Eigenbedarfskündigung: Kindertagespflege droht das Aus

Eigenbedarfskündigung: Kindertagespflege droht das Aus

Die Erzieherinnen Rebecca Gerdel-Ruzza (links) und Jenny Wolff (rechts) wollen die Hoffnung nicht aufgeben. Foto: Tagespflege Wackelzahn/privat

 

 

Nur zwei Jahre nach der Eröffnung der Kindertagespflege „Wackelzahn“ erscheint den Erzieherinnen vor Ort die Situation aussichtslos. Die Einrichtung, in der ein besonderer Fokus auf Rückstellerkinder gelegt wird, findet nach der Kündigung des Vermieters keine neuen Räumlichkeiten. Und die Zeit drängt.  

Der Gewerbemietvertrag der Kindertagespflege endet im September 2024. Von der Kündigung wissen die Verantwortlichen, Rebecca Gerdel-Ruzza und Jenny Wolff, erst seit Ende Januar. Seitdem suchen sie fieberhaft nach Ersatz. Um die vorschulische Einrichtung weiterbetreiben zu können, benötigt es einigen Vorlauf und frühe Gewissheit. Erzieherin Rebecca Gerdel-Ruzza erklärt: „Wir brauchen bis Ende April neue Räumlichkeiten, da aufgrund der besonderen Thematik leider nicht mehr Zeit zur Verfügung steht, um einen reibungslosen Übergang ab August für eine neue Gruppe schaffen zu können.“ Die Rückstellerkinder, die derzeit in der Kindertagespflege sind, werden Ende Juli verabschiedet. Die nächste Gruppe würde ab August in die Kindertagespflege kommen. Doch was sollen die Erzieherinnen interessierten Eltern sagen, wenn nicht sicher ist, dass es weiterhin einen Ort zur Betreuung geben wird? Sollten sie keine neuen Räume finden, würde für die Kinder wieder die Schulpflicht gelten.

Die Wackelzähne sind einzigartig in Berlin

Rückstellung bedeutet, dass schulpflichtige Kinder auf Antrag der Erziehungsberechtigten von der Schulbesuchspflicht um ein Jahr zurückgestellt werden, wenn der Entwicklungsstand des Kindes eine bessere Förderung in einer Einrichtung der Jugendhilfe erwarten lässt. In der Regel erfolgt sie aufgrund der Empfehlung eines Arztes oder einer Ärztin im Rahmen der Schuluntersuchung. Die Kindertagespflege Wackelzahn, in der mit den Kindern Vorschularbeit geleistet wird, ist besonders spezialisiert. Zwar gibt es Kitas und Kindertagespflegestellen, in denen Rückstellerkinder betreut werden. Dabei handelt es sich aber um Kinder, die zuvor schon dort betreut wurden. Die Kindertagespflege Wackelzahn nimmt jedoch als einzige Einrichtung in Berlin Kinder auf, die zurückgestellt wurden und zuvor nie eine Kita besucht haben.

Kindertagespflege startete als Pilotprojekt

Rebecca Gerdel-Ruzza und ihre Kollegin Jenny Wolff haben das, was im Jahr 2022 als Pilotprojekt gestartet ist, fortgeführt. Die Erzieherinnen fördern dabei nicht nur die Kinder mit besonderem Förderbedarf innerhalb des zusätzlichen Jahres bis zum Schuleintritt, sondern begleiten auch die Eltern dabei. Die Kindertagespflege wird vom Jugendamt Steglitz-Zehlendorf finanziert und gefördert. Unterstützt werden die Erzieherinnen in ihrer täglichen Arbeit vom Kinder- und Jugendpsychatrischen Dienst (KJPD) und dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD).

Die Situation scheint aussichtslos

Gegen die Kündigung vorzugehen ist keine Option. Das Jugendamt habe sie auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen lassen, so Erzieherin Wolff. Auch die übrigen Möglichkeiten haben bisher nicht zu einer Lösung der Raum-Problematik geführt. „Wir haben bisher keine Möglichkeiten ausgelassen, um Hilfe zu erhalten. Wir haben Kontakt zu Politikern und Bezirksstadträten, aufgenommen. Wir haben Träger und Kirchen angeschrieben. Auch auf den sozialen Netzwerken wie nebenan.de und in Facebook-Gruppen haben wir unser Gesuch geteilt. Zudem kontaktieren wir Immobilienanbieter. Und auch privat mobilisieren wir alles, was möglich ist“, listen die Erzieherinnen auf. Bisher habe es drei Angebote gegeben. Eines war Wohneigentum. Hier scheiterte die Vermietung an den Formalitäten – der Eigentümerin war der Aufwand zu groß, um zu prüfen, ob für die Wohnung ein Gewerbemietvertrag ausgestellt werden kann. Die anderen beiden Angebote verfügten nicht über die notwendigen Fluchtwege. Unterstützung bei der Suche erhalten die Erzieherinnen von der Bezirksverordneten in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf, Ute Hahnfeld (CDU), und dem Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Soziales, Tim Richter (CDU). Beide haben Immobilienmakler für die Suche akquiriert. Die Anmietung scheiterte in der Regel an zwei Faktoren. „Es waren meistens die finanziellen Vorstellungen der Vermieter oder die Beschaffenheit der Räumlichkeiten.“, erzählt Gerdel-Ruzza. Aus Sicht des Bezirksstadtrats Tim Richter, so erzählt es die Erzieherin, sei die vom Jugendamt vorgegebene Maximalhöhe der Warmmiete das größte Problem.

Welche Eckdaten die Räume haben müssen

Gesucht werden Räumlichkeiten im Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Die Kindertagespflege benötigt mindestens zwei Zimmer mit insgesamt fünfundvierzig Quadratmetern, einem Flur, einer Küche und einem Bad, jeweils mit separaten Zugang. Insgesamt sollten die Räumlichkeiten mindestens fünfundsiebzig Quadratmeter messen und nicht mehr als 1600 Euro an Warmmiete kosten. Sie müssen sich im Erdgeschoss, Hochparterre oder Souterrain befinden. Besonders wichtig: Jeder Raum muss einen für Kinder geeigneten Fluchtweg bieten. Aus diesem Grund müssen alle Räume über mindestens ein Fenster verfügen. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um Gewerberäume handeln. Auch privater Wohnraum, für den ein Gewerbemietvertrag ausgestellt werden darf, ist eine Möglichkeit für die Kindertagespflege Wackelzahn. Nicht zwingend, aber wünschenswert wäre, so die beiden Erzieherinnen, wenn sich die neuen Räume möglichst zentral befinden würden, oder gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen wären.

Kontakt:
Per E-Mail an: Verbund-Wackelzahn@web.de 

Junia Greb-Georges 

 

 

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