Michael Karnetzki, Jan Stöß, Mathilde Kannenberg und Michael Arndt (von links) weihten eine der zwei neuen Bänke ein. Fotos: Gogol

Er war einer der bedeutendsten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte: Willy Brandt. Am 8. Oktober 1992 verstarb der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin und Bundeskanzler. Anlässlich seines 20. Todestages kamen die Spitzen der SPD an sein Grab auf dem Zehlendorfer Waldfriedhof, um ihn zu ehren und Blumen niederzulegen: der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, der Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion Frank-Walter Steinmeier, SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Ex-Verteidigungsminister Peter Struck.

Die Bezirks-SPD hatte zwar auch Blumen dabei, doch hatte sie sich noch mehr einfallen lassen. Feierlich wurden zwei Bänke in der Nähe des Grabes von Willy Brandt und Ernst Reuter eingeweiht – natürlich in rot. Da passen die traditionelle Farbe der SPD und die der Bänke auf dem Friedhof gut zusammen, so der Kreisvorsitzende Michael Arndt. Die Idee für die Bänke hatte Mathilde Kannenberg, unter anderem Kreisdelegierte der SPD. Sie sei häufig auf dem Friedhof, berichtete sie. Und einmal wurde sie von einer Gruppe älterer Damen angesprochen, die das Grab von „Willy“ suchten. Die Damen waren nicht mehr gut zu Fuß, einige mit Rollator unterwegs. „Nicht mal ’ne ordentliche Bank“ gebe es dort, hätten die Damen geklagt. Das müsste man hinkriegen, habe sie sich gedacht, erzählte Kannenberg. Die Mitglieder waren sofort begeistert. Vor fünf Wochen begann Kannenberg mit dem Geldsammeln. Seit vergangenem Freitag stehen die beiden Bänke, die Schilder, die auf den SPD-Bezirksverband als Stifter hinweisen, wurden sogar erst am Montag angebracht.

Jan Stöß, SPD-Landesvorsitzender Berlin, übernahm es, ein paar Worte zu sagen, anlässlich des 20. Todestages. Da waren Wowereit und Co. allerdings schon fort, auch die meisten Fernsehkameras. Im kleinen Kreis würdigte Stöß als einer der vielen Nachfolger Brandts als Landesvorsitzender dessen Wirken, erinnerte etwa an dessen Politik der kleinen Schritte, die rund 18 Monate nach dem Bau der Berliner Mauer ein Passierscheinabkommen zustande brachte. „Mit seinem Tod vor 20 Jahren verlor die SPD den größten Politiker der Nachkriegsgeschichte“, so Stöß.

Michael Karnetzki, Bezirksstadtrat, erinnerte sich, Willy Brandt einmal persönlich gesehen zu haben, auf einem SPD-Kinderfest. Brandt stehe „für die große Vergangenheit der SPD, die im nächsten Jahr 150 Jahre alt wird“, sagte Karnetzki, und er sei ein Bindeglied. Brandts Ost- und Entspannungspolitik beeindrucken ihn noch heute. Er habe eher Erinnerungen an die Beerdigung von Brandts zweiter Ehefrau Rut. Auch sie wurde auf dem Waldfriedhof Zehlendorf beigesetzt. Die Trauerfeier habe damals einer seiner Onkel, der ehemalige Gemeindepfarrer, mitgestaltet.

Persönlich getroffen habe er ihn nie, sagte auch Norbert Buchta, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Abteilung Seenplatte, die zum Gedenken eingeladen hatten. Nur von weitem habe er ihn gesehen, 1989 am Rathaus Schöneberg und bei der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990. Auch ihn fasziniere die Entspannungs- und Ostpolitik Brandts, sagte er. Die Begeisterung dafür habe er von den Eltern mitgenommen. Und noch immer finde er diese Politik Brandts wichtig und spannend.

(go)