Bei Chrissy und Nobert ist jeder Gast herzlich willkommen – sei es zum Essen, zum Trinken oder einfach nur zum Reden. Foto: Bavandi

Seit 1985 führt Norbert seinen tatsächlich namenlosen Ein-Mann-Betrieb in der Fischerhüttenstraße 136. Seither sorgt er mit Getränken und kleinen Speisen für das leibliche Wohl vieler Freizeitaktivisten, Familien und Sportler rund um die beliebten Ausflugsziele Krumme Lanke und Schlachtensee. Seinen vollständigen Namen will er nicht verraten. Ein Mobilfunkgerät, ein Handy, braucht er nicht. Er kennt und schätzt die Atmosphäre im Grünen, beobachtet das (Zeit-) Geschehen und trotzt in seinem Anhänger jeder Wetterlage.

Begonnen hat alles vor dem Mauerfall, geplant war das Unternehmen nicht. „Es war nicht mein Ziel, es hat sich ergeben“, erinnert sich der waschechte Berliner, der aus Lübars im Norden der Stadt stammt. Nicht immer hatte er einen Verkaufsanhänger mit Blick auf die Lanke. Die umliegenden Sitzgelegenheiten auf Baumstämmen kamen erst im Laufe der Jahre hinzu. „Zu D-Mark-Zeiten gab es nur Eis und Flaschengetränke, und verkauft habe ich unter einem Sonnenschirm“, schmunzelt der gelernte „Lebenskünstler“ und Händler.

Die Nachfrage wurde immer größer, es kamen „immer mehr Leute zu mir“, ergänzt der unaufdringliche Wirt. Mittlerweile ist Norberts Bewirtung nicht nur für Familien, Spaziergänger oder Frischluftfanatiker zur Institution geworden. „Es ist auch Sozialstation und Anlaufstelle. Es kommen viele ältere Menschen, die die Stiegen zum See nicht mehr bewältigen“, sagt er, während Christiane Kaffee für einen Stammgast zubereitet. Sie spaziert jeden Tag vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.

Kennengelernt haben die beiden einander vor mehr als 20 Jahren in einer Bar in Tiergarten. „Norbert hat mich dann vor zehn Jahren angeworben“, witzelt Christiane. Schlicht ein unzertrennliches Arbeits- und Freundschaftspaar: Norbert wird von Christiane als „Praktikant“ bezeichnet, er nennt Chrissy scherzhalber „Gefangene“. Norberts tatkräftige Unterstützung hat die Entwicklung der Verpflegungs- und Unterhaltungsstation von Beginn an mitverfolgt und erinnert sich an den Ansturm reichen Beginn zurück: „Sie kamen von allen Seiten“.

Einen Ruhetag kennt Norbert nicht: „Ich komme jeden Tag, solange es geht“. Er trotzt Wind und Wetter und beobachtet die Naturereignisse. Dass Rotkehlchen und Amseln bereits vermehrt im Anflug sind, lässt ihn auf einen baldigen Frühlingsbeginn hoffen.

Selbstverständlich stehen Currywurst, Rostbratwurst und Erbsensuppe bei dem Ur-Berliner auf der Tageskarte. Pommes Frites, warme und kalte Getränke, Eis und eine große Portion Unterhaltung tun ihr übriges, um wieder alle Kräfte zu sammeln.

Hundebus-Fahrer Alex verbringt die Wartezeit zwischen seinen Fuhren am liebsten an Norberts Stand. Besonders auf Norberts Reisegeschichten aus vergangenen Tagen über Sri Lanka, den indischen Ozean oder China will Alex nicht verzichten. „Solche Reisen wird es nicht mehr geben. Es gibt viel Arbeit und leider wenig Zeit und Geld“, stellt Norbert fest. Seine Antwort auf die Frage, ob er denn daran denke, irgendwann in Rente zu gehen, lautet folgendermaßen: „Ungefähr mit 103 Jahren, also kurz vor Beginn der Rente eben“.

Alle sind willkommen, niemand wird ausgegrenzt, aber auch nicht überfrachtet. Das Tagesgeschehen wird diskutiert, politische Entwicklungen werden überdacht und Informationen werden ausgetauscht. Norbert und sein Verkaufsstand sind zur Institution geworden, man kommt eben gerne kurz vorbei.

(MiBa)