Aufregung um Radwegeausbau

Aufregung um Radwegeausbau

 

Die Senatsverwaltung kündigte in dieser Woche an, „künftig andere Maßstäbe an die Straßenaufteilung“ zu setzen. Es gibt neue Kriterien, nach der noch nicht begonnene Radwegeprojekte priorisiert werden. Für Steglitz-Zehlendorf bedeutet das: alles läuft wohl weiter wie bisher.

Helle Aufregung unter Radfahrlobbyisten, Verkehrswende-Aktivisten und allen, die sich für mehr Platz und mehr Sicherheit für Fahrrad-Nutzer einsetzen: Die Lichtenberger Verkehrsstadträtin machte am Donnerstag in der BVV ein Schreiben der Senatorin Manja Schreiner an die Bezirke öffentlich, das unter organisierten Radfahrern Entsetzen auslöste:

Derzeit werde „in Abstimmung mit der Senatorin und der für Mobilität und Verkehr zuständigen Staatssekretärin“ an künftig geltenden Kriterien für die Planung von Radwegeprojekten gearbeitet.

Bis eine Entscheidung dazu vorliege, würden „derzeit keine Stellungnahmen, Prüfungen, Anhörungen/AO“ vorgenommen, „um vorübergehende Aussetzung der Umsetzung von angeordneten Projekten“ werde gebeten, welche:

a)      den Wegfall von einem oder mehr Fahrstreifen zur Folge haben
b)      und/oder den Wegfall von Parkplätzen (der Wegfall eines Stellplatzes reicht schon aus) zur Folge haben
c)      Tempo 30 proaktiv von Amtswegen bzw. bei Anträgen lange Strecken beinhalten (Anträge von z.B. Kitas, Schulen werden weiterhin geprüft und umgesetzt, aber keine Strecken, wo von Amtswegen aus Aktionen erfolgen, auch keine Lückenschlüsse).

Die Verbände sind empört – der ADFC kommentiert, man sei „entsetzt über diesen Rückschritt in verkehrspolitische Zeiten aus dem letzten Jahrhundert. Der ADFC Berlin ist aber auch enttäuscht, dass das Koalitionsversprechen eines neuen Miteinanders schon in den ersten Regierungswochen gebrochen wurde. Da wo Fahrradfahrende anscheinend schon wieder Verkehrsteilnehmende zweiter Klasse werden, wo Parkplätze wichtiger sind als der Schutz von Menschen auf Fahrrädern, wo Fußgänger:innen und Fahrradfahrende gegeneinander ausgespielt werden, scheint gar kein Interesse an einem Miteinander da zu sein. Auf diese Art und Weise wird Vision Zero unerreichbar bleiben.“

„Die Senatorin fordert Menschen in der Verwaltung dazu auf, entgegen Bundesrecht zu handeln und selbst parkenden Autos gegenüber der Verkehrssicherheit von ungeschützten am Verkehr teilnehmende vorzuziehen,“ sagt Ragnhild Soerensen von „Changing Cities“ den Stadtrand-Nachrichten. Das Abwägungsprinzip dieser Belange, also Sicherheit vor Leichtigkeit – mit der klaren Priorisierung der Verkehrssicherheit ist die Hauptaufgabe der Verkehrsverwaltung. Das dürfe diese nun nicht mehr tun. „Wir lassen dies gerade juristisch prüfen.“

Die Verkehrsverwaltung informierte die Öffentlichkeit erst im Laufe des Nachmittags über die Notwendigkeit, „die bestehende Jahresplanung für Rad- und Fußverkehrsmaßnahmen weiterzuentwickeln“ – und zwar nach folgenden Kriterien:

  • Beschlüsse der Unfallkommission zur Erhöhung der Verkehrssicherheit (Schwerpunkt: Sicherheit Kreuzungsbereiche)
  • Vorhaben in Zusammenhang mit der Schulwegsicherheit
  • Vorhaben zur Umsetzung des Sofortprogramms des Senats zur Unterstützung der Bezirke bei der Umsetzung von Fußgängerüberwegen
  • Vorhaben zur Sanierung von bestehenden Rad- und Fußverkehrsanlagen (ohne Veränderung der Querschnittssaufteilung)

Vorhaben

    • ohne Wegfall von Fahrstreifen, Bussonderfahrstreifen oder sonstigen Einschränkungen des ÖPNV
    • ohne erhebliche Beeinträchtigung von Wirtschafts- und Lieferverkehr
    • mit Wegfall einer überschaubaren Anzahl von Parkplätzen (abhängig von den örtlichen Gegebenheiten z.B. nicht mehr als zehn Parkplätze auf 500m)

Zu unserer Frage, welche Projekte im Einzelnen im Bezirk Steglitz-Zehlendorf betroffen sind, wollte die Verkehrsverwaltung „zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Angaben machen“. Der zuständige Stadtrat Urban Aykal (Grüne) antwortete nicht auf unsere Anfrage.

Orientiert man sich jedoch an den genannten Kriterien und wendet sie auf die auf der Internetseite der landeseigenen InfraVelo dokumentierten Radwegeprojekte an, kommt man auf: genau Null.

Alle diese Projekte können weitergeführt werden:

Bismarckstraße
Kopfsteinpflaster wird durch Asphalt ersetzt, kein Wegfall von Parkplätzen

Königsweg
Kopfsteinpflaster wird durch Asphalt ersetzt, kein Wegfall von Parkplätzen

Teltowkanalroute
überwiegend entlang des Teltowkanals durch die Stadtteile Lichterfelde, Lankwitz und Steglitz
kein Wegfall von Parkplätzen und Fahrstreifen, keine Beeinträchtigung von Lieferverkehr

Munsterdamm
Sanierung

Steglitzer Damm
Geschützter Radfahrstreifen, bereits im Bau, daher vom Planungsstopp nicht betroffen

Thorwaldsenstraße
Sanierung

Radschnellweg Königsweg-Kronprinzessinnenweg
Unklar, da die finale Streckenführung noch nicht feststeht. Über weite Strecken werden jedoch keine Parkplätze oder Fahrspuren wegfallen. Auch eine Beeinträchtigung von Lieferverkehr ist nicht zu erwarten, da die Vorzugstrasse durch ein Wohngebiet und dann durch den Grunewald führt.

Lesen Sie auch unseren Kommentar zum Thema.

 


Daniela von Treuenfels

 

 

 

 

 

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