Weniger als die Hälfte der Seniorenwohnungen an der Mudrastraße sind bewohnt. Zudem sind umfassende Sanierungen notwendig. Foto: Gogol

Noch sei keine Entscheidung über die Zukunft der Seniorenwohnhäuser an der Mudrastraße gefallen, erklärte Bezirksstadtrat Norbert Schmidt (CDU) am Mittwochabend den Bezirksverordneten. Doch sie sei nah – und wie diese aussehen wird, darüber gab es keinen Zweifel: Abgabe an den Liegenschaftsfonds.

Nicht zum ersten Mal legte Schmidt dar, in welch „desolatem baulichen Zustand“ sich die Häuser befinden. Die dringendsten Maßnahmen bezifferte er – nach vorsichtigen Schätzungen – mit acht Millionen Euro. Darin enthalten seien noch nicht einmal die Veränderung der Wohnungszuschnitte, die Ertüchtigung der Aufzüge und eine Sanierung der Bäder. Der Bezirk habe kein Geld dafür. Für die bauliche Unterhaltung aller Nicht-Schul-Gebäude stünden dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf im kommenden Jahr nur 2,7 Millionen Euro zur Verfügung, die Abteilung Soziales weise für das nächste Haushaltsjahr ein Minus von 250.000 Euro auf, die Investitionsmittel seien bis 2017 verplant, erläuterte Schmidt. Selbst, wenn man die Miete für die Wohnungen erhöhe, sei das notwendige Kapital nicht zu erzielen. Zudem gehöre kommunaler Wohnraum – anders als die Unterhaltung der Schulen – nicht zu den Pflichtaufgaben des Bezirks. Deshalb prüfe man vorrangig die Abgabe an den Liegenschaftsfonds.

Die Mietverträge hätten auch dann weiter Bestand, so Schmidt. Er nannte Beispiele von anderen Seniorenwohnhäusern im Bezirk, die man ebenfalls abgegeben hatte und so vor dem Verfall gerettet wurden. Zudem erklärte der Bezirksstadtrat den Bezirksverordneten, dass es zwei potenzielle Käufer mit unterschiedlichen Nutzungskonzepten gebe, die beide in Teilen altersgerechtes Wohnen beinhalteten.

Schmidt bestätigte zwar im Rahmen einer Großen Anfrage, dass man für die Seniorenwohnhäuser Zuweisungen vom Land erhalte, doch gelte im Bezirksamt das Prinzip der Gesamtkostendeckung. Das Geld wurde also anderweitig verwendet. Mit der Abgabe der Häuser würden auch die Zuweisungen in Höhe von rund einer Million Euro im Jahr wegfallen.

Bezirksamt als „Heuschrecke“

Die Große Anfrage, auf die Schmidt antwortete, hatte Isabel Miels (SPD) gestellt. Sie engagiert sich seit langem für den Erhalt der Häuser, steht in Kontakt mit den dortigen Bewohnerinnen. Sichtlich betroffen zeigte sie sich von der Absage Schmidts. „Das Gebaren, das der Bezirk an den Tag legt, erinnert an das von Heuschrecken“, sagte sie. „Es schöpfte ab, was die Häuser hergaben ohne zu reinvestieren. Jetzt wo die Häuser dem Verfall preisgegeben sind, will man sie abgeben.“ Ebenso wenig wie die Schäden über Nacht entstanden sind, erwarte sie, dass sie über Nacht wieder behoben werden, betonte sie. Sie forderte eine Sanierung „peu a peu“ und dass die derzeit leer stehenden Wohnungen auch wieder vermietet werden. Unterstützung erhielt sie von Pirat Georg Boroviczény. Er warf Schmidt fehlende Fantasie bei der Suche nach Lösungen vor und fragte sich, woher die „exorbitanten“ Zahlen kämen.

Wohnungsgrößen von durchschnittlichch 34 Quadratmetern, teilweise noch Etagenbäder, Sanierungsstau – „da will jeder gerne wohnen“, meinte der CDU-Fraktionsvorsitzende Torsten Hippe sarkastisch. Zudem liege der Quadratmeter-Mietpreis bei zehn Euro – also kaum unter dem marktüblichen Preis. Von Wohnraum im sozialen Segment könne da wohl nicht die Rede sein. Zudem steht mehr als die Hälfte der Wohnungen leer – und, wie Schmidt erklärte – gebe es auch keine Interessenten für die Wohnungen. Die Situation der derzeitigen Mieter sei zwar „mitfühlenswert, aber darauf kann man keine sachlichen Entscheidungen treffen“, so Hippe, der der SPD sogar vorwarf „pseudosozial“ zu sein, weil sie mit ihrer Forderung nach einer Sanierung der Häuser den Leerstand unterstützte und die Wohnungen dem Wohnungsmarkt entzöge.

„Es ist unverantwortlich die Häuser zu halten“

Martin Matz (SPD) sah dies natürlich anders. Wenn man die Wohnungen sanieren und dafür werben würde, würden sich auch Interessenten finden, war er überzeugt. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt habe sich drastisch geändert. Die Zahl der Rentner, die Grundsicherung erhalten, steige kontinuierlich. Deshalb würden diese preiswerten Wohnungen gebraucht. „Wenn sie einmal weg sind, kriegen wir sie nie wieder“, mahnte Matz.

Doch Maren Schellenberg (Grüne) sah keine andere Lösung, als die Häuser abzugeben. „Es ist unverantwortlich die Häuser zu halten“ fand sie und verwies auf das Minus im Bezirkshaushalt 2015, das derzeit zwischen 5,7 und acht Millionen Euro liegt.

Immer wieder ging es in der Diskussion auch um die Verantwortlichkeiten, die, je nach politischem Lager, dem christdemokratischen Sozialstadtrat Schmidt oder dem sozialdemokratischen Baustadtrat Michael Karnetzki zugewiesen wurden. Diese Energie, die man darauf verwendet, sei bei einer Suche nach Möglichkeiten, wie man Geld für die Häuser einwerben könne, besser aufgehoben, „als bei den Zerfleischungsorgien, die ich hier sehe“, konstatierte Pirat Paul Neumann als Schlussredner.

(go)