Kein Platz für Privatsphäre: 200 Menschen leben in der Turnhalle Dahlem auf engstem Raum. Archiv-Foto: Jan Holste /THW

Unzumutbar und menschenunwürdig – so empfindet Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) die Zustände in den Notunterkünften, die kurz vor Weihnachten in zwei Turnhallen des Bezirks eingerichtet wurden. 200 Asylsuchende wurden in der Turnhalle der Freien Universität in Dahlem untergebracht. Die gleiche Anzahl war für die Sporthalle an der Lippstädter Straße angedacht. Dort wurde die Bettenzahl mittlerweile auf 278 erhöht.

Auf engstem Raum leben die Menschen zusammen, es gibt keine Trennwände, die zumindest ein wenig Privatsphäre schaffen könnten. Das sei eine Belastung für alle – vor allem aber für die muslimischen Frauen, die, wenn überhaupt, nur angezogen schlafen würden, erläuterte Kopp den Bezirksverordneten als Antwort auf eine Große Anfrage. Die Sanitäranlagen seien unzureichend, es gebe keine Waschmaschinen und keinen Freiraum für die Menschen. Die Zustände verletzten ethische Grundsätze, so Kopp. Deshalb appellierte er an Sozialsenator Mario Czaja, die Turnhallen als Notunterkünfte so schnell wie möglich zu schließen.

Gleichzeitig lobte der Bezirksbürgermeister die beteiligten Organisationen – etwa die AWO, die seit 9. Januar die Unterkunft in Dahlem betreut,  den Arbeitersamariterbund sowie das Stadtteilzentrum Steglitz – für ihren „bewundernswerten Einsatz“.  Das quittierten die Bezirksverordneten mit Applaus.

Die Verantwortung für die menschenunwürdigen Zustände in den Notunterkünften sah der Fraktionsvorsitzende der CDU, Torsten Hippe, bei den politisch Verantwortlichen. Er verlangte, dass besser zwischen Schutzwürdigen und denen, „die die Schutzbedürftigkeit vorgeben“ unterschieden werde. Letztere müssten dann schneller wieder zurückgeschickt werden.

Tonka Wojahn (Grüne) widersprach. Die Überprüfung der Anträge brauche  Zeit. Zudem kenne man die Gründe von Flüchtlingen aus vermeintlich sicheren Staaten nicht. Sie forderte bessere Konzepte für eine angemessene Unterbringung der Schutzsuchenden.

Auch Georg Boroviczény (Piraten) lehnte die Aussagen Hippes ab. „Flüchtlinge sind willkommen – ohne Wenn und Aber“. Es gebe keine Unterscheidung zwischen „Guten“ und „Schlechten“. Zugleich warf er dem Bezirk vor, zu wenig getan zu haben, um angemessene Unterkünfte zu finden und brachte die ehemalige Lungenklinik Heckeshorn ins Gespräch.

Seit zwei Jahren fordere die SPD-Fraktion, dass im Bezirk nach Unterkünften gesucht werde, führte Martin Kromm (SPD) aus. Er appellierte an die Bezirksverordneten einem Antrag mit dem Titel „Unterkünfte für Flüchtlinge suchen“, der derzeit beraten werde, seine Zustimmung zu geben und endlich aktiv  tätig zu werden, statt die Entscheidungen der Senatsverwaltung abzuwarten, die schließlich zu den Notunterkünften in Turnhallen führten.

Bis voraussichtlich Mitte Februar soll die Turnhalle in Dahlem als Notunterkunft dienen, die an der Lippstädter Straße bis das in der Nähe geplante Containerdorf errichtet ist. Das soll Ende März/Anfang April der Fall sein.

(go)