Gruppenbild mit Staatssekretär: Hans-Joachim Fuchtel war am Freitag ebenfalls ins Studentendorf Schlachtensee gekommen, um dort die Azubis aus Griechenland zu begrüßen. Foto: Gogol

Am Montag wird es ernst für elf junge Griechen: Am 1. September beginnen sie in Steglitz-Zehlendorf ihre Ausbildung.

Vor fast anderthalb Jahren war die „Ausbildungsinitiative mit Weitsicht“ gestartet, die es Jugendlichen aus der Partnergemeinde Lagadas ermöglichen sollte, in Deutschland eine Ausbildung zu absolvieren. Doch bevor die startet, wurden die jungen Männer und Frauen am Freitag offiziell in Steglitz-Zehlendorf begrüßt, wo sie nun für drei Jahre leben werden.

Sechs Unternehmen nehmen die Griechen als Azubis auf. Sie werden ausgebildet unter anderem als Kaufleute im Einzelhandel, als Bürokaufleute und als Altenpfleger. Tim Stockburger und Steffen Tyllich bilden zwei Fachleute für Systemgastronomie aus. „Wir haben in den letzten Jahren keine Bewerbungen mehr erhalten, beziehungsweise waren die Bewerber nicht geeignet; sie kamen zum Beispiel nicht zum Vorstellungsgespräch“, erzählen die beiden Inhaber von Joey’s Pizza am Hindenburgdamm. Als sie dann vom Bezirk angeschrieben wurden, ob sie sich vorstellen können, an dem Projekt teilzunehmen, sagten sie Ja.

Um Vorstellungsgespräche zu führen, sind Stockburger und Tyllich sogar nach Griechenland gefahren. Auch hier vor Ort müsse man sich besonders um die jungen Griechen kümmern, aber das sei es wert, so die beiden 26-jährigen Chefs. „Die beiden sind sehr motiviert“, haben sie festgestellt, wahrscheinlich auch, weil nach der Ausbildung eine Übernahme winkt. „Wir bilden nicht aus, um billige Arbeitskräfte zu haben, sondern um Fachkräfte zu gewinnen, die eine Schicht auch alleine führen können“, so Tyllich.

Einer ihrer neuen Azubis ist der 20-jährige Georgios. Nach dem Besuch des Lyzeums arbeitete er in seiner Heimat in der Küche eines Restaurants. Eine Ausbildung, wie es sie in Deutschland gibt, gebe es in Griechenland nicht, erzählt er. Deshalb freute er sich, hier diese Chance zu bekommen. Heimweh habe er noch nicht.

Damit dieses erst gar nicht aufkommt, kümmern sich Paten um die jungen Frauen und Männer. „Ansprechpartner des Vertrauens“ sei man, sagt Melissa Bochow, die die Patenschaft für eine Griechin übernommen hat. Bei einem Besuch in deren Heimat haben sie sich kennengelernt. Er habe sich ein wenig Sorgen gemacht, wie man die Paten aufteilt, erinnert sich Gerold Maelzer vom Jugendamt Steglitz-Zehlendorf, doch innerhalb eines halben Tages hätten dies die jungen Leute selbst geregelt.

Mit ihrem Schützling etwas gemeinsam unternehmen, die Stadt zeigen aber auch bei Behördengängen begleiten und unterstützen – das sind ihre Aufgaben als Patin, erzählt Bochow. Das Programm, dass die Elf hinter sich hätten, wäre schwer gewesen, sie mussten innerhalb kurzer Zeit Deutsch lernen, nun sind sie für drei Jahre in einen fremden Land – da wollte sie eine kleine Stütze sein, erklärt die 22-Jährige, warum sie sich entschloss, Patin zu werden.

Wer nach Steglitz-Zehlendorf kam, musste wirklich engagiert sein und Deutsch lernen: viereinhalb Monate lang, fünf Tage die Woche je sechs Stunden – und das, nachdem man am Vormittag gejobbt hatte.

Seit Ende Juli sind die Azubis nun in Berlin, leben in Wohngemeinschaften im Studentendorf Schlachtensee. Der Monat Eingewöhnungsphase sei notwendig gewesen, sagt Maelzer, denn so konnte man den Griechen zeigen, wie die Stadt funktioniert. Sie wurden beim Einwohnermeldeamt registriert, bekamen eine Krankenversicherung, man half ihnen bei der Kontoeröffnung und zeigte ihnen, wo man einkaufen kann.

„Es ist wichtig, dass Projekte entstehen, die Hoffnung geben und den Weg in die Zukunft bereiten“, sagt Hans-Joachim Fuchtel, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, angesichts einer Jugendarbeitslosenquote von 60 Prozent in Griechenland. Dieses Projekt sei das schöne Ergebnis einer langjährigen Zusammenarbeit und zeige, dass Freunde in Not zusammenstehen, so Fuchtel. Was ihn besonders freue, sei die Herzlichkeit, mit der die Protagonisten in Steglitz-Zehlendorf sich an die Arbeit gemacht hätten. Der persönliche Aspekt, die soziale Betreuung, die es hier gebe, sei etwas Besonderes.

(*) Willkommen in Berlin

(go)