Schön anzusehen aber oft nicht erfolgreich: Die Hinrunde war für die "kleine" Hertha ein Wechselbad der Gefühle. Foto: Kerstin Kellner

Turbulent ging die zweite Jahreshälfte für den FC Hertha 03 Zehlendorf zu Ende, und gerade die vergangenen Tage standen sinnbildlich für die gesamte Hinrunde der Zehlendorfer Mannschaft.

Mit der Aufstiegseuphorie im Rücken und vielen Vorschusslorbeeren im Gepäck startete die „kleine“ Hertha ihr Unternehmen Oberliga Nordost nach 14 Jahren Abstinenz. Doch schon die unglückliche Auftaktniederlage gegen Rathenow (2:3) verriet, woran es in der Folgezeit hapern sollte: mangelnde Chancenverwertung und individuelle Aussetzer im Abwehrverhalten. Schwierig für den Trainer, dass es jedes Mal andere Akteure waren, die eine Mitschuld traf. So war es für Timo Szumnarski kein leichtes Unterfangen, diese Missstände zu beseitigen.

Was Hoffnung gab: Die spielerische Stärke war jederzeit erkennbar und wurde, man konnte es schon beinahe nicht mehr hören, vom Gegner in den höchsten Tönen gelobt. Aber für Lob alleine werden nun mal keine Punkte vergeben, und so geriet der Aufstiegstrainer in immer größere Nöte. Nach dem beeindruckenden 5:1-Auswärtserfolg in Malchow, zudem mit zahlreichem Ersatz errungen, schien die Akklimatisierungsphase in der höheren Spielklasse schneller abgeschlossen, als von vielen angenommen.

Was für ein Trugschluss! Niederlage reihte sich an Niederlage, eine unglücklicher als die nächste. „Was wir uns für Tore fangen!“, war der eine Satz, den man immer häufiger zu hören bekam. „Was lassen wir nur an Chancen liegen“, folgte gleich danach. So stand Trainer Szumnarski vor der richtungsweisenden Partie gegen Schöneiche mit seinen Jungs mittlerweile am Tabellenende. Ein deutlicher 4:0 Erfolg ließ aufhorchen, man konnte am Siebenendenweg förmlich die Steine plumpsen hören, als die Bombe platzte: Der Trainer samt seinem Co Guido Spork traten von ihren Ämtern zurück und kamen wohl dennoch nur einer geplanten Entlassung zuvor.

Am Kampfgeist mangelte es den 03ern nicht, aber an der Treffsicherheit. Foto: Kerstin Kellner

Präsident „Kamy“ Niroumand, der bemängelte, dass die Niederlagen immer nach dem gleichen System zustande kamen, präsentierte zwar noch am gleichen Abend mit Bahman Foroutan einen Nachfolger, doch die Situation war für den neuen Coach nicht einfach. Dem einen war er schlicht zu alt, den anderen störten die Trainingsmethoden, und überhaupt war er völlig anders als sein Vorgänger, mit dem die Spieler so viel Positives erlebt hatten. Eine faire Chance sieht anders aus.

Dennoch fand das Team in die Spur. Man präsentierte sich wie „Costa Rica“ und stellte fortan auf eine Fünfer-Abwehrkette um, was zu sichtlicher Stabilisierung der Defensive führte. Doch Erfolge gegen Strausberg, Hürtürkel und Altlüdersdorf müssen nicht zwangsläufig in die Regionalliga führen. Erst recht nicht, wenn schon eine Woche nach Präsident Niroumands „Kampfansage“ ein ungeliebter Kunstrasen sowie „ums Überleben“ kämpfende Greifswalder sich als Stolpersteine erweisen. Sichtlich geknickt bekam Präsident Niroumand für seine Aussagen von der Presse „ein Paar auf die Nase“.

