Vor den Häusern der klagenden Anwohner versuchte sich das Gericht ein Bild von den Geruchs- und Lärmbelastungen zu machen. Foto: Gogol

Es ist eine Geschichte ohne Ende: Zuerst wird in der Nähe von teilweise Jahrzehnten bestehenden Sportanlagen, Kinderspielplätzen oder anderen Einrichtungen gebaut – und dann klagen anschließend die neuen Anwohner wegen Lärm. Derzeit kommt in Dahlem ein neues Kapitel dazu, dieses Mal betroffen ist die Freie Universität. Die betreibt in Dahlem seit den 1960er Jahren ein Veterinärmedizinisches Institut. Dort werden derzeit zehn Hunde, zwei Pferde, eine Kuh und mehrere Schafe gehalten. 2006/07 wurden an der Edwin-Redslob-Straße, an der Rückseite des Instituts, neue Häuser errichtet. Einige der Eigentümer klagten nun gegen die wissenschaftliche Einrichtung wegen des Lärms und der Geruchsbelastung.

Bei Erwerb der Häuser habe man die Situation so nicht erkannt, erklärte der Anwalt der drei Familien, Christian Weitzberg. Seine Mandanten fordern, dass die Belästigungen abgestellt werden sowie eine Entschädigung. Eine Forderung, die die FU zurückweist. Sehenden Auges seien die Kläger die Nähe des Instituts gezogen, so Rechtsanwalt Dr. Remo Klinger. Die FU habe alles getan, was nötig ist, die gesetzlichen Grenzwerte für Lärm und Geruch würden eingehalten.

Am Mittwoch machte sich das Verwaltungsgericht bei einem Vor-Ort-Termin selbst ein Bild von der Lage. „Wir wollen hören und riechen“, sagte der Vorsitzende Richter. Doch zunächst gab es weder etwas zu hören noch zu riechen. Vor den Häusern der klagenden Anwohner hatte sich das Gericht versammelt. Von dort aus sind es nur vier Meter bis zur Dunggrube des Veterinärmedizinischen Instituts – der Ursache für Gestank und Fliegen. Doch selbst als die Grube hinter dem Zaun geöffnet wurde, nahmen die Beteiligten den Geruch kaum war. Das liege daran, dass die Grube am Montag geleert worden sei, so die Kläger. Doch den Vorwurf, hier falsche Tatsachen schaffen zu wollen, wies die Gegenseite zurück. Man habe bei der regelmäßigen Leerung, die am Montag stattgefunden habe, sogar die Hälfte in der Grube belassen, betonte der Rechtsanwalt Dr. Remo Klinger. Auch darüber, wie lange die Grube geöffnet sei, gab es unterschiedliche Angaben. Einmal in der Woche für maximal eine Stunde, an den anderen Tagen fünf bis zehn Minuten, erklärte die Leiterin des Instituts. Täglich ein bis zwei Stunden, sagte ein Anwohner, der als Zeuge zugegen war.

Auch Hundegebell war kaum zu hören. Es seien zu wenig Hunde im Auslauf, monierten die Anwohner. Telefonisch wurden die Pfleger angewiesen, dafür zu sorgen, dass die Beagle ins Freie gehen. Doch auch dann war kaum ein Bellen zu vernehmen. So ähnlich sei es auch gewesen, als die Gutachten erstellt wurden. Die Hunde hätten jedes Mal animiert werden müssen, um zu bellen, entnahm der Richter seinen Akten.

Das sei aber nicht typisch, betonten die Anwohner, weder was den Geruch, noch was den Lärm anginge. Das sei nur eine Momentaufnahme. Bereits morgens um fünf Uhr würden die Hunde beginnen, zu bellen, sagte eine Anwohnerin.

Rechtsanwalt Klinger warf den Klägern vor, dass es ihnen gar nicht um eine Einigung ginge, sondern darum, dass Hunde und Dunggrube verschwinden. Seit 2008 würden die Anwohner immer wieder rügen. Auf alles hätte die FU reagiert, doch die Nachbarn gäben keine Ruhe. „50.000 Euro hat die FU aufgewendet, um den Klägern gerecht zu werden“, sagte Klinger – Gutachten besagten, dass alle Grenzwerte eingehalten würden. „Was sollen wir denn noch machen?“, fragte der Rechtsanwalt.

Doch auch die Werte der Gutachten stellten die Anwohner infrage.

Der Richter sah den Konflikt vor allem als Folge einer verkehrten Bauleitplanung. Die Häuser seien zu dicht an die Grundstücksgrenze gebaut worden. „Wenn ich ein Haus zu dicht an eine emmitierende Anlage baue, bin ich rücksichtslos“, erklärte der Richter, der aber auch der FU vorwarf, versäumt zu haben, gegen die Baugenehmigung vorzugehen.

Nach einem Rundgang über das Gelände des Veterinärmedizinischen Instituts wies der Richter die Klage der Anwohner ab, da eine erhebliche Belästigung im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes nicht vorliege. Angesichts der aufeinanderstoßenden unterschiedlichen Nutzungen – Wohnen auf der einen und „gewerbliche“ Nutzung auf der anderen Seite – sei ein lärmschutzrechtlicher Mittelwert zu bilden, der in diesem Fall „zu keinem Zeitpunkt nachweislich überschritten“ gewesen sei. Auch die Nutzung der Dunggrube sei hinzunehmen, weil die dadurch verursachten Geruchsimmissionen die Werte der Geruchsimmissionsrichtlinie ersichtlich nicht überschreite.

(go)