Als schrilles TV-Event inszeniert das Durchgedrehte Drama Gorkis "Nachtasyl". Foto: Gogol

Totgesagte leben länger – das gilt besonders für das „Durchgedrehte Drama“. Das Jugendtheater feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen, dabei lag es 2004 eigentlich schon im Sterben.

Viele Jahre gab es im Haus der Jugend (HdJ) Zehlendorf ein Theaterprojekt für Kinder und eines für Jugendliche, geleitet von Gudrun Krienke, erinnert sich Lew-Jakob Protsch, der zusammen mit Freunden das „Durchgedrehte Drama“ gründete. Ganze Generationen von jungen Zehlendorfern sammelten im HdJ ihre ersten Theatererfahrungen. 2003 strich der Bezirk die Gelder für die Theaterprojekte, die zunächst von einem Förderverein aufgefangen wurden. Doch beide Theater konnte sich der Verein nicht leisten – das Jugendprojekt stand vor dem Aus.

Protsch zählte damals noch zu den Neulingen im Theaterprojekt, andere hingegen waren mit dem Kindertheater aufgewachsen und von dort zu den Jugendlichen hinübergewechselt. „Für sie brach eine Welt zusammen“, erzählt der 28-Jährige. Doch die Jugendlichen gaben nicht auf. Mit der Unterstützung des HdJ Zehlendorf, in dem die Gruppe bis heute probt, begannen sie nun allein damit, das „Durchgedrehte Drama“ aufzubauen.

„Wir haben die Strukturen übernommen, die da waren“, erzählt Protsch, der im Jubiläumsjahr zusammen mit anderen Mitstreitern die Regie übernommen hat. Es wird zweimal wöchentlich geprobt, vor den Aufführungen gibt es Durchlaufwochenenden. So wie zu Pfingsten. Trotz schönen Wetters sind die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 16 und 31 Jahren pünktlich im HdJ. Um 11 Uhr beginnen die Proben, bis 20 Uhr werden sie gehen. Es sind nur noch anderthalb Wochen bis zur Premiere ihres Jubiläumsstücks „Nachtasyl“ von Maxim Gorki, das die Gruppe als lautes, bunten Big-Brother-TV-Event inszeniert.

Am 20. Juni feiert die Inszenierung im Jubiläumsjahr Premiere. Foto: Gogol

Ausgewählt wurde das Stück wie immer gemeinsam, nachdem Protsch und seine Mitregisseure im vergangenen Sommer sich wieder durch zahlreiche Stücke gelesen hatten. Zum Jubiläum sollte es „etwas Besonderes werden“. Und das ist es auch. Es wird die aufwändigste Inszenierung des Durchgedrehten Dramas der vergangenen zehn Jahre. 35 junge Menschen sind daran beteiligt – Showband inklusive, es gibt Einspielungen, und es musste jede Menge neu gebaut werden.

Das erste Stück, das die Jugendlichen zur Aufführung brachten, war „Die Kleinbürgerhochzeit“ von Bertold Brecht, doch besonders in Erinnerung geblieben ist die Bühnenversion von Pulp Fiction ein Jahr später. „Das war ein großer Erfolg. Damit konnten wir die Letzten, die noch gezweifelt haben, überzeugen.“ Seitdem habe man sich weiterentwickelt und konstant gesteigert.

Es sei kein einfacher Anfang gewesen, erinnert sich Protsch, schon weil es nicht leicht ist, mit Freunden zusammenzuarbeiten, ihre Arbeit zu kritisieren oder sogar sagen zu müssen, dass man auf ihre Mitarbeit verzichtet.

Alle Posten übernehmen die Jugendlichen im Theater selbst – sie führen Regie, meist in einer kleinen Gruppe, kümmern sich um die Technik, die Kostüme, das Make-up, die Choreografie, … Finanziert wird das Theater aus Eintrittsgeldern und Spenden. Mittlerweile habe man sich im Bezirk etabliert, sagt Protsch. Sorgen muss man sich nur hin und wieder um die Proben- und Aufführungsstätte machen, das Haus der Jugend. Immer mal wieder ist es von der Schließung bedroht. Doch für die Macher des Durchgedrehten Dramas ist das ihr Zuhause, für dessen Rettung sie auch mit Plakaten auf die Straße gehen.

Von der alten Garde sind heute nicht mehr viel übrig. Protsch ist einer von derzeit noch drei jungen Menschen, die seit zehn Jahren dabei sind. Doch die Jubiläumsaufführungen werden seine letzten sein. „Es ist Zeit, Abschied zu nehmen und Platz zu machen für neue Leute, die Energie, Zeit und Lust mitbringen. Es soll doch schließlich ein Theater von Jugendlichen für Jugendlich sein“, sagt er.

„Nachtasyl“ feiert am Freitag, 20. Juni, um 20 Uhr Premiere im Haus der Jugend Zehlendorf, Argentinische Allee 28. Weitere Aufführungen finden am 21./25./27./28. Juni sowie am 2./4. und 5. Juli jeweils um 20 Uhr statt. Der Eintritt kostet acht, ermäßigt vier Euro. Karten unter (030) 80 90 99 13 und www.durchgedrehtesdrama.de.

(go)