Und dennoch: Wer die Zuschauerzahlen betrachtet, wird bemerken, dass der Schnitt im Vergleich zur Berlin-Liga zwar leicht gestiegen ist, man aber nur von den ersten Spielen profitierte, als die Neugier der Zehlendorfer Fußballfreunde auf die neue Liga noch größer war. Die Regionalliga erfährt da schon eine deutlich andere Aufmerksamkeit. Man denke nur an Live-Übertragungen, Fernsehgelder und steigendes Zuschauerinteresse dank attraktiverer Gegner wie den ehemaligen Europapokalsieger 1. FC Magdeburg oder den FC Carl-Zeiss-Jena.

Die einen meinten, der Zeitpunkt sei von „Kamy“ Niroumand falsch gewählt worden, er jedoch hält dem entgegen, dass er in dieser Phase der Vorrunde noch ein paar Prozentpunkte aus der Mannschaft „herauskitzeln“ wollte, um zu schauen, ob nicht vielleicht doch noch etwas in Richtung vordere Tabellenplätze möglich sei. In der Sache liegt er ohnehin richtig. Auch schon, um den zahlreichen Talenten aus dem Jugendbereich eine sportliche Perspektive zu bieten.

Foto: Kerstin Kellner

Was folgte, war allerdings noch ein gutes Stückchen vom Regionalligaformat entfernt. Nach der so erfreulichen Partie gegen Altlüdersdorf, nach der Niroumands Aussagen fielen, folgten in den restlichen vier Spielen bis zur Winterpause nur noch zwei magere Pünktchen. Zwar trotzte man dem Tabellenführer aus Luckenwalde auswärts einen Punkt ab, und der Siegtreffer des Topfavoriten Schönberg fiel im Ernst-Reuter-Stadion erst wenige Minuten vor dem Ende. Aber Greifswald und Fürstenwalde gehören durchaus in die Kategorie der Mannschaften, mit denen man sich mindestens auf Augenhöhe wähnt.

Zum Abschluss folgte in der vergangenen Woche für Außenstehende überraschend ein weiterer Trainerwechsel: Markus Schatte beerbt Bahman Foroutan zur Rückrunde. Das ärgerliche Aus im Pokal gegen den BSV Hürtürkel beendete dann eine Hinrunde, die reich an Turbulenzen war.

So sind sie in Zehlendorf zurzeit froh, dass die Winterpause ansteht. Diese zu nutzen, um abzuschalten, sich zu sammeln und zur Ruhe zu kommen, sollte erstes Anliegen sein. Denn Unruhe gab es schon das gesamte zweite Halbjahr in ausreichendem Maße.

Und dennoch: Es gibt Faktoren, die für die Zukunft zuversichtlich stimmen sollten:

● Mit Markus Schatte hat man einen Trainer engagiert, der sich durch hervorragende Jugendarbeit in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht hat – für die vielen jungen Spieler im Team ein durchaus erfreulicher Aspekt. Ihm wird durch die lange Winterpause genügend Zeit bleiben, sich einen Eindruck vom Kader zu verschaffen und dem Team seine Philosophie zu vermitteln.

● Die zum Teil lange verletzten Spieler können in den kommenden Wochen ihre Blessuren auskurieren, um nach dem Jahreswechsel neu anzugreifen.

● Die Erfahrung, die das Team in den vergangenen Monaten gesammelt hat, wird ihr in der zweiten Saisonhälfte zugutekommen. Und wie mehrfach an anderer Stelle schon festgehalten: Spielerisch brauchte man sich vor keinem Kontrahenten zu verstecken.

● Das kleine Polster, dass man sich auf die gefährdeten Ränge erspielt hat, wird hoffentlich ausreichen, um sich im Frühjahr von den „kritischen“ Tabellenplätzen fern zu halten und um rechtzeitig für die kommende Saison planen zu können. Denn dann will Präsident Niroumand den nächsten ehrgeizigen Entwicklungsschritt machen.

So haben sie in Zehlendorf eigentlich keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, schließlich liegt ein überaus erfolgreiches Jahr hinter ihnen. Nun gilt es, den Kopf frei zu bekommen und nach vorne zu schauen. Die Perspektiven scheinen nicht die schlechtesten zu sein…

(Oliver Kellner)