Jubel bei den Zehlendorfern nach dem großartigen Sieg. Foto: Kerstin Kellner

„Wir dürfen jetzt nicht überheblich werden“, mit diesen Worten versuchte Zehlendorfs dienstältester Spieler Darius Niroumand seine eigene und die Begeisterung seiner Mitspieler über den sensationellen 5:1 Auswärtserfolg beim Malchower SV im rechten Maß zu halten. Aber die Freude hatten sie sich redlich verdient. Dem hohen Zehlendorfer Tempo war der Kontrahent nicht gewachsen, er musste sogar froh sein, nicht vollends unter die Räder geraten zu sein. Auch spielerisch lagen an diesem Nachmittag Welten zwischen den Teams.

Die Qualität einer Mannschaft zeigt sich, wie sie mit Ausfällen umgeht. Die Berliner mussten eine Woche nach dem verpatzten Heimauftritt (2:3 gegen Rathenow) aus verschiedenen Gründen auf die bewährten Stammkräfte Robben, Mentes, Kim, Zoppke und Kindt verzichten, dazu fehlte Neuzugang Zellner. Bei den Gastgebern dagegen herrschte im Vorfeld Unruhe, da ihnen ihr Hauptsponsor kurz vor dem Saisonbeginn abgesprungen war.

Die Gäste, technisch auf hohem Niveau, übernahmen von Beginn an das Kommando und waren spielbestimmend. Die Dreier-Abwehrkette mit Erdal Özdal, Dennis Dombrowe und Timur Yakar wurde nur selten gefordert, im Mittelfeld führte der umsichtige Arber Shuleta Regie, Maximilian Obst zeigte kämpferische Präsenz und vorn wirbelten Niclas Warwel und Melih Hortum.

„Jugendliche Kraft – Spielwitz – Kampfgeist“ waren die entscheidenden Faktoren, die dieses Spiel prägen sollten, das die Zehlendorfer mit sechs Spielern unter 22 Jahren begannen. Die erste Chance ergab sich in der 10. Minute nach einem 20-Meter-Freistoß von Shuleta, den Malchows Schlussmann Paul-Friedrich Kornfeld aus der rechten unteren Ecke „fischen“ konnte. In der Folge konnte sich die Heimmannschaft etwas aus der Umklammerung befreien. Eine Eckballserie überstanden die Herthaner noch unbeschadet, ehe dann die Gastgeber doch noch zuschlugen: Eine Flanke von Alexander Fogel aus vollem Lauf geschlagen konnte der in der Mitte frei stehende Essama Etogo unhaltbar für Joel Samake einköpfen (16.).

Wer aber geglaubt hatte, die Partie würde den für einen Liganeuling typischen Verlauf nehmen  – gut mitgespielt, aber Lehrgeld bezahlt -, wurde schon wenig später eines Besseren belehrt. Eben noch verpasste Evangelos Skarparas mit einem Kopfball das 2:0, da wendete sich auf der Gegenseite das Blatt. Hortum war kurz vor der Strafraumgrenze zu Fall gebracht worden, da verwandelte Shuleta den fälligen Freistoß technisch gekonnt über die Mauer ins rechte Toreck: 1:1 (22.).

Nun übernahmen die Zehlendorfer endgültig das Zepter, Malchows Zuschauer gerieten ins Staunen. In der 27. Minute scheiterte Warwel noch freistehend an Kornfeld, der per Fußabwehr klären konnte, doch eine Minute später war es geschehen: Der starke Hortum hatte nach einer Ecke Doppelpass mit Obst gespielt und umgehend Emre Cakmakci bedient. Der fackelte nicht lange und traf aus rund acht Metern halbhoch zum 1:2 (28.).

Die Zehlendorfer ließen nun aber nicht etwa die Zügel schleifen, sondern zogen noch einmal an. Nach einem abgefangenen Angriff nahm Hortum an der Mittellinie Tempo auf, spielte Doppelpass mit Obst und vollendete schließlich selbst eiskalt aus 16 Metern zum 1:3 (35.). Das quirlige Leichtgewicht scheint diese Saison neben seinen technischen Fähigkeiten nun auch seine Vollstreckerqualitäten zu entdecken. Es ging ein Raunen durch die Reihen der Malchower Zuschauer, wenn er den Ball führte.

In der 37. und 38. Minute gab es für die Berliner noch zwei brenzlige Situationen zu überstehen: An einer flachen Eingabe von Fogel rutschten mehrere Malchower haarscharf vorbei, ein Fernschuss von Nikolas ging übers Gehäuse. Die größte Möglichkeit vor dem Wechsel bot sich Yakar: Aus fünf Metern verzog er knapp.

Wer nach der Pause mit einem Sturmlauf der Gastgeber gerechnet hatte, sah sich getäuscht. Die Berliner hielten ihren Kontrahenten weitestgehend vom eigenen Kasten fern und setzten selbst den einen oder anderen Konter über Warwel und Hortum. Die endgültige Entscheidung fiel dann binnen 60 Sekunden. Zuerst traf erneut Hortum (3. Saisontreffer) aus 14 Metern, halbrechter Position, nach Pass von Warwel zum 1:4 (62.).

Wenig später war die Partie für Malchows Kapitän Georg Schumski beendet: Gelb-Rot wegen Meckerns (63.). Da war auch dem Letzten unter dem Tribünendach klar: Das lassen sich die Berliner nicht mehr nehmen. Den Schlusspunkt setzte schließlich Warwel, der mit einem Solo Malchows gesamte Hintermannschaft stehen ließ und zum 1:5 traf (86.).

Aus einer geschlossenen Mannschaftsleistung ragten dennoch Arber Shuleta, Melih Hortum und Maximilian Obst heraus.

Der Zehlendorfer Erfolg machte Appetit auf mehr. Die nächste Gelegenheit ergibt sich in 14 Tagen, wenn die junge Mannschaft am Siebenendenweg auf das Tabellenschusslicht Brandenburger SC Süd trifft. Vermutlich wird man es dann mit einem deutlich defensiver agierenden Gegner zu tun bekommen, als mit den munter mitspielenden Malchowern.

Aufstellung Hertha 03: Samake – Özdal, Dombrowe, Yakar (46. Sinan) – Ismaili (74. Aagaard), Shuleta, Obst, Niroumand, Cakmakci – Hortum (81. Top), Warwel

Tore: 1:0 (16.) Etogo Essama, 1:1 (22.) Shuleta, 1:2 (27.) Cakmakci, 1:3 (35.) Hortum, 1:4 (61.) Hortum, 1:5 (86.) Warwel

(Oliver Kellner)