Sebastian Huke trifft zur Entscheidung: 2:0 (79.) , Foto: Kerstin Kellner

Als am Freitagabend in der Oberliga-Partie zwischen Hertha 03 Zehlendorf und Tennis-Borussia nur noch wenige Sekunden zu spielen waren, fiel auf den Stehtraversen folgender Satz: „Wenn hier immer so eine Atmosphäre herrschen würde, käme ich öfter vorbei.“ Was zu zwei Gedanken führt: 1. Es liegt ja an den Zehlendorfern selbst, vorbeizukommen, um das Team aus ihrem Bezirk zu unterstützen. 2. Wahrscheinlich hätte die „kleine Hertha“ bei ähnlicher Unterstützung in anderen Spielen mehr Konstanz an den Tag gelegt – was aber nicht zu beweisen ist. Dass sie über genügend Qualitäten verfügt, bewies sie in der Rückserie mit Siegen gegen Spitzenreiter Optik Rathenow (2:0) und eben vorgestern Abend beim 2:0 gegen die „Veilchen“ vom Mommsenstadion.

Es war aus Zehlendorfer Sicht ein wunderbarer Abend. Der Wettergott spielte mit und verzichtete auf Regen, die Kulisse stimmte auch. Was insbesondere natürlich mit der Tabellenkonstellation zusammenhing: Tennis-Borussia bot sich nach einer langen Erfolgsserie die Chance, zumindest über Nacht die Tabellenführung zu übernehmen und den Kontrahenten aus Rathenow damit unter Druck zu setzen. Dass aber weit über 700 Zuschauer (Saisonrekord für Hertha 03) kamen, überraschte dann doch ein wenig.

Derbys gegen Tennis-Borussia sind aus Zehlendorfer Sicht immer ein Highlight. Zum einen wegen des besonderen Rahmens drumherum, zum anderen natürlich aus sportlicher Sicht. Für die Gastgeber geht es tabellarisch weder nach oben noch nach unten, doch ein wenig den „Miesepeter“ spielen, wie es ihr Mittelstürmer Sebastian Huke vor Wochenfrist ausdrückte, wollten sie dann doch.

Für Huke selbst war es übrigens eine Premiere. Erstmals nach seinem Wechsel zu Hertha 03 im vergangenen Sommer spielte er gegen sein ehemaliges Team – in der Hinrunde fehlte er verletzungsbedingt.

Es ging munter los, Zehlendorfs 19-jährigem Verteidiger Aron Rüb bot sich schon in der 6. Minute eine gute Möglichkeit, jedoch scheiterte er an TeBe-Schlussmann Flauder. Nach etwa einer Viertelstunde kamen die Gäste besser ins Spiel. Philip Sprint hatten es die Gastgeber zu verdanken, dass sie in der 18. Minute nicht in Rückstand gerieten, blitzschnell parierte er mit dem Fuß einen Schuss aus Nahdistanz vom ehemaligen Unioner Benyamina. Doch die Zehlendorfer igelten sich nicht ein, wenn sich die Möglichkeit ergab, gingen sie in die Offensive. Wie sie sich dabei, vom Gegner unter Druck gesetzt, aus der Abwehr mit technisch feinem Direktspiel aus dieser Umklammerung lösten, forderte immer wieder Szenenapplaus von den Rängen. „Wir hatten den Mut, uns spielerisch aus dem Pressing des Gegners zu befreien“, sagte Lenny Stein.

In der 25. Minute gingen die Zehlendorfer in Führung. Timur Gayret ließ seinen Gegenspieler geschickt „aussteigen“, fackelte nicht lange und ließ Flauder mit einem strammen Schuss keine Abwehrmöglichkeit. In der Folge erhöhten die Borussen den Druck, ohne aber die sicher stehende Defensive der „kleinen Hertha“ zu gefährden. Lediglich ein Versuch von Gelici (sichere Beute von Sprint) und ein Drehschuss von Rockenbach da Silva, der weit am Tor vorbeistrich, fanden Eingang in die Statistik.

Nach dem Wechsel erhöhte Tennis-Borussia die Schlagzahl und sorgte dafür, dass Zehlendorfs Torhüter Sprint zu einem der besten Akteure des Tages wurde. Erst lenkte er einen Schuss von Gelici über die Latte, anschließend siegte er im „Duell“ mit Benyamina und zuletzt besaß er das Glück des Tüchtigen: Göwecke traf den Ball nicht richtig, die Kugel flog am Tor vorbei. Wie beherzt und mit welch festem Willen die Zehlendorfer ihren Vorsprung verteidigten, machte Eindruck und zermürbte zusehends den Tabellenzweiten. „Obwohl es für uns um nichts mehr ging, haben wir uns extrem gepusht“, fand auch Stein.

Die Entscheidung fiel in der 79. Minute und war aus Sicht der Gastgeber die Krönung des gelungenen Abends, weil ihre Entstehung aus dem Fußball-Lehrbuch stammen könnte: Ein Freistoß von Darius Niroumand, der übrigens in seinem 232. Punktspiel für die Zehlendorfer das letzte Mal auf dem Platz stand, landete zunächst beim überragenden „Funkturm“ Lenny Stein. Dieser legte auf Panajiotis Haritos ab, erhielt das Leder per Hackentrick zurück, löffelte den Ball direkt auf die Brust von Marc Zellner, der geschickt auf Huke ablegte. Und Huke setzte noch einen drauf, indem er volley per Seitfallzieher unhaltbar für Flauder traf: 2:0. Hinterher sagte er völlig richtig: „TeBe hatte zwar mehr Ballbesitz, aber wir waren effektiver.“

Am Ende sahen die zahlreichen Zuschauer „ein sehr gutes Oberliga-Spiel mit einem verdienten Sieger, der eine geschlossene Mannschaftsleistung bot“ (Trainer Schröder), aber auch eine Borussen-Mannschaft, die alles unternahm, um den Tag als Spitzenreiter zu beenden. Letzten Endes war es eine taktische Meisterleistung der „kleinen Hertha“ und ihres Interimtrainers Robert Schröder, der offenbar nicht nur auf die Motivationsschiene gesetzt hatte. „Wir haben genau das umgesetzt, was uns „Schrödi“ an die Hand gegeben hat“, sah auch Torhüter Sprint im taktischen Bereich den Schlüssel zum Erfolg. Für Darius Niroumand „war der Freitagabend ein atemberaubendes Erlebnis. Ein sehr emotionales Spiel, nicht nur, weil es meine letzte Partie war, sondern weil jeder für seinen Mitspieler gekämpft hat.“

Nach den Resultaten vom Samstag steht folgendes fest: Die Zehlendorfer werden die Saison auf Platz 4 beenden (es sind aber noch zwei Spieltage zu absolvieren), die Tennis-Borussen werden sich über die vergebene Chance ärgern, patzte doch Spitzenreiter Optik beim 2:2 gegen Strausberg. Nun trennen beide Teams drei Punkte.

Wer Appetit bekommen hat, die Zehlendorfer Hertha selbst einmal zu beobachten, dem bietet sich am kommenden Sonntag die Gelegenheit: Um 14 Uhr empfangen sie im Ernst-Reuter-Stadion den FC Anker Wismar.

(ok)