Die Grafik vom Berliner Schienennetz, dem so genannten Pilzkonzept,
zeigt die Entlastung durch die Stammbahn-Wiederbelebung. Foto: Gesine Michalsky

Die Wiederbelebung der Stammbahnstrecke ist zum Greifen nah – das sagte der Konzernbeauftragte der Deutschen Bahn, Alexander Kaczmarek, beim Mobilitätsforum im Kleinmachnower Rathaus.

Eingeladen hatte der Sprecher der AG Mobilität TKS/Berlin Südwest, Peter Weis. Die Diskussion um die Stammbahn prägte die Veranstaltung. „Eine der am stärksten wachsenden Regionen Deutschlands ist ein riesiges Nahverkehrsloch – soll das so bleiben?“ – Unter diesem Motto luden die Zehlendorfer und Kleinmachnower LINKEN eine Woche später gleich wieder ins Rathaus. Dass Kleinmachnow einen Bahnanschluss braucht, darüber herrschte Einigkeit. Bürgermeister Michael Grubert begrüßte ausdrücklich den Vortrag von Alexander Kaczmarek und forderte den stärkeren Einsatz von Bund und Ländern. „Bis 2040 sollte die Schienenanbindung auf der Stammbahn-Trasse fertig gestellt sein.“

Mit der Korridor-Untersuchung i(nnovatives)2030, die die Länder Berlin und Brandenburg sowie die Deutsche Bahn und der vbb unterschrieben haben, wird die zweite Wirtschaftlichkeitsstudie ermöglicht. Die Verkehrsströme sechs unterschiedlicher Varianten des Korridors auf der Stammbahn-Strecke werden verglichen. Ob eine Regionalbahn-Verbindung zwischen Brandenburg/Havel und Berlin (Hbf.) mehr Kunden anspricht, als eine S-Bahn-Linie, soll so geklärt werden. Als Variante geprüft wird auch der sogenannte Ringschluss mit Kreuzungsbahnhof im Europarc. „Über Geld werde man später reden, jetzt werden Verkehrsströme betrachtet“, sagte Thomas Dill vom vbb. Das derzeitige Verfahren habe Modellcharakter, denn man könne auf fertige Planungen zurückgreifen, sobald der Bund Geld zur Verfügung stelle.

Bereits völlig überlastete Straßen, Schienenwege und weitere Bevölkerungswachstumsprognosen im Großraum Berlin machen es erforderlich, dass die Bahn ihr Netz ausbaut, weil der Verkehr auf der Straße und auf der Schiene bereits jetzt an seine Grenzen stößt. Alexander Kaczmarek war es so wichtig, in Kleinmachnow zu erklären, warum die Stammbahn-Trasse so dringend gebraucht wird, dass er seinen Urlaub verschob. Es seien die unglaublich vollen Regionalzüge auf der Stadtbahn, die Entlastung brauchen. Pendler aus dem Umland, aus Werder oder der Stadt Brandenburg drängen auf eine zweite Ost-West-Achse.

„Beim Vergleich der Reisezeiten wollen die Menschen nicht mehr Autos oder andere skurrile Fahrmittel nutzen“, versicherte der Bahnmanager. „Kleinmachnow ist ähnlich strukturiert wie Zehlendorf und da käme auch keiner auf die Idee, auf die S1 verzichten zu wollen.“ Güterverkehr werde auf dieser Strecke quer durch Berlin nicht abgewickelt. Kurzfristig könne er sich vorstellen, die Situation der Pendler mit einer Regionalverbindung von Wannsee über Mexikoplatz und weiter auf der Stammbahn bis Hauptbahnhof zu verbessern. Die Strecke ohne einen Halt im Europarc oder in Kleinmachnow wiederzubeleben, sei aber undenkbar. Steglitz-Zehlendorfs Bürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) zeigte sich skeptisch, weil die Züge nur durch Zehlendorf durchfahren könnten. Ähnlich sah es der Landschaftsschutzverein.

Die Gegner der Stammbahn kritisierten die Pläne sogar als Steuerverschwendung. Ende 2018 hofft die Bürgerinitiative pro Stammbahn auf erste Ergebnisse der Korridor-Untersuchung.

Gesine Michalsky, BÄKE Courier vom 27. März 2018