Kommentar: GRÜNE Parkplätze auf dem Kranoldplatz

Kommentar: GRÜNE Parkplätze auf dem Kranoldplatz

Kranoldplatz, Foto: Stephan Voß

 

Ein Kommentar von Stephan Voß

Nach den Wahlen im Februar 23 haben sich GRÜNE, SPD und FDP in Steglitz-Zehlendorf darauf geeinigt, ihre bereits bestehende Zählgemeinschaft auf der Grundlage des bisherigen Zählgemeinschaftsvertrages fortzusetzen. Diesen Vertrag haben sie allerdings im Rahmen einer Zusatzvereinbarung „aktualisiert“, in der sich auch die GRÜNEN zum Erhalt sicherer und bequem erreichbarer Parkplätze auf dem künftig neu zu gestaltenden Kranoldplatz bekennen (lesen Sie hier unseren Bericht). Dieses Bekenntnis mag verwundern, es ist jedoch nicht so erstaunlich, wie man vielleicht meinen könnte.

Zwar haben sich die GRÜNEN bereits 2021 dazu bekannt, die Aufenthaltsqualität auf dem Kranoldplatz erhöhen zu wollen, aber sie hatten bis zu den Wahlen im Februar 23 nie öffentlich erklärt, wie genau der Platz aus ihrer Sicht umgestaltet werden sollte. Zu der Frage, ob der Platz künftig autofrei sein sollte oder nicht, hatten sie sich dementsprechend ebenfalls nicht positioniert. Daran konnte auch eine Bitte der Initiative Lebenswerter Kranoldplatz, dies ihr gegenüber schriftlich zu tun, nichts ändern. Sie haben diese Bitte zunächst schlicht ignoriert und dann zu guter Letzt ausgeschlagen.

Diese Strategie der GRÜNEN, sich nicht festzulegen, nichts Konkretes zur Zukunft des Platzes zu sagen, ist für Bürgerinnen und Bürger ärgerlich. Für viele Wählerinnen und Wähler ist sie enttäuschend. Niemand weiß, was von dieser Partei in Bezug auf die Zukunft des Kranoldplatzes zu erwarten ist. Für die GRÜNEN selbst aber hat sie sich nach der Wahl im Februar dieses Jahres ausgezahlt:

Ihre Entscheidung, sich gemeinsam mit SPD und FDP für sichere und bequem erreichbare Parkplätze auf dem Kranoldplatz und damit für den motorisierten Individualverkehr einzusetzen, stellte so keinerlei Wortbruch dar: Sie hatten ja schließlich nie gesagt, dass der Kranoldplatz autofrei werden solle. Und weil sie in puncto Parkplätze auf dem Kranoldplatz nie Farbe bekannt hatten, konnten sie sich auch mühelos und vermeintlich ohne Gesichtsverlust den antiquierten Verkehrskonzepten von SPD und vor allem von der FDP unterwerfen und unter anderem dadurch sicherstellen, dass sie jetzt wieder die Bezirksbürgermeisterin stellen. Dabei hat die FDP bei den Wahlen zur BVV 2023 mehr als dreimal weniger Stimmen erhalten als die GRÜNEN (nämlich gerade einmal 6,5 %) und war dazu noch gemeinsam mit der SPD mit jeweils – 2,9 % der Stimmen Wahlverlierer bei dieser Wahl.

Dass sich die GRÜNEN für den Erhalt von Parkplätzen auf dem Kranoldplatz entschieden haben – und zwar im Wissen darum, dass es in den Parkhäusern im Zentrum von Lichterfelde Ost an jedem Wochentag mehr als genug freie Parkplätze gibt – ist nicht nur ärgerlich. Es ist Besorgnis erregend: Denn die GRÜNEN in Steglitz-Zehlendorf sind offenbar nicht bereit, sich mit Erkenntnissen und Argumenten der Wissenschaft (TU Berlin) und engagierter Bürgerinnen und Bürger (Initiative Lebenswerter Kranoldplatz) zur Parkplatzsituation in Lichterfelde Ost auseinanderzusetzen. Mit Argumenten im Übrigen, die sich in vielen Fällen aus dem auch von den GRÜNEN beschlossenen Mobilitätsgesetz Berlin ergeben, in dem es nicht nur heißt, dass bei der Umgestaltung von Plätzen zu prüfen ist, ob diese als Ort der Begegnung, des Verweilens, der Erholung, der Kommunikation und des Spielens genutzt werden können, sondern auch, dass deren soziale, stadtkulturelle und klimawirksame Bedeutsamkeit berücksichtigt werden soll. Ein solch ignorantes Verhalten der GRÜNEN verheißt für die Zukunft nichts Gutes. Jedenfalls lässt sich der von ihnen in der Zählgemeinschaftsvereinbarung von 2021 versprochene Aufbruch in die Verkehrswende so sicherlich ebenso wenig zum Erfolg bringen, wie der dort ebenfalls versprochene nachhaltige Aufbruch in die Klimaneutralität.

Und nicht zuletzt gilt dies auch für den an derselben Stelle versprochenen Aufbruch in eine neue Kultur der Beteiligung: Die GRÜNEN erachten es nämlich sogar trotz der vielen positiven Stimmen für einen autofreien Kranoldplatz offenbar nicht für nötig, zu der für die Gestaltung des Platzes durchaus entscheidenden Frage, nämlich ob es dort künftig noch Parkplätze geben soll oder nicht, zunächst einmal im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens ein Votum der Bürgerschaft einzuholen. Nein, sie haben sich entschieden: Bürgerinnen und Bürger werden vor vollendete Tatsachen gestellt.

Was können eigentlich Initiativen, was können Bürgerinnen und Bürger, die sich für die Verkehrswende, für Klimaneutralität, für die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes und für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in den Kiezen hier in Steglitz-Zehlendorf einsetzen, von den hiesigen GRÜNEN noch erwarten? Aktuell offenbar nicht viel. Wurden die GRÜNEN einst als Garanten einer ökologischen, klimafreundlichen, nachhaltigen sowie menschen- und nicht autogerechten Entwicklung wahrgenommen, die vor allem auch entsprechende Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern aus dem parlamentarischen Raum heraus unterstützen, laufen sie heute Gefahr, in dieser Funktion nicht mehr ernst genommen zu werden und nicht wenige Wählerinnnen und Wähler zu verlieren.

 

 

Stephan Voß

Der Autor ist ehrenamtliches Mitglied des Redaktionsteams der Stadtrand Nachrichten.
Er ist außerdem Gründungsmitglied der Initiative Lebenswerter Kranoldplatz.

 

 

 

 

 

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