Entlang der Stammbahntrasse würde die CDU Steglitz-Zehlendorf gern einen Fahrradschnellweg errichten. Für Kleinmachnow ist das absolut kontraproduktiv. Visualisierung: Staubach+Kuckertz Architekten

Ein Fahrradschnellweg auf der Stammbahntrasse? Diesen Vorschlag des CDU-Kreisverbandes Steglitz-Zehlendorf lehnt Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert ab. Mit einem offenen Brief wandte er sich an den CDU-Ortsvorsitzenden Thomas Heilmann und den Bundestagsabgeordneten Karl-Georg Wellmann, um seine Gründe darzulegen. Den offenen Brief geben wir hier wieder:

„Zunächst begrüße ich es, dass auch Sie die sehr unbefriedigende Anbindung des Berliner Südwestens und der angrenzenden Kommunen Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf (Region TKS) durch den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) bemängeln. In der Berichterstattung heißt es, dass der CDU-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf eine Zugfahrt in die Innenstadt gerade im Sommer für unzumutbar hält. Kritisiert werden fehlende Klimaanlagen in den S-Bahn-Zügen und eine zu geringe Waggonzahl, so dass sich Pendler zu Stoßzeiten aneinander drängen müssen und nicht wenige schon vor dem ersten Meeting nassgeschwitzt sind.

Aus diesem offenkundigen Missstand ziehen Sie aber Schlussfolgerungen, die ich nicht nachzuvollziehen vermag. Ihre Kritik an der unbefriedigenden Situation im SPNV in Steglitz-Zehlendorf belegt doch, dass es vor allem an einer leistungsfähigen Ergänzung des S-Bahn-Angebotes fehlt. Nur weil es seit 1990 noch immer nicht gelungen ist, die mit dem Mauerbau unterbrochenen SPNV-Verbindungen zwischen Berlin und Potsdam auch in der Region TKS schrittweise wiederherzustellen, führen jede Havarie und jede größere Baustelle im regionalen Streckennetz der Deutschen Bahn unweigerlich zu einem Totalausfall des SPNV zwischen der Landeshauptstadt Potsdam und Berlin.

Ein Fahrrad-Schnellweg dürfte hier keine wirkliche Alternative sein. Beispielsweise wird die intensivere Radnutzung auch künftig auf die Sommermonate beschränkt bleiben. Im Winter und über größere Strecken hinweg – wie ‚Kleinmachnow – Berlin-Potsdamer Platz‘ – dürfte dagegen nur eine Kombination von SPNV und Fahrrad tatsächlich konkurrenzfähig gegenüber dem Kfz sein und eine praktikable Alternative darstellen.

Nicht umsonst haben sich die Kommunen der Region TKS in den Beratungen zum Projekt „EBikePendeln“, in das auch der Bezirk Steglitz-Zehlendorf eingebunden ist, ausdrücklich gegen jede Einbeziehung zurzeit stillliegender Bahnstrecken in einen Pedelec-Korridor ausgesprochen. Wir plädieren vielmehr dafür, für den Radverkehr vor allem innerhalb der öffentlichen Straßenverkehrsflächen ausreichend bemessenen und sicheren Raum bereitzustellen.

Dass die Bahn-Verantwortlichen wohl genau darauf achten [werden], ob die CDU-Pläne eine spätere Wiederaufnahme des Zugverkehrs auf der ersten preußischen Eisenbahnstrecke zulassen“ (Der Tagesspiegel v. 24.09.2015), ist aus meiner Sicht äußerst unwahrscheinlich. Die Gemeinde Stahnsdorf und die von mir vertretene Gemeinde Kleinmachnow machen derzeit gegenteilige Erfahrungen mit der Deutschen Bahn: Flächen, für die keine Leistungsbestellungen der Länder Berlin und Brandenburg nach dem Regionalisierungsgesetz vorliegen, werden als nicht (mehr) betriebsnotwendig angesehen und entsprechend vermarktet.

Die Region TKS drängt seit Jahren darauf, im Bereich des SPNV wenigstens ansatzweise wieder Vorkriegsniveau herzustellen. Dazu ist eine enge Zusammenarbeit der Kommunen, auch mit dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf und mit der Stadt Berlin insgesamt, unverzichtbar. Wir selbst versuchen bereits mittels Bauleitplanung, auf potentiellen Bahnflächen Nutzungen auszuschließen, die künftigen Bahnbetriebszwecken grundsätzlich entgegenstehen.

Wenn die von Ihnen favorisierten Überlegungen realisiert werden, dürfte die Wiederinbetriebnahme der zuzeit stillliegenden Fern- bzw. Regionalbahngleise der ‚Potsdamer Stammbahn‘ vollkommen unrealistisch werden. Es dürfte der Öffentlichkeit nämlich kaum zu vermitteln sein, warum ein mit erheblichem finanziellen Aufwand hergestellter und etablierter Fahrrad-Schnellweg zugunsten einer SPNV-Verbindung wieder ersatzlos entfallen muss.

Für die Gemeinde Kleinmachnow spreche ich mich deshalb mit Nachdruck gegen die Konzeption eines Fahrrad-Schnellweges auf der Stammbahntrasse aus. Es sollte unsere Aufgabe sein, im Sinne einer vorausschauenden Planung die Chancen für einen mittel- bis langfristigen Wiederaufbau der Bahn auf Dauer offenzuhalten.“

(sn)