Die Rothenburg-Grundschule ist Denkmal des Monats im Oktober. Foto: Denkmalschutzbehörde

 

Will eine Gemeinde hoch hinaus, baut sie. Der Trend geht zum Flughafen. Früher reichte auch Frugales. Steglitz, die (aller) Größte im Landkreis (Teltow) baute 1910/11 ihre „Königliche Einkommenssteuer-Veranlagungs-Kommission“, später auch als Finanzamt bekannt, ehemals Quelle kommunalen Wachstums. Der Gebäudekomplex ist im Oktober das Denkmal des Monats.

Unweit des Rathauses am Fuß des Fichtenbergs entstand neben dem Mädchen-Gymnasium ein großer dreigeschossiger Verwaltungsbau mit malerischen Dreiviertelsäulen, sgraffitoverzierten Pilasterordnungen und allerlei Motiven des Bauens um 1800. Die Gemeinde, die sich ja eigentlich als Stadt verstand, hatte für diese Aufgabe ihren eigenen Baumeister, Hans Heinrich Müller. Alle seine Werke, die er vor dem Ersten Weltkrieg realisieren konnte, zeugen von sicherem Gestaltungswillen und feiner Architektursprache: das Kraftwerk in der Birkbuschstraße, der Wasserturm auf dem Steglitzer Friedhof, die Schulen in der Rothenburg- und Gritznerstraße und nicht zuletzt das kleine aber feine Schlossparktheater.

Die Inschrift zeugt von der Vergangenheit des Hauses. Foto: Denkmalschutzbehörde

Das Finanzamt wuchs in einem Neubau der Nachkriegsmoderne am südlichen Ende der Schloßstraße in bis dato unerreichbare Höhen, während das alte mehr schlecht als recht seine Amtsdienste leistete. In den letzten vierzig Jahren gab es in dem Gebäude außer brökelndem Putz kaum Bewegung, geschweige denn ordentliche Bauunterhaltung.

Oft machen Kinder aus der Not eine Tugend. Dank der benachbarten Schule und ihrer Umstrukturierung als Ganztagsbetrieb gab es vor zehn Jahren einen großen Bedarf an weiteren Betreuungseinrichungen. Das bedeutete für das ehemalige Amtsgebäude eine statische Ertüchtigung der Geschossdecken vor einem Umbau in Klassen- und Lehrerzimmer. Die bauzeitlichen Treppenhäuser mit ihrem wilhelminischen Finanzamts-Dekor wurden pfleglich während der Rohbauphase geschützt und denkmalgerecht restauriert. Heute sind es Flucht- und Nebentreppenhäuser.

Vor der Sanierung. Foto: Denkmalschutzbehörde

Als behindertengerechte Haupterschließung plante das Büro Aukett und Heese auf der Rückseite den Anbau eines zweigeschossigen Erschließungswürfels, der sich sehr deutlich von dem Altbau absetzt. Für die denkmalrelevanten Detaillierungen an den Fassaden und im Inneren zeichnete Georg Wasmuth verantwortlich. Besonders beeindruckt die behutsame Putzsanierung unter großflächiger Berücksichtigung des Altbestandes, vor allem der Sgraffitos. Auch die Aufarbeitung der bauzeitlichen Verbundfenster in den Erkern zeugt von dem sensiblen Umgang mit dem Bauzeugnis.

Der eigentliche Um- und Ausbau zur Schule dauerte rund sechs Jahre und konnte im Sommer 2013 für die
Inbetriebnahme freigegeben werden. Allein die straßenseitigen Vorgärten warten noch heute auf ihre gestalterische Vollendung.

 

(Dr. Jörg Rüter, Denkmalschutzbehörde)