Dreimal in der Woche bekommen Bedürftige in der Pauluskirche eine warme Mahlzeit. Foto: Gogol

Eine warme Mahlzeit am Tag ist für die meisten von uns selbstverständlich – doch es gibt auch Menschen in Steglitz-Zehlendorf, die sich die nicht leisten können. In den Wintermonaten nimmt sich die Paulusgemeinde Zehlendorf dieser Männern und Frauen an. Jeden Montag, Mittwoch und Freitag von Anfang Oktober bis Ende März lädt sie zur Aktion „Warmes Essen“ ein– und das seit 1993.

Auch an diesem Mittwoch ist der Andrang wieder groß. Männer und Frauen kommen in den Seitenflügel der Kirche, wo Projektkoordinatorin Rosmarie Mette zusammen mit ihren freiwilligen Helferinnen das Essen ausgibt. Bratwurst mit Sauerkraut gibt es heute. 70 Portionen hat Mette im Krankenhaus Waldfriede bestellt. Noch vor 14 Uhr ist alles weg, nur ein kleiner Rest blieb für den Nachschlag. Die Besucher essen nicht nur, sie nutzen die Gelegenheit mit den Frauen und den anderen Bedürftigen ins Gespräch zu kommen, trinken Tee oder Kaffee, dazu gibt es auch Kekse. Wer will kann die Treppe hinunter in die Kleiderkammer gehen oder am Büchertisch nach spannender Lektüre suchen. Außer mittwochs, denn dann ist der Büchertisch der Frauentisch. Dort können Frauen außerhalb des Essensraums unter sich sein, reden. 80 Prozent der Besucher sind männlich.

„Vor 20 Jahren gab es die ersten Kältetoten in Berlin. Es war ein klirrend kalter Winter“, erinnert sich Mette, die das Projekt seit zwölf Jahren koordiniert. Damals entstand die Kältehilfe in Berlin. Auch die Kirchengemeinden in Zehlendorf und Steglitz wollten etwas für die Obdachlosen tun. Aus allen Gemeinden fanden sich Ehrenamliche bereit, den warmen Mittagstisch zu unterstützen, die Paulusgemeinde wurde zum Gastgeber. Damals stand der Projekt noch unter der Federführung des Deutschen Roten Kreuzes. Nachdem die aber 2001 Stellen strichen, sei das Projekt führerlos gewesen, berichtet Mette. Das Diakonische Werk sprang ein.

„Ein Projekt wie dieses sollte es nicht geben müssen“, findet Mette. Doch die Sozialberaterin weiß, dass das illusorisch ist. Auch in einem so bürgerlichen und wohlhabenden Bezirk gibt es „reichlich“ Hartz IV-Empfänger und auch Wohnungslose. Zwei von ihnen hat Mette in Wohnungen vermitteln können. Doch viele wollten dies gar nicht. Das müsse man akzeptieren, sagt sie. Auch Mitleid sei völlig fehl am Platz. „Es hat eine Weile gedauert, das zu verstehen“.

Gut die Hälfte der Menschen, die zum Essen vorbei kommen, kennt Mette. Doch es kommen auch immer wieder neue. Die fragt sie dann nach Nachweisen für die Bedürftigkeit. Doch nicht nur dann suchen Mette und die Helferinnen das Gespräch. „Ich will keine Anonymität“, betont die Projektleiterin. Die Besucher sollen sich wahrgenommen fühlen und willkommen, egal wie sie aussehen.

15.000 Euro braucht Mette für die sechs Monate. Die bekommt sie ausschließlich aus Spenden – Kollekten aus den verschiedenen Gemeinden, viele private Spenden und das, was Gartenbau Rothe bei seinem Adventsmarkt sammelt. Das geht alles auf ein Extra-Konto, an das nicht einmal die Gemeinde herankommt, versichert Mette.

Jedes Jahr gibt es für die Besucher auch eine kleine Weihnachtsfeier mit Andacht, bei der Weihnachtstüten verteilt werden.

Es könne jeden treffen, weiß Mette. „Man sollte nichts zu selbstverständlich nehmen.“

Neben der alljährlichen Weihnachtsfeier wird es in diesem Jahr auch einen Festgottesdienst geben, um das 20-jährige Bestehen der Aktion zu begehen. Der findet am Sonntag, 8. Dezember, um 10 Uhr in der Pauluskirche statt und wird geleitet von Bischof Dr. Markus Dröge. Für den musikalischen Rahmen sorgen „Die Vokalistinnen Berlin“. Die Kollekte wird für die Aktion „Warmes Essen“ gesammelt.

Anfang kommenden Jahres wird es dann anlässlich des Jubiläums weitere Veranstaltungen geben. So ist für Februar eine Podiumsdiskussion in der Alten Dorfkirche Zehlendorf zum Thema „Soziale Teilhabe und Armutsbekämpfung  – Wohin steuert die Politik in den nächsten Jahren? “ geplant. Am 1. März gibt es ein Saxophonkonzert mit der Gruppe saxoconmoto und am 29. März wird Jocelyn B. Smith in der Pauluskirche auftreten.

(go)