde getroffen und bekam den Freistoß zugesprochen. Hätte er nur einen Bruchteil gezögert, hätte er dieselben Schmerzen davongetragen, doch wäre das Foulspiel von ihm ausgegangen. Verlieren die Jungs nicht die Bodenhaftung (wofür Arsovic schon sorgen wird), werden Zehlendorfs Fußballfreunde noch viel Spaß an den Talenten haben.

Der zweite Sieg in Folge brachte die Zehlendorfer schon wieder in Lauerstellung (Platz 4). Doch sie werden es weiterhin halten, wie vor drei Wochen verkündet: Der Blick auf die Tabelle ist angesichts von sechs Punkten Rückstand auf die Spitze noch kein Thema. Das kann in einigen Wochen schon wieder anders aussehen, treffen doch die vor ihnen liegenden Spitzenteams in Kürze aufeinander. Doch zunächst empfängt die „kleine Hertha“ am kommenden Sonntag im Pokal den aufstrebenden ehemaligen Bundesligisten Blau-Weiß 90 (Ernst-Reuter-Stadion, 14:00 Uhr). Steht zur Freude von Hertha 03-Schlussmann Sprint wieder die „Null“, ist ihm zumindest eines schon einmal sicher, bei dem er im Mittelpunkt stehen würde: Ein Elfmeterschießen. Huke & Co. haben es in den Füßen, ihn davor zu bewahren.

(ok)