„Wir wollen das gesamte queere Spektrum einladen“

„Wir wollen das gesamte queere Spektrum einladen“

Charlie Bowe leitet ab August im Gutshaus Lichterfelde die erste Steglitzer Gruppe für queere Menschen. Sie trifft sich alle zwei Wochen und ist offen für Interessierte aller Generationen, Geschlechter sowie der unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründe. Foto: Daniela von Treuenfels

 

Charlie Bowe startet am 9. August im Gutshaus Lichterfelde die erste Gruppe für queere Menschen.

Wir haben mit ihm über seine Idee gesprochen und über den Mangel an Treffpunkten für Menschen in Steglitz-Zehlendorf, die sich dem LSBTIQ-Spektrum zuordnen. Charlie ist 40 Jahre alt und beruflich als Bildungs- und Berufsbegleiter für geflüchtete Menschen in einer Unterkunft unterwegs.

Du möchtest im August starten mit einer Gruppe für queere Menschen im Gutshaus Lichterfelde. Wie kam es zu dieser Idee?

Ich bin selbst in Steglitz aufgewachsen und als ich in meiner Jugend nach Angeboten gesucht habe für queere Menschen, in meinem Fall für schwule Männer, habe ich in meiner Umgebung keine Angebote finden können. Das bedeutete, ich bin dann immer anderthalb Stunden mit dem Bus in die Innenstadt gefahren. Wenn ich heute mit anderen Menschen spreche, die auch in Randbezirken wohnen, dann höre ich immer wieder den großen Wunsch nach Angeboten im eigenen Bezirk. Sie möchten gerne auch im eigenen Viertel mal queer ausgehen oder andere queere Menschen kennenlernen. Ich möchte daher einen Ort schaffen, an dem Leute speziell hier im Außenbezirk sich treffen, austauschen und empowern können.

Wie kam der Kontakt zum Gutshaus zustande?

Bei der Suche nach Räumlichkeiten für eine private Feier sind wir hier auf das Gutshaus Lichterfelde gestoßen und ich habe mich gleich verliebt in dieses schöne Haus und in diesen schönen Park. Die Lage ist traumhaft, dieser Raum gibt so viel her. Ich kann mir ganz gut vorstellen, dass hier eine tolle Stimmung ist, und dass das einfach wunderbar passen würde für so eine Gruppe.

Was soll hier angeboten werden?

Mir ist wichtig, dass die Gruppe sich nach den Bedarfen richtet, die da sind. Das heißt, ich möchte noch gar nicht so viele Vorgaben machen, was stattfinden soll. Vorstellbar ist alles, was Spaß macht: Quatschen bei Kaffee und Kuchen, Picknick, Spieleabende, Ausflüge oder auch Diskussionsveranstaltungen zu Themen, die für uns interessant sind.

Die queere Community ist ja sehr vielfältig. Möchtest du bestimmte Gruppen gezielt ansprechen?

Gerade die Menschen, die auch innerhalb der queeren Community normalerweise wenig Raum haben, sollen sich eingeladen fühlen. Also trans Personen, inter, nicht binäre und gendernonkonforme Personen. Aber auch Menschen, die zum Beispiel Marginalisierung und Diskriminierung erfahren haben aufgrund von Herkunft, Flüchtlingsstatus, Behinderung, Alter oder Aussehen. Ich möchte gezielt Menschen erreichen, die bisher nicht so viele Räume haben, auch innerhalb der queeren Community.

Du wirst nun das Angebot in Steglitz Zehlendorf noch um eines erweitern. Was gibt es denn schon hier im Bezirk?

Wirklich viel ist mir noch nicht bekannt. Es gibt neuerdings Pride Art, ein Kunst Kollektiv im ehemaligen Frauengefängnis in der Söhtstraße. Die haben da tolle Ausstellungen in einer sehr sehenswerten Location. Dann weiß ich, dass es seit letztem Jahr am Goethe Gymnasium eine Queer AG gibt. Das wäre in meiner Schulzeit undenkbar gewesen, dass Leute in der Schulzeit sich outen und sowas öffentlich machen. Was die Schüler*innen hier auf die Beine stellen, finde ich ganz großartig und es zeigt, dass eben doch was passiert ist über die letzten 20 Jahre. Diese Menschen sollen hier im Bezirk auch eine gewisse Sichtbarkeit haben. Wir haben besondere Bedürfnisse und möchten uns auch über Themen austauschen, die uns betreffen. Und uns gegenseitig bestärken.

Engagierst du dich das erste Mal in diesem queeren Umfeld?

Nein, ich bin seit über 10 Jahren schon aktiv und habe selbst viele queere Gruppen ins Leben gerufen und geleitet. Ich war eine Zeit lang in einem kleinen queeren Verein im Vorstand und habe da ganz viele spannende Erfahrungen machen können und mich ausprobieren können und sehr viel gelernt. Ich weiß jetzt, wie so ein Verein funktioniert, und vor allem habe ich die unterschiedlichen Facetten der queeren Communities in Berlin kennengelernt und mit den unterschiedlichsten Menschen zusammengearbeitet. Vor allem habe ich gemerkt, dass uns viel mehr verbindet, als uns trennt. Natürlich gibt es viele eigene Bedarfe, die sich teilweise unterscheiden. Aber es gibt eben auch eine übergeordnete große Erfahrung, die man macht, wenn man nicht der Cis- oder Heteronorm entspricht und auch einen Raum hat, darüber zu sprechen und sich auszutauschen. Ich denke, all diese Erfahrungen können dazu beitragen, hier ein richtig tolles Angebot auf die Beine zu stellen.

Die Fragen stellte Daniela von Treuenfels

 

Queer-Café
Im Gutshaus Lichterfelde
Hindenburgdamm 28, 12203 Berlin
Ab 9. August, alle zwei Wochen Mittwochs um 17 Uhr
https://www.stadtteilzentrum-steglitz.de/gutshaus-lichterfelde/

 

 

 

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