Spuren der Geschichte findet man in Berlin allerorten. Einige von ihn stammen aus den dunkelsten Kapiteln der deutschen Geschichte. Und manchmal findet man sie dort, wo man sie gar nicht vermutet – als Name auf einem Straßenschild. In Steglitz gibt es die Treitschkestraße, benannt nach dem Historiker, Publizisten und Reichstagsmitglied Heinrich Gotthardt von Treitschke – jener Treitschke, der den Satz „Die Juden sind unser Unglück“ prägte, der zum Schlagwort des Hetzblattes „Der Stürmer“ wurde. Kann man einen solchen Mann mit einem Straßennamen noch weiter ehren?

Die CDU und die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung wollen die Anwohner der Treitschkestraße darüber abstimmen lassen – mit einer Befragung, die sich an alle Einwohner ab 16 Jahren richtet.

Doch das geht der SPD nicht weit genug. In der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Bürgerdienste wies Martin Kromm darauf hin, dass noch mehr Leute von diesem Namen betroffen seien als nur die Anwohner. An die Geschäftsleute dachte er genauso wie an die Patmos-Gemeinde, die sich seit Jahren dafür einsetze, dass der Name geändert werde. Schließlich seien auch alle Spaziergänger, die dort langgingen, betroffen und auch er selbst als Steglitz-Zehlendorfer.

Georg Boroviczény von den Piraten fragte sich, warum es nur um die Treitschkestraße gehe, schließlich gebe es ähnlich umstrittene Straßennamen im Bezirk, wie etwa die Iltisstraße, die nicht etwa an ein nettes Tier erinnere, sondern an ein Kanonenboot, das von Wilhelm von Lans kommandiert wurde, nach dem ebenfalls eine Straße in Dahlem benannt ist. Lans beschoss mit dem „Iltis“ 1900 die Taku-Forts in Tientsin, China. Boroviczény gab zu bedenken, dass der Name auch erhalten, aber mit einem Schild versehen werden könnte, das auf die Diskussion hinweise.

Diesen Weg hatte der Bezirk im vergangenen Jahr bei der Benennung des Harry-Bresslau-Parks an der Treitschkestraße gewählt. Dort erinnert eine Stele an den Antisemitismusstreit, bei dem sich Bresslau und Treitschke gegenüber standen..

Die SPD will nun noch einmal rechtlich abklären, wer befragt werden kann und soll.

Steglitz-Zehlendorf stünde übrigens nicht alleine da, wenn es sich des namens Treitschke entledigen sollte: Nürnberg und Heidelberg haben bereits Treitschke-Straßen umbenannt.

(go)