Auf dem ehemaligen US-Militärgelände „Parks Range“ in Lichterfelde-Süd wird in den nächsten Jähren ein neues Stadtquartier entstehen. Foto: Groth-Gruppe

Vor sechs Jahren hat die Berliner Groth-Gruppe das ehemalige US-Militärgelände „Parks Range“ in Lichterfelde-Süd erworben, um darauf ein neues Wohnquartier zu errichten. Jetzt wurde der städtebauliche Vertrag unterschrieben. Die Groth-Gruppe schätzt das Investitionsvolumen auf voraussichtlich 800 Millionen Euro.

Etwa 2.500 Wohneinheiten sollen südlich der Thermometersiedlung auf dem knapp 100 Hektar großen Gelände zwischen Osdorfer Straße und S-Bahn-Trasse entstehen. Das ehemalige US-Truppengelände „Parks Range“ wird in eine kleine Stadt verwandelt. Die Bürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf Cerstin Richter-Kotowski (CDU) hat am Dienstag, 31. Juli, den Städtebaulichen Vertrag mit der Groth-Gruppe unterschrieben, die das Quartier errichten will.

Die genaue Aufteilung der Wohneinheiten in Doppel- und Reihenhäuser, Miet- und Eigentumswohnungen wurde bisher nicht genannt. Wie eine Sprecherin der Groth-Gruppe Anfang Juli gegenüber der Morgenpost sagte, soll diese im Vertrag auch nicht zahlengenau geregelt werden. Nach aktuellem Stand sollen in dem neuen Quartier 420 Doppel- und Reihenhäuser und 2.080 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern entstehen. 520 davon, also 25 Prozent, sollen als Sozialwohnungen für einen Mietpreis zwischen 6,50 und 8,50 Euro pro Quadratmeter angeboten werden.

Ab dem 1. August wären es 100 Sozialwohnungen mehr

In den letzten Wochen wurde viel über den Anteil der Sozialwohnungen in der geplanten Großsiedlung diskutiert. Seit Kurzem wird die Anzahl der Sozialwohnungen in einem neuen Quartier nach dem sogenannten „Berliner Modell“ neu geregelt. Bis zum 31. Juli musste der Bauherr 25 Prozent der Geschosswohnungen als Sozialwohnungen anbieten. Ab dem 1. August wären es 30 Prozent: Im Falle der „Parks Range“ also rund 620 statt 520 preisgebundene Wohnungen.

Die SPD und die Linke-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf forderten deshalb, dass das Bezirksamt den Vertrag frühestens im August unterzeichnet. Beide Fraktionen kritisieren zudem, dass der Vertragsentwurf im Stadtplanungsausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. In einer Mitteilung sprach der SPD-Kreisverband deshalb von einem „Geheimvertrag“.

Die CDU und die Grünen argumentierten dagegen und begründeten die nicht öffentliche Sitzungen damit, dass Betriebsgeheimnisse des Investors geschützt werden müssten. Die Bezirksbürgermeisterin sprach außerdem davon, dass Investoren sich auf Politik verlassen können müssen und der Vertrag deshalb vor dem 1. August zu unterzeichnen sei.

538 Sozialwohnungen unabhängig von der Zahl der Reihenhäuser

Nicht nur über die Anzahl der Sozialwohnungen, sondern auch über die Menge der Reihenhäuser wurde in den letzten Wochen gestritten. Grund dafür war der Antrag der FDP, die Anzahl an Doppel- und Reihenhäusern von 420 auf 650 zu erhöhen. So viele Reihenhäuser waren in den ersten Plänen des Investors vorgesehen. Bei der frühzeitigen Bürgerbeteiligung im Sommer 2016 bewerteten Steglitz-Zehlendorfer diese Zahl jedoch als zu hoch. Im neuen Masterplan, der im Sommer 2017 vorgestellt wurde, war dann nur noch von 420 Reihenhäusern die Rede. Dennoch stimmten CDU, Grüne und AfD dem Vorschlag der FDP im Stadtplanungsausschuss zu. Der Antrag soll im September auf der Tagesordnung der BVV stehen. Da der Prozentsatz für günstigen Wohnraum nach dem Berliner Modell sich aber nur auf Geschosswohnungen und nicht auf Reihen- und Einfamilienhäuser bezieh, befürchteten die Linke und die SPD, dass weitere Reihenhäuser auf Kosten von Sozialwohnungen entstehen werden. Damit das nicht passiert, setzen sich die Grünen ihrerseits für eine fixe Anzahl an preisgünstigen Wohnungen ein. Diese soll bei einer Erhöhung des Anteils der Reihenhäuser nicht verringert werden dürfen.

Wie die Grünen-Fraktion am Dienstag, 31. Juli, mitteilte, war ihr Einsatz erfolgreich: 538 preisgebundene Wohnungen wurden im städtebaulichen Vertrag „verankert“. „Unabhängig vom letztlichen Anteil an Geschosswohnungen ist die Anzahl preisgebundener Wohnungen im städtebaulichen Vertrag fixiert“, so die Grünen. Diese Wohnungen sollen an städtische Wohnungsunternehmen oder Wohnungsbaugenossenschaften gehen. „Wir erwarten entsprechende Verträge vor dem Beschluss zum Bebauungsplan.“

Große Teile der „Lichterfelder Weidelandschaft“ bleiben erhalten

Neben Wohneinheiten sind im neuen Stadtquartier auch eine Schule mit Sportplatz, drei Kindertagesstätten, eine Freizeiteinrichtung, Gewerbeflächen sowie öffentliche Grünflächen und Plätze vorgesehen. Auch der Erhalt und die Pflege großer Teile der „Lichterfelder Weidelandschaft“ seien Teil des Konzepts, heißt es. „Die ‚Grüne Mitte’ wird durch den Umweltbericht im Rahmen der Bebauung gesichert“, schreiben die Grünen. Außerdem möchten sie ihre dauerhafte Ausweisung als Natur- oder Landschaftsschutzgebiet erreichen. „Von den circa 100 Hektar Natur- und Bauerwartungsflächen würden so 61 Hektar Natur auch für die Zukunft geschützt bleiben.“

Lern- und Erinnerungsort festgeschrieben

Ein weiterer Punkt, der die Kritiker des neuen Wohnquartiers milde stimmen dürfte, ist der, dass im Vertrag verankert wurde, dass im Bebauungsplan ein historischer Gedenk- und Lernort skizziert und authentische Gebäude des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Stalag III D erhalten werden sollen. Laut den Grünen seien alle Beteiligten daran interessiert, „die Geschichte des gesamten Lagerkomplexes Stalag III D zu dokumentieren, zu visualisieren und lernpädagogisch aufzubereiten.“

Hintergrund: Zwischen 1940 und 1945 befand sich auf dem Gelände der ehemaligen Parks Range das Kriegsgefangenenstammlager Stalag III D. Einzelne Fundamente und Gebäude sind noch immer vorhanden. Die „Initiative für einen historischen Lernort in Lichterfelde Süd“, bestehend aus dem Aktionsbündnis Lichterfelde Süd, der Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten, setzten sich dafür ein, dass das Areal zumindest teilweise unter Denkmalschutz gestellt wird und dort ein historischer Lern- und Erinnerungsort entsteht. Nun, wie es aussieht – mit Erfolg.

Nach Angaben des Investors könnte der Baustart für das Großprojekt Lichterfelde-Süd im vierten Quartal 2019 sein. Die öffentliche Auslegung der Pläne mit der Beteiligung der Bürger ist für Anfang 2019 geplant.

(eb)