Die Mädchen von der Hermann-Hesse-Schule ersangen sich den ersten Platz. Foto: Gogol

„Alkohol ist dein Feind“- so sang die Gesangs-AG der Hermann-Hesse-Schule aus Kreuzberg. Mit dem selbstgeschriebenen Lied „The Enemy“ („Der Feind“) hatten sich die 17 Mädchen an der Aktion „Nüchtern betrachtet – bewusst erlebt 2012“ beteiligt und den Hauptpreis gewonnen.

Am Freitag endete die Aktion im Rathaus Zehlendorf, die dazu animieren will, über den eigenen Alkoholkonsum nachzudenken. Deshalb appellierte Bezirksstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne) an Eltern und Erwachsene, gute Vorbilder für Jugendliche zu sein. Jugendliche lernten heute zu früh zu viel zu trinken. Dabei sei Alkohol „eine der größten Gefahren, ob man sein Leben meistert“, so Markl-Vieto.

Es ginge nicht darum, abstinent zu leben, erklärte Hermann Henke, Leiter der Gesundheit 21 im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, der die Kampagne zusammen mit drei weiteren Berliner Bezirksämtern und zahlreichen Freien Trägern organisierte. Vielmehr ginge es um einen „vorsichtigen Umgang mit dem ‚Gift’“. Motivieren, über das eigene Trinkverhalten nachzudenken, das will „Nüchtern betrachtet“. Dazu lud die Aktion bereits zum sechsten Mal ein.

Zwei Aspekte hat die Kampagne: Der eine ist, einen Monat lang, vom 1. bis 31. März, keinen Alkohol zu trinken. Vor sieben Jahren habe er es selbst das erste Mal ausprobiert, erzählte Henke. Das sei ihm nicht leicht gefallen. Aber er habe damit Aufmerksamkeit in seinem Umfeld erzeugt – das wollte er erreichen.

Der zweite Aspekt ist eine kreative Auseinandersetzung mit dem Thema Alkohol, der einen vorsichtigen Umgang anmahnt. Rund 200 Beiträge sind in diesem Jahr eingegangen, aus der eine Jury die Gewinner ermittelte.

Zwölf kleinere Projekte wurden mit je 70 Euro belohnt, darunter Aktionen wie eine Jugenddisko ohne Alkohol, zu der das Mehrgenerationenhaus „Phoenix“ eingeladen hatte, Bilder, Gedichte und eine Bildergeschichte. Beeindruckend war der Wandteppich, den Azize Karagülle vom Verein „Kümmere Dich“ aus Berlin mitgebracht hatte. „Wolle statt Flasche“ war das Motto, mit dem die Gleichstellungsbeauftragte und Quartiersrätin Mitglieder der Abhängigen-Selbsthilfegruppe animierte, an dem Wandteppich mitzuarbeiten. Manche arbeiteten über Stunden mit, andere hielten nur wenige Sekunden durch, manche kamen nur einmal, andere über Monate, erzählte Karagülle.

„Im Verzicht liegt der Gewinn“: Nicht die negativen Aspekte des Trinkens sondern die positiven des Nüchternbleibens wollte Martina Scheuber mit ihrer Mitmachbox betonen, für die sie den dritten Preis gewann. Seit drei Jahren ist Scheuber bei der Aktion dabei, dieses Jahr zum ersten Mal mit einem eigenen Projekt. Vor drei Jahren habe sie bei einer Auslosung unter den Besuchern gewonnen. Dafür wollte sie mit ihrer Mitmachbox Danke sagen, erzählte sie.

Den zweiten Preis teilten sich Sabine Ziller, Detlef Butschek, Werner Schulz und Peter Granowski aus der Tagesstätte für Suchtkranke Hohenschönhausen. In einer Bildergeschichte erzählten sie die „hochprozentigen Abenteuer des Erwin K.“. Eigentlich haben sie einen Film drehen wollen, doch das wäre zu aufwändig gewesen. Es waren nur vier Wochen Zeit. „Wir konnten das Projekt nur machen, weil wir nüchtern waren“, sagte der trockene Alkoholiker Granowski in seiner Dankesrede.

Die meisten Besucher der Abschlussveranstaltung und Teilnehmer der Aktion kamen aus sozialen Organisationen, arbeiten mit Alkoholikern oder haben selbst Probleme. „Die Allgemeinheit erreichen wir nicht so“, bedauerte Henke.

(go)