Michael Stümpert erhielt eine Urkunde und ein kleines Präsent überreicht von Kriminaldirektorin Elke Plathe. Foto: Gogol

Lange nachdenken musste Michael Stümpert nicht: Als er merkwürdige Geräusche und laute Hilferufe aus dem Flur des Nachbarhauses hörte, stürmte der 47-Jährige los, um seiner Nachbarin zu helfen. Die war von einem Unbekannten überfallen wurden. Dank Stümpert sitzt der Täter jetzt in U-Haft. Für sein mutiges, aber auch umsichtiges Eingreifen wurde der Inhaber des Geschäfts „Pot & Pepper“ an der Kieler Straße am Dienstag von der Polizei geehrt.

„Ich möchte die Menschen motivieren, nicht wegzuschauen“, sagte Stümpert während der Ehrung.

Es war am 13. Januar dieses Jahres, kurz vor 14 Uhr. Stümpert saß in seinem Büro, das direkt an den Flur des Nachbarhauses grenzt. Der Flur sei sehr hellhörig, berichtete der Steglitzer. Plötzlich hörte er, wie jemand die Treppe herunter fiel und in Not mehrfach um Hilfe rief. Stümpert zögerte nicht lange. Von einer Nachbarin hatte er zuvor eine ähnliche Geschichte von einem Überfall gehört. Vor den Hausflur stellte er sich auf und wartete. Ein junger Mann kam ihm entgegen, nicht in Eile. Er habe ihn angesprochen und angehalten. Dann habe er die Einkaufstaschen einer 85-jährigen Mieterin erkannt, der er schon selbst häufiger die Einkäufe nach oben getragen hatte, erinnerte sich Stümpert. Er versuchte den Dieb festzuhalten, packte ihn schließlich von hinten, so dass er sich kaum wehren konnte. Er zog ihn bis zum nächsten Geschäft und forderte den Inhaber auf, die Polizei zu rufen. „Die Passanten schauten indigniert und gingen vorbei“, erzählte der Zeuge. Hilfe gab es zunächst nicht, was ihn bis heute ärgert.

Zwar hatte Stümpert vor seinem Eingreifen geschaut, ob der Täter eine Waffe hatte,einen Moment der Sorge gab es dann aber doch: Plötzlich sei ein Komplize des Rumäniers aufgetaucht. „Da wurde mir erstmals mulmig.“ Doch als dann Hilfe von einem weiteren Ladeninhaber und einem Passanten kam, verschwand der Komplize ganz schnell.

Während die beiden anderen Männer sich um den Dieb kümmerten, schaute Stümpert nach der verletzten Nachbarin. Als die Polizei kam sei er „sehr erleichtert“ gewesen, so der Steglitzer.

Diese Art von Kriminalität findet er besonders schlimm, sagte Stümpert, denn der materielle Schaden sei das eine, viel schlimmer seien die Folgewirkungen. Die überfallene Nachbarin fühle sich nicht mehr sicher, gehe ungern aus dem Haus und fürchte sich noch mehr vor dem Heimkehren, außerdem schlafe sie schlecht – und das fast vier Monate nach dem Überfall. „Für eine solche Tat muss man nichts können, man muss nur keine Moral haben“, ist Stümper wütend.

Gerade ältere Frauen werden häufig Opfer von Überfällen, sagte Kriminaldirektorin Elke Plathe, Leiterin des Referates Verbrechensbekämpfung der Polizeidirektion 4, die die Ehrung vornahm. Sie seien den Tätern körperlich unterlegen und könnten sich nicht wehren.

„Viele bringen nicht so viel Zivilcourage auf“, lobte Plathe Michael Stümpert. Zudem habe er sich an die wichtigsten Verhaltensregeln für solche Situationen gehalten: sich als Helfer nicht selbst in Gefahr bringen, Öffentlichkeit schaffen und die Polizei informieren.

(go)