Foto: Andreas Penquitt und Lothar Altenkirch

Mit 18 Jahren erfuhr Lothar Altenkirch, dass er in drei Monaten sterben wird und begann zu leben. Nun habe ich, Andreas Penquitt, mit Lothar einen autobiografischen Roman mit dem Titel „DIAGNOSE: MARATHONLÄUFER“ geschrieben, um seinen Lesern zu zeigen, dass es nie zu spät ist, sein Leben zu ändern. Wie empfindet man das, wenn einem der Arzt in einem Alter von gerade 18 Jahren erklärt, dass man an Lymphdrüsenkrebs erkrankt ist und ohne sofortige Maßnahmen nur noch drei Monate zu leben hat?

LOTHAR ALTENKIRCH: „Natürlich war es für mich ein Riesenschock die Diagnose Krebs zu erhalten. Geschafft habe ich es mit viel Mut sowie durch die Motivation von Freunden und Familie, dagegen anzukämpfen, mich wieder aufzurappeln und mich schließlich auch weiterzuentwickeln. Es kostete viel Selbstüberwindung und Mühe, täglich viel Sport zu treiben und die dauerhafte Ernährungsumstellung als Routine zu begreifen, und vor allem, sich dauerhaft daran zu halten. Das war eben so ein Prozess, welcher bergauf und -ab verlief. Das heißt, erst einmal die Idee zu haben: „Nein, ich will nicht sterben, weil ich dieses oder jenes noch erleben möchte.“

Auch ich musste mich als Autor mit dem Thema zunächst eine Weile auseinandersetzen. Lothar hat mir die Fakten seiner Story geliefert und wir hatten zuerst einen Riesenberg an Informationen, wo man kaum den Anfang finden konnte. Und dann haben wir beschlossen: „CUT! Wir machen es chronologisch.“ Das heißt, wie ging es los? Wann war die Diagnose? Was ist passiert? Wie hast du dich gefühlt? Viele Samstage und Sonntage im Frühjahr und Sommer 2018 haben wir auf der Terrasse gesessen und haben im Grunde die ganzen Jahre nochmal rekapitulieren lassen. Ich sagte zu Lothar: „Vergiss mal all das andere, versuch dich an die einzelnen Situationen zu erinnern, so gut und detailliert es eben geht. Wie war das? Ich wollte schlussendlich diesen ganzen Prozess begreifen.

Die Abfolge, welche ihn am Ende dahin geleitet hat, dass er anfing nicht nur darüber nachzudenken: „Oh Gott…, die Diagnose und nur noch drei Monate…“ Sondern darüber, was er in seinem Leben alles noch nicht gemacht hatte, was er alles gerne noch erleben würde. Ich konnte mir sehr schnell vorstellen, dass das eben keine Entscheidung war, die über Nacht kam, sondern ein langer Prozess mit jeder Menge auf und ab gewesen sein musste. So ging es langsam Kapitel für Kapitel voran. Aber gerade am Anfang gab es immer wieder irgendeinen Rückschlag, der ihn zurückwarf, sei es eine Unverträglichkeit von Medikamenten oder eine Fehldiagnose, die wieder alles in Frage stellte. Zudem saß Lothar aufgrund der Nebenwirkungen der Chemotherapie eine Zeit lang im Rollstuhl. Nun läuft er erfolgreich Marathon.

Wie hat er das nur geschafft? Nun, diesem langen Prozess vorausgegangen war sein Entschluss, der ihn dahin gebracht hat zu sagen: „Nein, ich akzeptiere nicht, dass JETZT alles zu Ende sein soll. Ich kämpfe dagegen an, weil ich das alles noch fühlen, sehen und erleben will.“ Zudem auch zu lernen auf die Signale des eigenen Körpers zu hören: Wann fühle ich mich gut und wann nicht. Lothar lernte das sehr gut in der Zeit seiner Klinikaufenthalte. Er hat sich mit seiner Krankheit, den ärztlichen Maßnahmen, den Therapien und seinen Medikamenten auseinandergesetzt. Dafür muss man in einer solchen Situation erst einmal die Energie aufbringen. Das klappt nur, wenn man einen Plan hat, der zu einem Ziel führt. Obwohl das eigentliche Ziel ja im Grunde erst danach in sein Bewusstsein kam.

