Für ihre Bilder holten sich die Kinder Inspiration aus Büchern. Fotos: Gogol

Noch schnell ein Stückchen Apfel oder Möhre geschnappt – und schon geht es weiter zum Singen, Schauspielen oder Basteln. 33 Mädchen und Jungen proben derzeit in der Patmos-Gemeinde ein Musical über Esther, die Königin von Susa. Nur eine Woche haben die sieben- bis zwölfjährigen Zeit, um die Lieder und Texte zu lernen, aber auch um das Bühnenbild und die Requisiten zu basteln.

Eine schwierige Aufgabe, das weiß auch Birgit Blesse, die musikalische Leiterin des Projektes. Es ist das sechste Musical, das Blesse in der Gemeinde inszeniert. „Man muss Abstriche machen“, sagt sie. Das heißt, einige Passagen des Musicals wurden gestrichen, denn ein Musical von gut 90 Minuten Länge auf die Beine zu stellen, das schaffe man einfach nicht. Aber eine Stunde, das kriegen die Kinder hin. „Es entsteht eine große Energie“, schwärmt Blesse, die auch den Steglitzer Kinderchor leitet. Am Sonnabend bekämen die Kinder ihren Text und bereits am Montag zur ersten Probe können sie ihn. Sie fehlten auch nie – sondern schleppten sich eher noch krank zur Probe, als irgendetwas zu verpassen. Denn es käme ja jeden Tag etwas Neues dazu – die Requisiten etwa, von denen täglich mehr zu sehen ist bis hin zu den Profimusikern, die erst zur Generalprobe dazukommen. Dieses Mal ist die Frauenband „Brass Appeal“ dabei. „Ich habe sie einfach gefragt“, erzählt Blesse, wie es zu dem Kontakt kam. Und die Frauen sagten Ja.

Auch ohne Hilfe von anderer Seite könnte die Gemeinde das Musical nicht auf die Beine stellen. Ehemalige Teilnehmer, die jetzt rausgewachsen sind, unterstützen das Team um Blesse ehrenamtlich, genauso wie Konfirmanden. Aber auch Eltern sind mit im Boot, backen täglich vier Kuchen. Nina Haeberlin näht die ganze Woche über die Kostüme – für jedes Kind eins, manchmal sogar zwei. Originalgetreu seien die natürlich nicht. „Ich glaube, keine Königin von Susa sah so aus“, gesteht sie lächelnd.

Und während in dem einen Raum genäht wird, werden nebenan Armreifen gebastelt und Bilder gedruckt. Die sind für den Basar, der vor dem Musical stattfinden soll. Vor zwei Jahren habe man damit begonnen, erzählt Blesse. Damals wurde von den Einnahmen ein Stück Regenwald gekauft. In diesem Jahr soll das Geld an ein Kinderhilfsprojekt in Syrien gehen. Es ist die Region, in der auch die Geschichte der Esther spielt, die das jüdische Volk einst vor dem Genozid rettete. „Da herrscht noch immer Mord und Totschlag – und das 2.000 Jahre später“, erklärt Blesse, warum das Geld dorthin gehen soll. Man wollte auch nicht einfach Spenden sammeln, sondern die Kinder sollten etwas selbst gestalten, etwas hergeben, woran ihr Herz hänge.

Ein paar Räume weiter werden die Kulissen gemalt. Fabian und Pauline sitzen an einem Löwen für das große Stadttor von Susa. Sie haben aber auch noch Rollen im Stück. Fabian ist Soldat – die proben allerdings nur nachmittags, genauso wie die Bauchtänzerinnen. Pauline ist Erzählerin, hat aber gerade keine Probe. Die hat David. Der zehnjährige spielt Haman, den „Oberbösen“ im Stück. Er spiele gerne die bösen Rollen, sagt David, „da kann man richtig fies sein“, sagt er.

Singen aber müssen alle – schließlich ist es ein Musical. Und so werden am Morgen die Lieder gemeinsam geübt, bevor es nach der Frühstückspause in die einzelnen Gruppen geht. Viele der Kinder kenne sie gar nicht aus ihrer eigenen Arbeit, sagt Blesse. Sie kommen von den umliegenden Schulen oder anderen Gemeinden, um im Musical mitzuspielen. Andere hingegen kennt sie gut, wie Lea, die eine von sechs Solokindern ist. Sie singt im Musical die Erste Dienerin und sonst im Steglitzer Kinderchor.

Immer im Wechsel probt Blesse mit den Kindern in einem Jahr ein weltliches und im anderen Jahr ein biblisches Stück. Bei letzteren sei die Auswahl nicht so groß. Zudem sei Esther eine der wenigen Frauengestalten in der Bibel, die sonst ja häufiger von Männern erzählt. Doch in dieser Geschichte „bewirkt der Mut einer einzelnen Frau und ihr Gottvertrauen viel Positives“.

Das wird dann am Sonntag bei der großen Aufführung zu sehen sein. Die beginnt um 16 Uhr in der Patmos-Gemeinde, Gritznerstraße 18 – 20.

(go)