Vollpfosten-Rundweg am Breitenbachplatz?

Vollpfosten-Rundweg am Breitenbachplatz?

Die Straße wird abgerissen, die Brückenpfeiler bleiben stehen – ein Fall für den Biertisch. | Foto: Daniela von Treuenfels

 

Die Brücke wird abgerissen, die Betonpfeiler bleiben stehen. Was bei den einen Ratlosigkeit und Kopfschütteln auslöst, lässt bei manchen Bezirkspolitikern kreative Ideen sprudeln.   

So schlagen die Linken in der BVV Steglitz-Zehlendorf vor, „in Kooperation mit den zuständigen Verwaltungsstellen und in Kooperation mit Künstler*innen für die Zeit ab 2026, in der nur die Betonpfeiler der ehemaligen A104 am Breitenbachplatz ohne Fahrbahn stehen werden, durch „Kunst am Betonpfeiler“ (ähnlich wie am „Bierpinsel“) für optische Aufwertung und künstlerische Anregungen im Kiez zu sorgen.“

Die SPD will schon in diesem Sommer ein Kulturevent auf der derzeit ungenutzten Brücke stattfinden lassen. Gemeinsam mit dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sowie lokalen Initiativen, Vereinen, religiösen Einrichtungen und den ansässigen Bildungs- und Forschungseinrichtungen soll ein Nachbarschaftspicknick im Stile der Aktion „Still-Leben Ruhrschnellweg“ geplant werden. Am 18. Juli 2010 war die autobahnähnlich ausgebaute B1 und die A40 zwischen Dortmund und Duisburg über die gesamte Länge gesperrt worden. An aufgestellten Bierbankgarnituren konnten Menschen zusammenkommen sowie Institutionen sich präsentieren. Eine ähnliche Veranstaltung, heißt es im Antrag für die gestrige BVV, „könnte ein großer Gewinn für die anliegende Nachbarschaft und die Bezirke sein, insbesondere in Zeiten, in denen Nachbarschaftlichkeit, Solidarität und Zusammenrücken wichtiger denn je ist.“

Die Ideen zur Zwischennutzung sind aus der Not geboren und Folge der Planlosigkeit der Berliner Verkehrsverwaltung. Die hatte im vergangenen Jahr kurzfristig den Tunnel unter dem Wohnhaus Schlangenbader Straße sperren lassen. In einer Bürgerveranstaltung im Februar im Titania-Kino betonten Senatorin Manja Schreiner (CDU) und Mitarbeiter ihres Hauses noch einmal die Alternativlosigkeit dieser Entscheidung. Nach einer Übung der Berliner Feuerwehr im Juli 2022 und der folgenden Auswertung sei eine Schließung des Tunnels unvermeidlich gewesen. Trotz einer ausführlichen Begründung – erhebliche Ausstattungslücken (Notrufe und Lüftung), fehlende Videoüberwachung, keine Notbeleuchtung… – waren die rund 400 Besucher im vollbesetzten Kinosaal skeptisch. Dass es nicht möglich gewesen sein sollte, den Tunnel bei laufendem Betrieb abschnittsweise zu sanieren, wollten die Anwohner nicht glauben.

 

Aufmerksame Zuhörer im vollbesetzten Kinosaal am 28. Februar. Mehrfach gab es Anlass, die Contenance zu verlieren – doch mehr als ungläubiges Staunen und gesittete Unmutsbekundungen waren nicht drin beim Steglitzer Publikum. | Foto: Daniela von Treuenfels

 

Der Abriss der Brücken stand dagegen schon länger auf der Agenda und war durch ein Gutachten fachlich untermauert und politisch entschieden. Doch auch hier konnte die Verwaltung keine vorausschauende Strategie präsentieren. Weil eine „planrechtliche Untersuchung“ bislang fehle, müssten die Brückenpfeiler zunächst stehenbleiben, erklärte die Verwaltung den erstaunten Zuhörern. Rein theoretisch könnte eine Abwägung zum Ergebnis kommen, dass statt dem Abriss ein Ersatzneubau errichtet werden muss. Diese Variante gilt aber als sehr unwahrscheinlich.

Schulterzucken auch bei der Umfahrung der Großbaustelle, die die Gegend um den Breitenbachplatz ab Ende des Jahres rund vier Jahre lang begleiten wird. Sie soll vom Breitenbachplatz über die Schorlemer- und Podbielskiallee weiter über die Rheinbabenallee und über den Hohenzollerndamm führen. Ob die Autofahrer diese lange Route tatsächlich nutzen oder sich Abkürzungen durch kleinere Wohnstraßen suchen werden, bleibt abzuwarten. Anwohner befürchten eine hohe Verkehrsbelastung, die Verwaltung gibt sich ratlos: Die Alternative über das Kreuz Schöneberg und die A 103 nach Steglitz würde nicht angenommen.

Last but not least: Der Breitenbachplatz soll wieder ein attraktiver Stadtplatz werden, auch Wohnungen könnten hier gebaut werden. Doch dafür ist nicht die Verkehrverwaltung zuständig, sondern jene für Stadtentwicklung. Man sei in Gesprächen, hieß es im Februar. Konkrete Pläne gebe es bisher nicht.

Einen Biertisch auf die Straße zu stellen, scheint angesichts der Lage keine schlechte Idee. Hier sind schon manche brauchbaren Konzepte entstanden.

 

Daniela von Treuenfels 

 

 

 

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