Das passierte während einer Untersuchung in den Zykluspausen der Chemotherapie. Der Arzt, den Lothar dabei kennenlernte war ein legerer, sportlich aktiver Mittvierziger in dessen Untersuchungszimmer an der Wand diese riesige Urkunde vom New York Marathon hing. Das war einer dieser Momente im Leben, die wir alle kennen: Ein Bild pflanzt sich in den Kopf und lässt einen nicht mehr los. Bei Lothar war es zunächst nur die Stadt New York, aber ganz tief in ihm sagte auch hier schon etwas: „Ich möchte Marathon laufen.“ Aber es war im Grunde die Situation in der es Klick gemacht hat. Der unbewusste Auslöser in welche Richtung es für ihn gehen kann. Alles andere kam erst mit der Zeit. Lothars Leben vor und nach der Krankheit lässt sich in keinster Weise vergleichen.

LOTHAR ALTENKIRCH: „Vor meiner Krankheit habe ich mir viele unsinnige Dinge gekauft, mich ungesund ernährt, viel Fast- Food gegessen und gar keinen Sport getrieben. Ich war als Kind sogar übergewichtig. Kaum vorstellbar, wenn man mich jetzt so sieht. Heilung ist für mich mittlerweile eindeutig eine Kopfsache und eine Frage der Einstellung.“ 

Das Gefühl, es überstanden zu haben, löst doch direkt im Anschluss bei jedem den Gedanken aus: „Jetzt will ich leben, jetzt muss erst einmal alles gemacht werden, was ich mir immer gewünscht hatte.“ Aber was genau machen dann die Menschen heutzutage? Es wird konsumiert, man kauft sich Sachen, man fährt in den Urlaub, man leistet sich ein sportliches Auto, macht einen Bootsführerschein, springt mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug und so weiter. Also all die Dinge, die ganz ohne Frage in dem Moment, in dem man sie erlebt, etwas mit einem machen. Das Problem dabei ist, dass man nach diesen Erlebnissen, wieder da ist, wo man vorher war. Es ist nichts nachhaltiges, nichts das immer wiederkehrend für ein solches motivierendes Erlebnis sorgt.

Warum habe ich mich für die Geschichte von Lothar entschieden? Es ist am Ende so, dass es meine individuelle Einstellung zur Arbeit eines Autoren ist, wo ich mich frage: „Okay, wen interessiert es schon, welche fiktiven Geschichten ich bisher, vielleicht mit dem einen oder anderen Bezug zu realen Begebenheiten, niedergeschrieben habe – in der Hauptsache sind sie Fiktion. Eine wahre und aktuelle Geschichte ist doch um Längen interessanter. Und als mir Lothar am Anfang des letzten Jahres begegnet ist, da war sie dann auf einmal, die mitreißende Geschichte eines Menschen, den man sehen und anfassen kann. Eine nüchterne Biografie zu verfassen war nicht meine Intention, weil diese Geschichte im Grunde so bewegend und beim Lesen mit erlebbar ist, dass die Form eines autobiografischen Romans unumgänglich schien.

Viele Leser werden sich problemlos in Lothars Person hineinversetzen können. Es geht in erster Linie darum, anderen Menschen Mut zu machen, sie zu motivieren ihr Leben aktiv in die Hand zu nehmen. Das Buch soll den Menschen einen Anstoß geben mit wachen Augen zu sehen, was man aus seinem Leben machen, und wie man sich weiterentwickeln kann.

Gut, dass ich Lothar kennenlernen durfte!

(1. Teil Gastbeitrag: Andreas Penquitt)

 

Liebe Leser,

der zweite Teil des Gastbeitrages von Andreas Penquitt folgt nächste Woche.

Gerne laden wir Sie zur Lesung des autobiografischen
 Romans
DIAGNOSE: MARATHONLÄUFER
zusammen mit Lothar 
Altenkirch und Andreas Penquitt ein.

31.03.2019 um 16.00 Uhr

Gutshaus Lichterfelde, Hindenburgdamm 28, 12203 Berlin

Eintritt frei