Waris Dirie war glücklich über die Eröffnung des Desert Flower Centers in Zehlendorf. Fotos: Gogol

Seit Jahren kämpft Waris Dirie gegen die Beschneidung von Frauen. Das Ex-Model ist ein Profi. Doch als sie am Mittwoch das Desert Flower Center in Zehlendorf eröffnet, zeigt sich, dass die UN-Sonderbotschafterin auch nach mehr als 40 Jahren nach der ihr angetanen Verstümmlung mit dem Trauma kämpft. Es sind Szenen aus dem Film „Wüstenblume“, der auf ihrem gleichnamigen Buch beruht, die Dirie aus der Fassung bringen. Sie zeigen, auf welche brutale Weise sie mit fünf Jahren verstümmelt wurde.

Dirie ringt um Fassung und mit den Tränen. Weinend betritt sie die Bühne und braucht ein wenig Zeit, um sich zu sammeln. Die in Darmstadt lebende Kenianerin Evelyn Brenda, die dem Ritual entgangen war, weil ihr Vater dies verhinderte, kümmert sich um sie. Dann aber sprudelt es nur so auch Dirie heraus. Die Genitalverstümmlung sei weder Kultur, Religion noch Tradition, sondern „Folter und Verbrechen“, sagt sie. Ein Verbrechen, dem nach Angaben der Weltgesundheitsorgansiation weltweit täglich 8.000 zum Opfer fallen. Nicht nur die Beschneidung ist für die Mädchen qualvoll, sondern auch beim Toilettengang, wenn sie mit eine Mann schlafen und wenn sie ein Kind zur Welt bringen.Viele sterben an den Folgen.

Das Desert Flower Center unter der Schirmherrschaft Waris Diries will diesen Frauen helfen, etwa durch die Wiederherstellung der Geschlechtsteile. Wie eine Rekonstruktion aussieht, zeigte der Pariser Chirurg Pierre Foldès detailliert in einem Film.

Im Krankenhaus Waldfriede aber will man nicht nur operieren, es soll das erste Zentrum für verstümmelte Frauen sein, in denen man sich ganzheitlich um sie kümmert, in denen man nicht nur die körperlichen Verletzungen der Opfer versucht zu heilen, sondern auch die seelischen. So wie die von Dirie, die sich gefangen hat und sagt, wie froh, sie sei, heute hier zu sein, dass an diesem Abend ein Traum für sie in Erfüllung gehe. Dafür gibt es lauten Beifall vom Publikum, in dem unter anderem Sir Simon Rattle, Dr. Gabriele Halder vom „Stopp FGM“ (FMG = „Female Genital Mutilation“, weibliche Genitalverstümmlung) und Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) sitzen. Darüber hinaus werden im Center Schulungen für medizinisches Personal angeboten. Die Desert Flower Foundation selbst organisiert und betreut regelmäßig Workshops für afrikanische Communities in Deutschland, um über die medizinischen und psychosozialen Möglichkeiten im Krankenhaus Waldfriede zu informieren. Um die Arbeit besser koordinieren zu können, verlegt die Desert Flower Foundation Deutschland ihren Sitz von Hamburg nach Zehlendorf.

Es habe im Vorfeld von Kollegen viele Zweifel darüber gegeben, wie ein solches Center finanziert werden soll, berichtete Bernd Quoß, der Geschäftsführer des Krankenhauses Waldfriede. Doch die Finanzierung sei zweitrangig gewesen, an erster Stelle habe der Wunsch gestanden, zu helfen, sagte er. Gleichzeitig warb Quoß für den neu gegründeten Förderverein Waldfriede, der die Arbeit des Centers unterstützt. „Lasst uns anfangen“, rief er den zahlreichen Gästen zu.

Angefangen wurde übrigens schon. Vergangene Woche wurden die ersten beiden Patientinnen operiert, am Donnerstag finden die nächsten statt.

(go)