Foto: Rosenbaum. Der traurige Zustand des ehemals beliebten Blumenladens.

 

Das Thema Brückenabriss ist im Abgeordnetenhaus angekommen, doch das Ladensterben hält an.

Die Bürgerinitiative Breitenbachplatz konnte mit guter Hoffnung ins neue Jahr starten: Nachdem sich bereits alle Parteien in den Bezirksverordnetenversammlungen von Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf für einen „perspektivischen Abriss“ der Brücke, die den Platz teilt, ausgesprochen hatten, brachte die CDU im Abgeordnetenhaus einen Antrag auf Prüfung des Abrisses ein. Rückhalt bekam die Bürgerinitiative sogar von Finanzsenator Matthias Kollatz.

Im Oktober hatte die Initiative eine Anwohnerversammlung durchgeführt, an der 80 Bürger aber auch eine Reihe Politiker der beiden Bezirke teilnahmen, zu denen der Platz gehört. Dessen Aufenthaltsqualität hat seit dem Bau des Autobahnabzweigs erheblich gelitten. Und das setzt sich bis heute fort: Auf der Steglitz-Zehlendorfer Seite gibt es praktische keine Läden für Laufkundschaft mehr. Zuletzt machte noch vor Weihnachten der weithin bekannte „Blumen-Florian“ dicht. Auch weitere Läden stehen immer noch leer. Was neu einzieht, sind Zahnärzte, Physiotherapeuten oder Hörgeräteakustiker. Mit einem Schuss Zynismus kann man den Platz so beschreiben: Von der Wiege bis zur Bahre – von der Kinderärztin bis zum Bestatter. Dazwischen Ärzte, Apotheken, Gastronomie. Keine gesunde Mischung für einen lebendigen Platz, der mit seinem U-Bahnhof eigentlich die Menschen anziehen sollte.

Um zu zeigen, dass der Breitenbachplatz mit seinen Nebenstraßen ein Stück Kulturerbe darstellt, das gerettet werden muss, will die Bürgerinitiative das Bauhaus-Jubiläumsjahr nutzen, um auf die architekturgeschichtliche Bedeutung hinzuweisen. Denn rund um den Breitenbachplatz kann man die unterschiedlichen Schulen aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhundert studieren. An der Nordseite die ehemalige Reichsknappschaft, heute Lateinamerika-Institut, ein Vorzeigeobjekt von Bauhaus-Architekt Max Taut. Auf der anderen Seite, am Anfang der Schorlemerallee, die im Geiste des Bauhauses errichtete Reihenhaus-Versuchssiedlung, bei der erstmals die Stahlskelett-Bauweise erprobt wurde. Dazwischen die Gebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit mit großzügigen Atelierwohnungen und – eine Neuheit in den 20er Jahren – Tiefgaragen. Fast ein Fremdkörper mit seinen Erkerchen der Wohnkomplex von Hermann Muthesius, der sich in der Brentanostraße fortsetzt. Muthesius wurde wegen seines Landhausstils aus dem Deutschen Werkbund ausgeschlossen. Nicht zu vergessen die Künstlerkolonie, mit der Schauspieler und Schriftsteller neue Wohnformen erprobten, bis die Nazis alles stoppten.

Die Bürgerinitiative plant, in diesem Jahr zusammen mit dem Traditionsverein der Künstlerkolonie und Anwohnern der Schorlemerallee architekturgeschichtliche Führungen anzubieten und will zum Start im Mai ein kleines Fest auf dem Platz feiern.

Informationen unter www.breitenbachplatz.de

Ulrich Rosenbaum