Passend zur Weihnachtszeit beschenkte sich die Zehlendorfer Oberligamannschaft, FC Hertha 03,  selbst mit dem Titel eines inoffiziellen Herbstmeisters, auch wenn es noch etwas Schützenhilfe durch Hertha 06 bedarf. Eine Niederlage gegen Fürstenwalde mit sechs Toren Unterschied, würde das Tabellenbild an der Spitze noch verändern. Unabhängig davon dürfen die Südberliner stolz auf die Leistungen der Hinrunde sein, schließlich ist man mit den erreichten 35 Punkten einen Punkt besser als der letztjährige Herbstmeister Luckenwalde.

Die Zehlendorfer haben es augenscheinlich geschafft, das heimische Ernst-Reuter-Stadion zu einer Festung auszubauen. Nur Neubrandenburg konnte etwas an den Mauern kratzen und einen Punkt entführen, die anderen sieben Gegner mussten unverrichteter Dinge wieder abreisen. Der geneigte Zuschauer, Fan und Sympathisant kann eigentlich mit einer gewissen Nonchalance die Heimspiele besuchen, denn auch wenn es anscheinend nicht rund läuft, sogar Elfer verschossen werden, irgendeiner der Blau-Blau-Weißen wird irgendwann im Verlauf des Spieles zünden und die Erfolgsgeschichte am Siebenendenweg weiterschreiben. Auch der letzte Gegner im Jahr 2015, der SV Altlüdersdorf, konnte an der eindrucksvollen Serie der Zehlendorfer nichts ändern.

Es lag bestimmt nicht nur an der gestiegenen Erwartungshaltung der heimischen Mannschaft, die sich lähmend auf viele Aktionen der Spieler auswirkte; vielmehr machte der Gegner den Hausherren mit einer defensiven und kämpferischen Einstellung das Leben schwer. Mit zwei tiefstehenden Viererketten wurden die Räume für die schnellen Zehlendorfer Angreifer verengt, und auch das ungenaue Passspiel im Spielaufbau spielte den Gästen in die Karten. In der ersten halben Stunde kam der Favorit nur ganze dreimal in die Nähe des Gästetores.

Cüneyt Top wirkte in der achten Minute beim Abschluss zu zögerlich und konnte erfolgreich gestört werden. Nach viel Leerlauf und zerfahrenem Spiel versuchte sich Burak Mentes in der 28. Minute mit einem Torschuss, der aber für Torhüter Youngs Itri zur sicheren Beute wurde, und zwei Minuten später wurde ein Distanzschuss durch Darius Niroumand zur Ecke abgefälscht. Danach wurden auch die Gäste etwas mutiger und hatten in der 32. Minute nach einem langgezogenen Freistoß auf den zweiten Pfosten durch Lucas Groth ihre erste Torannäherung.

Beim schnellen Gegenzug der Zehlendorfer wurde Cüneyt Top im Strafraum umgerissen, und Schiedsrichter Tim Kohnert (Ballenstedt) zeigte auf den Kreidepunkt. Torhüter Itri, der lange stehen blieb, konnte dann allerdings den schwach geschossenen Elfmeter durch Burak Mentes halten. Das Nervenkostüm bei H03 flatterte weiter und beinahe hätte man noch vor der Pause einen Rückstand hinnehmen müssen. Der vermeintliche Führungstreffer für die Gäste durch den emsigen Ricky Djan-Okai fand aber wegen einer Abseitsstellung keine Anerkennung.

Drei Minuten nach Wiederbeginn stand wieder Djan-Okai im Mittelpunkt, freistehend kam er aus fünf Metern zum Kopfball, doch Nico Hinz im Zehlendorfer Tor war aufmerksam und konnte den Ball sicher halten. Die Hausherren wirkten weiter sehr verkrampft, eine gewisse Ungeduld machte sich breit und führte dabei zu überhasteten Aktionen.

In der 58. Minute wich endlich die Anspannung, sowohl bei den Zuschauern, als auch bei den Zehlendorfer Spielern. Herthas treffsicherster Spieler, Efräim Gakpeto, zeichnete sich diesmal als Vorbereiter des Führungstores durch Cüneyt Top aus. Mit einem genialen Zuspiel , legte er den Ball Top in den Lauf, der sich zwischen zwei Gegenspieler durchmogelte und die Kugel gegen die Laufrichtung des Torhüters in die entfernte Ecke schob. Kurz danach hatte Gakpeto nach einem Sololauf die Vorentscheidung auf dem Fuß, der Ball rauschte aber am Pfosten vorbei ins Aus.

Durch die denkbar knappe Führung war das Spiel nun kaum noch an Spannung zu überbieten. Die Gäste witterten noch einmal Morgenluft, und mit der Einwechslung des ehemaligen Zehlendorfer Juniorenspielers Necmi Ulucay brachte Trainer Miroslav Jagatic eine frische Offensivkraft, der für weitere Unruhe in der Hintermannschaft des Tabellenführers sorgen sollte. In der 70. Minute dribbelte sich Ulucay fast ungestört bis an die Fünf-Meter-Linie durch, beim Abschluss fehlte dann allerdings die nötige Konzentration, und schließlich musste sich Hinz in der 86. Minute richtig langmachen, um einen gefährlichen Flugball Ulucays über die Latte zu lenken.

In der Nachspielzeit überschlugen sich dann nochmal die Ereignisse. Erst machte Niclas Warwel mit seinem siebten Saisontreffer in der 91. Minute „den Sack zu“ und unmittelbar danach zeigte Schiedsrichter  Kohnert das berühmte Fingerspitzengefühl, als er dem Gästespieler Sebastian Gigold nach bösen Foul an Rohrecht und dem mehr als wütenden Mentes „nur“  die Gelbe Karte unter die Nase hielt.

Hertha 03 spielte mit: Hinz – Thokomeni Siewe, Schröder, Özdal, Ryyberg – Mentes, Dombrowe, Niroumand, Top (86. Unger) – Gakpeto (78. Robrecht), Warwel (90.+1 Agyei-Yeboah)

Tore: 1:0 (58.) Top, 2:0 (90.+1) Warwel

(hain/h03)