Christian Simon hat ein Buch über die Geschichte Zehlendorfs geschrieben. Foto: Gogol

Wald und Wasser, Villen und Wissenschaft, Ufa-Stars und Nazi-Größen – der Ortsteil Zehlendorf hat viel zu bieten, vor allem viel Geschichte. Diese erzählt jetzt Christian Simon in seinem neuen Zehlendorf-Buch.

Bereits 1997 hat der Steglitzer sich der Geschichte seines Heimatbezirks gewidmet. Als 2012 die Neuauflage von „Steglitz – Zwischen Idylle und Metropole“ anstand, wollten sich Autor und Verlag nun auch dem anderen Teil von Steglitz-Zehlendorf widmen.

Das Buch beginnt bei den frühsten Anfängen, bei der Eiszeit, denen Zehlendorf Böttcherberg und Hirschberg, Schlachtensee und Krumme Lanke zu verdanken hat. Das zu recherchieren war für den studierten Geografen kein Problem, zumal es auch nicht das erste Buch ist, in dem sich der Heimatforscher mit dieser Zeit befasst. Simon berichtet über die Besiedlung der Dörfer Schönow, Stolpe und Dahlem, dem Bau der heutigen Bundesstraße 1, führt die Leser zum Jagdschloss Grunewald und dem Rittergut Düppel. Der Leser erfährt, wie aus dem Dorf Zehlendorf ein Berliner Vorort wurde, wie ländliche Wohngebäude großen Mietshäusern weichen mussten. Simon erinnert aber auch an die Bewohner, etwa die Schauspieler Johannes Heesters, Heinz Rühmann und Heinrich George, die sich im Zehlendorf niederließen, und an die jüdischen Einwohner, die aus ihren Villen am Wannsee vertrieben wurden. Auch die Zeit als amerikanischer Sektor wird dargestellt. Simon nimmt sich jeden Ortsteil einzeln vor und landet schließlich im diplomatischen Viertel in Dahlem, wo er seine Reise durch die Historie beendet.

Das Buch zu füllen, sei kein Problem gewesen. Er musste eher kürzen und zusammenfassen, um die Geschichte Zehlendorfs auf rund 160 Buchseiten zu bringen. „Das Buch hätte dreimal so dick werden können“, sagt der Autor. Deshalb sei manches zu kurz gekommen, bedauert Simon. Etwa die Avus, deren Bau er nur in einem halben Nebensatz erwähnt, ebenso das Hahn-Meitner-Institut, der Wannseer Forschungsreaktor fehlt ganz.

Doch auch für jemanden, der sich so gut auskennt wie Simon, gab es noch Überraschungen. Dass der Schauspieler Paul Hörbiger in der Glockenstraße lebte, erfuhr er erst durch eine Radio-Reportage, die er im Internet fand.

Lange recherchieren musste Simon für sein Buch nicht, wie er erzählt. Denn bereist vor zehn Jahren brachte der Heimatkundler ein Lexikon über Steglitz-Zehlendorf heraus. Die Fakten musste er nur noch in chronologische Reihenfolge bringen und, wenn nötig, aktualisieren. Das habe mehr Zeit in Anspruch genommen, als er gedacht habe, gesteht der Steglitzer. Auch Bilder mussten gesucht werden. Zahlreiche Fotos im Buch stammen von Jörg Becker, der historische Postkarten sammelt. Andere machte Simon selbst, wenn er die Orte der Geschichte noch einmal aufsuchte, um sie sich zu vergegenwärtigen.

Die Leidenschaft für die Heimatgeschichte wurde bei Simon schon in der Schule geweckt, erzählt er. Zum 100. Geburtstag seiner Grundschule sollte er damals für die Festschrift einen Text über die Geschichte der Schule beitragen. „Ich habe mit dem Pfarrer gesprochen und in alten Zeitungen gelesen“, erinnert sich der 53-Jährige. Und er recherchierte weiter. Aus der Historie seiner Schule wurde die Geschichte des Ortsteils Lichterfelde, die der 17-Jährige dann auch abschnittsweise in der Bezirkszeitung veröffentlichte. Er trat dem Steglitzer Heimatverein bei, schrieb für Lokalzeitungen über die Geschichte des Bezirks und hatte irgendwann so viel Material zusammen, dass es für das bereits erwähnte Lexikon reichte. Allein die Verlage waren nicht interessiert – jedenfalls nicht an einem Lexikon, aber an einer chronologischen Ortsgeschichte. So machte sich Simon an die Arbeit für sein Steglitz-Buch. „Nachdem das Buch fertig war, dachte ich: Nie wieder“, erzählt er heute lachend. Der Lektor habe damals sehr in sein Manuskript eingegriffen, habe rund zwei Drittel des Buches gekürzt, das habe ihn damals verärgert. Heute, als Inhaber eines eigenen kleines Verlages, sieht er das mit anderen Augen, weiß um die wirtschaftlichen Zwänge, denen Verlage und damit auch Lektoren unterliegen.

Seit 2001 ist Simon Kleinstverleger, brachte so dann doch noch das einst verschmähte Steglitz-Zehlendorf-Lexikon heraus. Er sei damals der Annahme gewesen, dass die Verlage sich die Taschen vollstopfen, während sie die Autoren mit kleinen Honoraren abspeisen, erzählt er. Aber auch da hat Simon dazugelernt, weiß mittlerweile um das wirtschaftliche Risiko, dass der Verleger trägt. Nicht zuletzt, nachdem ihm gleich mit dem ersten Buch, seinem Lexikon, fast das Aus drohte. Doch er habe aus seinen Anfangsfehlern gelernt, sagt Simon. Mittlerweile hat er eigene und auch Werke anderer Autoren in seinem Verlag veröffentlicht.

Das Buch „Zehlendorf – Zwischen Idylle und Metropole“ erscheint am Montag, 30. September, im bebra-Verlag und kostet 14,95 Euro. Daraus vorlesen wird der Autor an diesem Tag in der Ingeborg-Drewitz-Bibliothek, Grunewaldstraße 3. Die Lesung beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt kostet fünf Euro. Um Voranmeldung unter der Telefonnummer (030) 9 02 99 24 10 wird gebeten. Ein weiteres Mal stellt Simon sein Buch am Montag, 7. Oktober, ebenfalls um 19 Uhr in der Alten Dorfkirche Zehlendorf, Potsdamer Straße 1/Ecke Clayallee, vor. Der Eintritt kostet fünf, ermäßigt drei Euro.

(go)