Zukunft des Spucki bisher ungewiss

Zukunft des Spucki bisher ungewiss

Graffiti im Spucki, Foto: Daniela von Treuenfels

 
 

Ein jahrelanger Leerstand des Freibades am Hindenburgdamm müsse unbedingt vermieden werden, sagen zwei CDU-Abgeordnete.

Eine Großstadt, also eine Kommune mit mehr als 100.000 Einwohnern, ohne öffentliches Freibad – im Rest der Republik wäre das wohl nicht denkbar. Steglitz Zehlendorf ist seit dem vergangenen Jahr in dieser Hinsicht blank. Ein Gelände mit Schwimm- und Planschbecken, Duschen und Umkleiden, Eisverkauf und Pommesbude: Fehlanzeige. Im September wurde der Vertrag zwischen dem damaligen Pächter des Spucki und den Berliner Bäderbetrieben gekündigt. Seitdem sind die Türen zu Sauna und Freibad verschlossen.

Eine Öffnung zur diesjährigen Sommersaison war nicht möglich. Die technischen Anlagen seien komplett marode, sagt Stephan Standfuß, sportpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus und Vorsitzender der CDU Steglitz-Zehlendorf. Hier sei Gefahr im Verzug, vor allem die Chloranlage sei „abenteuerlich“.

 

Das Spucki ist wegen technischer Mängel geschlossen. Foto: Daniela von Treuenfels

 

Die Sanierungsbedürftigkeit der Anlagen wird von den Bäderbetrieben bestätigt. Wie es dazu kommen konnte, war nicht zu klären. Die Verantwortlichkeiten zwischen Pächter und Bäderbetrieben würden vertraglich geregelt, erklärte eine Sprecherin des landeseigenen Unternehmens. Details seien ihr nicht bekannt und seien im Zweifel auch nicht Gegenstand öffentlicher Diskussion.

Das Nachsehen haben die Badegäste. Die 310.000 Einwohner des Bezirks müssen auf das Freibad am Insulaner ausweichen, ins Sommerbad Wilmersdorf (hier wird noch gebaut), an die Seen und vor allem ins Strandbad Wannsee, oder über die Landesgrenze ins Freibad Kleinmachnow.

Letzteres wird nicht gerne gesehen. Die Menschen der benachbarten brandenburgischen Gemeinde mit 20.000 Einwohnern sind nicht begeistert, wenn Berliner Familien „ihr“ Freibad bevölkern. Dennoch machen sich vor allem viele Familien mit kleinen Kindern auf den Weg dorthin. Die Bäder am Insulaner oder in Wilmersdorf sind wegen der anhaltenden Konflikte mit jugendlichen Randalierern keine Option. Das Strandbad Wannsee ist manchen zu groß und zu wuselig.

So sahen es auch die wenigen Gäste eines Bürgergesprächs, zu dem die CDU-Abgeordneten Cornelia Seibeld und Stephan Standfuß am Mittwoch eingeladen hatten. Ein geschützter Raum, ein attraktives Familienbad, das war das Spucki früher für Leute mit kleinen Kindern. Die Zielgruppe hatte nicht den Weg in den Saal der Paulusgemeinde gefunden, da sehr wahrscheinlich mit der familiären Abendroutine beschäftigt. Dafür äußerten sich die Älteren umso vehementer und teilten gute Erinnerungen an durchsetzungsstarke Bademeister, eine friedliche Atmosphäre und den sicheren Raum für kleine Kinder.

 

Die Abgeordneten Cornelia Seibeld und Stephan Standfuß wollen sich für eine baldige Sanierung einsetzen. Foto: Daniela von Treuenfels

 

Dass das wieder so wird, dafür wollen sich Seibeld und Standfuß einsetzen. Schnell soll es gehen, damit ein möglicher jahrelanger Leerstand vermieden wird. Derzeit arbeiten die Bäderbetriebe an einer Standortanalyse, über deren Stand die Unternehmenssprecherin keine Auskunft gibt – wegen der Abstimmung mit den Gremien und anderen Akteuren.

Zu den Akteuren, die beteiligt werden wollen und müssen, gehört das Abgeordnetenhaus. Die Mitglieder Seibeld und Standfuß wollen hier Druck machen. Noch vor dem Beginn der Haushaltsverhandlungen sollen die Bäderbetriebe ihre Prüfung vorlegen, damit Gelder für eine mindestens notdürftige Sanierung bereitgestellt werden und ein Betrieb für die nächste Saison gesichert werden kann.

Für die weitere Zukunft können sich die beiden Politiker viele Varianten vorstellen: vom Verkauf über die Verpachtung bis zur Wiederübernahme durch die Bäderbetriebe. Auch ein gemeinnütziger Träger käme als Betreiber in Frage.

Einfach wird das nicht. Die Bäderbetriebe schieben einen enormen Sanierungsstau vor sich der, der sukzessive abgebaut wird. Auf der Liste stehen auch Bäder im Südwesten Berlins, die zu einer erheblichen Verkleinerung der Wasserflächen beitragen werden, darunter die Schwimmhalle Hüttenweg und die Sport- und Lehrschwimmhalle am Sachsendamm in Schöneberg. Dazu kommt das kleine Bad am Teltower Damm, das vom zum Krankenhaus Waldfriede gehörenden Gesundheitszentrum Primavita betrieben wird.

„Vorrang haben die Bäder, die für den Lehr- und Trainingsbetrieb genutzt werden“, sagt Stephan Standfuß. Die Herausforderung wird darin bestehen, diese Priorisierung zugunsten des einzigen Steglitz-Zehlendorfer Freibades aufzuweichen.

Ein Argument für die Eilbedürftigkeit des Anliegens könnten die örtlichen Gegebenheiten sein. Wer derzeit am Teltowkanal spazieren geht, kann den Stillstand riechen. Was daran liegen könnte, dass das Wasser aus den Becken nicht abgelassen werden kann, wie Claudia Seibeld erklärt: Die Edelstahlbecken seien zwar nahezu unkaputtbar, sie bräuchten aber den ständigen Druck des Wassers. Wenn der fehle, würde die Wand hinter der Edelstahlwanne „quasi wegbröseln“.

Das Wasser, das derzeit nicht umgewälzt und gereinigt wird, verfault allmählich. Neugierige, die einem zeitweise geöffneten defekten Tor nicht widerstehen konnten, berichten von grünem Brackwasser und einer surrealen Atmosphäre.

 

Das Tor am Teltowkanal: keine Barriere, sondern eine Einladung. Foto: Daniela von Treuenfels

 

Bei unserem Spaziergang am Donnerstag war das Tor zwar nicht gesichert, aber zu. Einfach so eintreten war nicht möglich. Ein Lichterfelder Jogger berichtete, dass er das Tor auf einer seiner Runden geschlossen habe, es ließe sich aber jederzeit leicht öffnen. Der Zustand ist ein Sicherheitsrisiko, wie es auch eine Teilnehmerin der Diskussionsrunde am Mittwoch formulierte: „Es ist doch nur eine Frage der Zeit bis hier ein Unglück geschieht.“

 

Daniela von Treuenfels

 

 

 

 

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